Bestseller Hitler "Der Hype hätte vielleicht vermieden werden können"
Damit hätten selbst die Herausgeber nicht gerechnet: Ihre kritisch kommentierte Neu-Edition von "Mein Kampf" steht an der Spitze der Bestsellerlisten. "Der Hype hätte vielleicht vermieden werden können", sagt Mitherausgeber Plöckinger gegenüber BR24.
Ungewöhnlich genug, dass die Herausgeber eines Buchs es darauf anlegen, keinen Bestseller zu landen. Noch bemerkenswerter, wenn sie ihr bescheidenes Ziel verfehlen. Christian Hartmann, Othmar Plöckinger und den anderen Neu-Herausgebern von "Mein Kampf" ist das passiert.
"Führer" schlägt Förster
Die Erstausgabe der Propagandaschrift von 1924/25 war ein Spätzünder. Ein bisschen trifft das auch auf die kommentierte Neu-Ausgabe zu. Als sie Anfang Januar erschien, wurde in Deutschland gerade kein Buch so oft gekauft wie Peter Wohllebens "Das geheime Leben der Bäume". Was auch im nächsten Vierteljahr so blieb. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet jetzt, zum 127. Geburtstag des Autors, hat Hitlers Machwerk dann doch Platz 1 der Verkaufscharts erobert. Korrekt formuliert: "Hitler, Mein Kampf - Eine kritische Edition", herausgegeben von einem Historikerteam des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ), wird in der Spiegel-Bestsellerliste 16/2016 als meistverkauftes Sachbuch geführt.
Die Startauflage hatte das Institut bewusst niedrig angesetzt: 4.000 Stück. Dass das nicht reichen würde, war schon am 7. Januar klar, als das Insitut für Zeitgeschichte seine in dreijähriger Arbeit entstandene kritische Edition vor internationalem Publikum präsentierte: Rund 1966 Seiten - fast die Hälfte des Texts erläuternde Anmerkungen - in zwei schlichtgrauen, großformatigen Bänden für 59 Euro. Ein Balanceakt.
Kaum Neonazis unter den Käufern
Schon zur Veröffentlichung warteten 15.000 Vorbestellungen auf Nachdruck. Bei Amazon waren Exemplare für 150 Euro zu haben. Inzwischen liegt die dritte Auflage in den Läden, die Stückzahl liegt bei 40.000 Exemplaren - ein veritabler Bestseller, wenn auch kein Vergleich zur verordneten Zwölfeinhalbmillionenauflage vor 1945.
Dass Hitlers Buch "in die falschen Hände gerät" fürchtet das IfZ nicht. Aus Rückmeldungen des Buchhandels wisse man, dass es in erster Linie von geschichts- und politikinteressierten Lesern gekauft werde. Das Institut habe keinerlei Hinweise darauf, dass Rechtsextremisten ein besonderes Interesse daran hätten - wobei ein Neonazi auch kaum Vergnügen daran haben dürfte, es zu lesen. Mitherausgeber Othmar Plöckinger jedenfalls freut sich über die für wissenschaftliche Arbeiten seltene Breitenwirkung.
"Unser Anliegen, einen Beitrag zur Aufklärung über den Nationalsozialismus zu leisten, scheint sich zu erfüllen. Und sollte die Edition auch einmal in die Hände von Rechtsradikalen gelangen, dann würde mich das freuen, es wäre ein erster Schritt in die Richtige Richtung."
Herausgeber Othmar Plöckinger
Der Es-ist-wieder-da-Effekt
Plöckinger spricht gegenüber BR24 von "einem gewissen Rückstau", der durch das langjährige Nachdruckverbot und den damit erzeugten neuen Mythos um Hitlers Buch entstanden sei. "Dieser Hype hätte vielleicht auch etwas vermieden werden können."
Ihr Hauptziel haben das Institut und seine Historiker jedenfalls erreicht: das Interesse an Hitlers Propaganda-Schwarte zu kanalisieren. Denn zum 31. Dezember 2015 sind die Urheberrechte ausgelaufen, mit denen der Freistaat Bayern als Rechtsnachfolger einen Nachdruck in Deutschland verhindert hatte. Die Justizminister entschieden, dass die unkommentierte Verbreitung von "Mein Kampf" weiter verboten bleibt - bisher hat es noch keine diesbezügliche Anzeige gegeben. Bei kommentierten Ausgaben müsste im Zweifel die Justiz entscheiden.
Doch an diese Mammutaufgabe hat sich bisher noch niemand herangetraut. "Uns ist bislang noch kein einziges Konkurrenzprodukt bekannt", heißt es beim IfZ.
Die Edition des IfZ: Eine Gegenrede zu Hitler
Zwei Bände in Halbleinen. Auf der Hand knappe sechs Kilo, aufgeschlagen 1966 Seiten mit gleich zwei Lesebändchen, eigener Typografie und eigenwilligem Layout: Auf der rechten Seite erscheint Hitlers Originatext, rechts außen Textvarianten aus anderen Ausgaben. Rundherum wird der Autor der Jahre 1924/25 "umzingelt von unseren Anmerkungen", so Christian Hartmann.
Sie sind das Herzstück der Edition, die "Gegenrede" zu Hitler. In gut drei Jahren von August 2012 bis November 2015 haben die Herausgeber zehn Kategorien von Kommentaren entwickelt - von der Prüfung und Korrektur biografischer Angaben über Erklärungen zu Hitlers (oft äußerst mühsam zu eruierenden) Quellen und dem zeitgenössischen Kontext bis hin zur Aufdeckung innerer Widersprüche und der Weiterverfolgung von Hitlers Programmversprechen in die politische Realität nach 1933.
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Ebert, Mittwoch, 20.April 2016, 09:36 Uhr
3. Randbemerkungen
Ich habe ja schon, liebe Leser, in den vorigen Beiträgen geschrieben, dass dieses Buch Bestseller Charakter hat. Auch stimme ich dem Buchhandel zu, dass dieses Buch von normalen Deutschen und auch Ausländern erworben wird.
Die Szene hat, das habe ich auch geschrieben , das Originalwerk längst aus dem Internet heruntergeladen, was ja völlig problemlos ging und geht.
Die Nachdrucke sind jetzt nicht mehr so interessant, wichtig ist die Erstausgabe.
Ebert
Wanda, Dienstag, 19.April 2016, 17:21 Uhr
2. Bestseller Hitler
- zuviel Aufregung um Nichts...
Der aufgeklärte intelligente Leser braucht keine belehrenden Kommentare und der Neonazi liest sowieso das heraus er will bzw. greift direkt zum Original. Also ?
Raymond, Dienstag, 19.April 2016, 15:36 Uhr
1. nur ein Buch
was immer jetzt wieder herumgeistert , dies so scheint es mir ist nur ein Buch ..desswegen muss man weder heute , noch haette man damals keinen Krieg beginnen muessen ....abgesehen davon wuerde ich dieses nicht erwerben wollen , Danke