Merkel zum Wahlausgang Unzufrieden und doch weiter so
Bundeskanzlerin Merkel hat die goldene Politikerregel gebrochen, sich aus dem Ausland nicht zu innenpolitischen Themen zu äußern. Sie sei sehr unzufrieden mit dem Ergebnis, sagte die CDU-Vorsitzende.
Mit dem Abschneiden ihrer Partei zeigte sich die CDU-Vorsitzende nach dem G20-Gipfel im chinesischen Hangzhou unzufrieden. Als Grund nannte sie die Bundespolitik und vor allem die Themen Flüchtlinge und Integration, die landespolitische Themen überlagert hätten.
"Wir müssen jetzt zur Kenntnis nehmen, dass viele Menschen im Augenblick nicht das ausreichende Vertrauen in die Lösungskompetenz für diese Themen haben."
Angela Merkel, CDU-Bundesvorsitzende
Die Bundespolitik habe alles überlagert. Die Konsequenz für die Kanzlerin: man müsse Vertrauen zurückgewinnen.
"Das kann nach meiner festen Vorstellung nur so sein, dass man einfach zeigt, dass wir die Probleme lösen und zwar nicht nur die Probleme im Zusammenhang mit den Flüchtlingen, sondern auch die Probleme, die wir insgesamt haben, was wirtschaftliche Entwicklung anbelangt, was aber auch den sozialen Zusammenhalt unseres Landes anbelangt."
Angela Merkel, CDU-Bundesvorsitzende
Schuldzuweisungen sind an der Tagesordnung
Man müsse nun intensiv daran arbeiten, Vertrauen zurückzugewinnen, so Merkel nachdrücklich. Generalsekretär Tauber bat um Geduld bei der Umsetzung der Flüchtlingspolitik: Es brauche Zeit, bis alle Maßnahmen wirkten. Also keine Kursänderung, Merkel verwies darauf, dass die Regierung bereits einiges geschafft habe: die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sei zurückgegangen. Man habe Integrationsprojekte angeschoben.
Zu wenig, heißt es dazu in der Schwesterpartei CSU. Dort grenzt man sich vom „wir“, das Merkel mehrmals benutzt hat, eindeutig ab, die CSU will einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik.Erneute Forderungen aus der CSU nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen wies Tauber zurück. Kanzleramtsminister Altmaier warb auf dem Volksfest Gillamoos bei der CSU um Unterstützung für Merkel: CDU und CSU seien gemeinsam am erfolgreichsten, sagte er.
Die SPD feiert ihr Ergebnis; Parteichef Gabriel warf der Union erneut zu langes Zögern bei der Integration von Flüchtlingen vor. Linken-Chef Riexinger warf Union und SPD vor, durch das Aufgreifen von Themen der AfD diese erst hoffähig gemacht zu haben. Und Generalsekretär Andreas Scheuer von der CSU sagt, die SPD habe in Fragen der Flüchtlingspolitik mitnichten Kurs gehalten. Im Gegenteil.
"Bis zum Juli 2016 war alles rosig, war alles wunderbar. Wir brauchen keine Begrenzung. Die CSU macht alles, was Forderungen betrifft an Quatsch und dann schwenkt man auf den CSU-Kurs ein und verhindert den Totalcrash."
Andrea Scheuer, CSU-Generalsekretär
Die SPD fühlt sich bestärkt in ihrer Politik
Sigmar Gabriel kann am Tag danach vor Kraft kaum laufen. Dass seine SPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern fünf Prozentpunkte verloren hat, relativiert der Parteichef – mit dem Hinweis, dass die SPD in absoluten Zahlen Stimmen gewonnen hat. Grund genug, sich als Sieger zu präsentieren – und zu erklären: Die SPD habe auch deshalb gewonnen, weil sie in der Flüchtlingspolitik Kurs gehalten habe. Gabriel sagt: Seine Partei habe immer erklärt, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen, müsse man Geld in die Hand nehmen und den Zusammenhalt der gesamten Gesellschaft stärken.
"Und weil Erwin Sellering und Manu Dreyer das genauso sagen und auch tun: deswegen haben sie gewonnen. Und deswegen werden auch wir bei der Bundestagswahl gut abschneiden."
Sigmar Gabriel
AfD kündigt weitere Erfolge an
Wirklich hinzugewonnen hat im Nordosten des Landes nur eine Partei, die AfD. Die ist künftig stärkste Oppositionspartei und sieht sich in ihrem Kurs bestätigt. Von Mecklenburg-Vorpommern, so Meuthen, gehe ein Signal aus nach Berlin, nicht nur für die Abgeordnetenhaus-Wahl in zwei Wochen, sondern auch für die Bundestagswahl im kommenden Jahr.
"Man kann nicht übersehen, dass wir dieses Land als Alternative für Deutschland umkrempeln. Wir sind inzwischen Volkspartei, und wir sind es nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, da ist es ja völlig erkennbar als zweitstärkste Kraft, sondern wir sind es in ganz Deutschland geworden. Und das ist uns binnen Jahresfrist gelungen. Es ist ein ganz, ganz klares Signal. Und ich sage das in voller Überzeugung: Wir wollen langfristig in diesem Land regieren."
Jörg Meuthen
Weil der größte Anteil der AfD-Wähler aus dem Lager der bisherigen Nicht-Wähler kommt, nennt der AfD-Vorsitzende das Ergebnis einen "Sieg der Demokratie".
"Die Wahlbeteiligung ist um über 10 Prozentpunkte gestiegen. Das ist erst mal etwas, was auch unserer Kritiker anerkennen müssen. Die ist von knapp über 50 auf knapp über 60 Prozent gestiegen. Das ist beileibe nicht genug, aber es ein deutlicher Fortschritt. Und man kann sehen, dass wir daran maßgeblichen Anteil hatten, wenn 55.000 bisherige Nicht-Wähler nun AfD gewählt haben."
Jörg Meuthen
Wer die AfD als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl im kommenden Jahr führen soll, lassen die Mitvorsitzende Petry und Meuthen offen.