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AfD und Linke Die Macht des Populismus

Linke und AfD könnten am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern zusammen knapp 40 Prozent bekommen. Keineswegs nur ein Rechenspiel, denn die so unterschiedlichen Parteien ziehen mehr oder weniger erfolgreich die Populismuskarte – mit erstaunlichen Parallelen. Das Phänomen als Ost-Lappalie abzutun, wäre unter- , die Sorge vor "Weimarer Zuständen" übertrieben.

Von: Jürgen P. Lang

Stand: 02.09.2016 | Archiv |Bildnachweis

Frauke Petry und Sahra Wagenknecht (Archivbilder) | Bild: picture-alliance/dpa

Jahrzehntelang profitierte die Ostpartei Die Linke (wie ihre Vorgängerin PDS) von besonderen Verhältnissen in den neuen Bundesländern. Antiliberalismus, Antiamerikanismus, Antiparlamentarismus – diese Attitüden sitzen in der Teilgesellschaft Ost auch 26 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung tief. Sie bilden den Humus, auf dem einst die Wahlerfolge der Linken keimten. Der Flugsand der Protestwähler hatte der Partei beizeiten 20 Prozent beschert, um sich schnell wieder dorthin zu verflüchtigen, wo er hauptsächlich herkam: ins Lager der Nichtwähler.

Links? Rechts? Populistisch!

Um diese Stimmen der Frustrierten tobt nun der Kampf mit der AfD. Man fischt in demselben Teich antiwestlicher Ressentiments, die ihr Ventil in den Extremen suchen. Die alte Glaubensfrage "rechts oder links?" spielt dabei keine starke Rolle. Putins autoritäre Herrschaft in Russland – eine reale Alternative sowohl für Anhänger der Linken als auch der AfD. Bereits jetzt steht fest: Den weitaus größeren Fang werden die Rechtspopulisten an Land ziehen. Einer Studie des DIW zufolge gelingt es der AfD immer besser, ehemalige Nichtwähler zu gewinnen. Demgegenüber muss sich die Linke im Nordosten wohl mit – immerhin – 15 Prozent begnügen, was nur wenig über den harten, SED-sozialisierten Wählerkern hinausgehen würde.

"Frauke Wagenknecht"

Mit der unerwarteten Konkurrenz von rechtsaußen ist die Linke überfordert. Strategiepapiere werden herumgereicht, während die Partei hilflos zusieht, wie jetzt andere mit ihrem populistischen Rezept punkten, sich als radikale Alternative zu den "Systemparteien" darzustellen. Doch an den Inhalten der AfD möchte sich die Spitze der Linken lieber nicht die Finger verbrennen. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bot jüngst die offenkundig von geringeren Berührungsängsten geplagte Fraktionschefin Sahra Wagenknecht an.

"Ich spreche die Themen an, die die Menschen bewegen, unabhängig davon, was die AfD dazu sagt."

Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin Die Linke

Mit ihren flüchtlingskritischen Äußerungen heimste sie gleichwohl das Lob der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry ein. Dass Wagenknecht damit an linken Tabus rüttelt, verstört zwar die Wahlkämpfer der Partei, findet aber in der (ehemaligen) Wählerschaft wohl nicht nur klammheimlich Zuspruch. Auch dort dürfte die demagogische Rechnung der AfD aufgehen: Das Flüchtlingsproblem werde vom "herrschenden System" gesteuert, um "Deutschland" zu zersetzen.

Wagenknecht schreitet voran in einem Wettlauf mit der AfD, der das Lager der Populisten insgesamt zu stärken scheint. Zusammen schöpfen AfD und Linke das Reservoir der Protestwähler noch gründlicher aus.

Weimar light?

Dass daraus eine Gefahr für die etablierten Parteien erwächst, ist eine Sache. Schwerer wiegt, dass sich weder AfD noch die Linke glaubhaft gegenüber Extremisten von rechts bzw. links abgrenzen. Die AfD beispielsweise bietet - aller gegenteiligen Bekundungen zum Trotz - Angehörigen der rassistischen "Identitären" ein Zuhause. Von Verhältnissen wie in der Weimarer Republik, als die weitaus aggressiveren ideologischen Antipoden NSDAP und KPD eine rückhaltlose Demokratie als gemeinsamem Feind aufs Korn nahmen, ist die stabile und wachsame Bundesrepublik gleichwohl meilenweit entfernt. Aber der demokratische Konsens, auf dem sie steht, nimmt Schaden, wenn Extremisten hoffähig werden.







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Wieland der Schmied, Freitag, 02.September 2016, 14:31 Uhr

30. ebenda

Wir stehen an einer Zeitenwende, die Politik und ihre Akteure drastisch umformen wird. Althergebrachte Denkmuster helfen da nicht weiter. Die etablierten Parteien haben die Karre rücksichtslos in den Dreck gefahren und müssen weg. Hätten sie ihre Aufgaben zum Nutz und Frommen der Menschen, denen sie eigentlich verpflichtet wären, erfüllt, gäbe es weder AfD, noch PEGIDA, Identitäre usw. Nun sind sie da und man kann sie als Nazis, Fremdenhasser usw. difammieren, wenn der Lack an den alten einmal an ist, gibt es für die neuern kein Halten mehr. Man kann sie auch nicht von den Straßen und Plätzen verbannen, wo einer von denen ungestört reden kann, merkst man, dass er recht hat und Politik und Medien Dich nur über den Eimer halten. Das größte Debakel für die Christlichen ist die mit der Vokabel „alternativlos“ alleinherrschende Merkel, mir ihr ist kein Staat meht zu machen(s. Visegrad).

bayer, Freitag, 02.September 2016, 13:33 Uhr

29. Populismus

zwischen den Linken und der AFD oder NPD dreh ich die Hand nicht um.
Der Kommunismus hat mind. 100. Mio Menschen das Leben gekostet und dem Rest das Leben vermiest. Der Nationalsozialismus genauso.
Deswegen kann ich die Medien nicht verstehen, das die Linken hofiert werden. Diese Genossen haben die eigene Bevölkerung schikaniert, eingesperrt, ausspioniert und an der Grenze erschossen. Alles was die gebaut und geschaffen haben ist Schrott und Müll. Wir haben mit unserem Geld alles saniert und aufgebaut. Alle Sehenswürdigkeiten in der DDR oder sonstigen ehemaligen sozialistischen Staaten sind vor dem Kommunismus entstanden. Anstatt im Gefängnis sitzen sie heute in den Parlamenten und Talkshows.
Wagenknecht und Co. haben noch nie was gearbeitet und für das Allgemeinwohl getan. Mit welchem Recht reden die auf? Ich würde die Linken, AFD und NPD verbieten, enteignen und deren Repräsentanten zur Zwangsarbeit verdonnern.

  • Antwort von Zur Info, Freitag, 02.September, 14:12 Uhr anzeigen

  • Antwort von Zur Desinfo, Freitag, 02.September, 14:55 Uhr anzeigen

Populus, das Volk, Freitag, 02.September 2016, 12:52 Uhr

28.

Lächerlicher Versuch Herr Lang, über die Populismus-Schiene zu kommen. Was Populismus ist, haben wir heute von der Koalition in Berlin gesehen und vor allem gehört.

  • Antwort von Realist, Freitag, 02.September, 15:01 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leo Bronstein, Freitag, 02.September, 17:01 Uhr anzeigen

Lutz Schnelle, Freitag, 02.September 2016, 12:09 Uhr

27. Zum Zweiten

Schaut man sich die Wahlplakate an, dann werben die großen Parteien zum Beispiel mit dieser dürftigen Aussage: Mehr Mecklenburg mit mehr XY. Oder: Wir stehen für gute Schulen, gute Bildung, gute Zukunft. Manchmal ist da auch ein Niemand auf dem Wahlplakat abgebildet und der Slogan lautet: Kai Rudolf Timmermann. Andere hoffen auf Wähler mit: Arbeit, Zukunft, Quakenbrück. Oder: Politik mit Augenmaß. Oder: Grün ist die Liebe. Oder: Schulden runter, Zukunft rauf. Oder: Erfolgreich weiter so.
Mit diesen Nichtigkeiten werden alle Straßen und Plätze vollgemüllt und die Hälfte bleibt liegen bis Sankt Nimmerlein. Die Slogans der Altparteien bedeuten gar nichts. Wer sowas wählt, der wählt den Kaperbrief.
Spannend ist auch, daß Linke und AfD nicht im, Rundfunkrat sitzen. Man zieht ja gerne über den her, der gerade nicht da ist, während man sich selber einen Platz an der Sonne z.B. bei Maybritt Illner gesichert hat und hernach mit dem Troß weiterzieht ins Nachbarstudio von Anne Will.

Lutz Schnelle, Freitag, 02.September 2016, 11:38 Uhr

26. Wie seriös ist das denn?

Ich sag''s mal so: der Fall des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender hat gezeigt, daß hinter der Bühne andere Leute die Strippen ziehen. Zwischen der CDU und der SPD kam es wegen des Chefredakteurs zum offenen Schlagabtausch. Das war den Parteien nicht mal peinlich.

Ich glaube nicht, daß die Partei-, Kirchen-, Organisationsmitglieder im Rundfunkrat das Beste für den Bürger wollen. Sie wollen das Beste vom Bürger, sein Geld, um damit ihre Partei-, Kirchen-, Organisationspolitik unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu bewerben.