Müller-Brot-Skandal Der Niedergang einer Großbäckerei
Schaben, Käfer, Mäusekot: Der Hygieneskandal bei Müller-Brot hat Anfang 2012 die Verbraucher erschüttert. Vor dem Landgericht Landshut müssen sich drei ehemalige Manager des Unternehmens verantworten.
Schon im Sommer 2009 rückte erstmals eine Spezialeinheit des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in der Brotfabrik in Neufahrn an und nahm den Betrieb unter die Lupe. Bis Ende 2011 gibt es weitere sechs Überprüfungen und einige Kontrollen von Spezialisten des Landratsamtes Freising. Immer wieder werden gravierende Hygienmängel festgestellt. In der Folge werden Waren zurückgerufen und vernichtet sowie hohe Bußgelder verhängt. Die Öffentlichkeit erfährt davon zunächst nichts.
Der Produktionsstopp
Ende Januar 2012 eine weitere Betriebskontrolle mit dem Ergebnis: Schwere Mängel bei der Grundhygiene. Das Landratsamt Freising vereinbart mit Müller-Brot einen Produktionsstopp. Die Maschinen in Neufahrn stehen erstmals still, ohne dass die Öffentlichkeit ewas davon erfährt. Stattdessen lässt das Unternehmen aufgrund fehlender Ware in zahlreichen Müller-Filialen intern verlauten, es gäbe "Lieferschwierigkeiten wegen eines Schwelbrandes". Doch diese Ausrede hält sich nur knapp 48 Stunden. Die Medien bekommen Wind davon, erste Berichte machen die Runde. Das Landratsamt Freising nennt die wahren Gründe, dann bekennt auch Müller-Brot Farbe. Die Produktion wird eingestellt, um eine komplette Betriebs- und Anlagenreinigung durchzuführen.
Das wahre Ausmaß
Mäusekot, Mehlwürmer, Schaben, Kakerlaken - die ganze Dimension des unappetitlichen Skandals wird im Februar 2012 bekannt. Das Landratsamt teilt mit, dass bei einer Kontrolle in den Betriebsräumen Schädlinge in erheblichem Umfang festgestellt worden waren. Betroffen sind nicht nur die Produktionsanlagen, auch die Warenausgabe, das Lager und Backzutaten. Auch die Inspektionen und Hygienemängel der Vorjahre werden bekannt, ebenso, dass bereits am 10. Mai 2011 die Staatsanwaltschaft Landshut eingeschaltet wurde, die seitdem gegen Müller-Brot vorgeht:
"Es wird wegen des Inverkehrbringens von Lebensmitteln ermittelt, die für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind."
Der zuständige Oberstaatsanwalt
Die Pleite
Müller-Brot lässt den gesamten Boden des Betriebs (54.000 qm) reinigen, die Förderstrecke verändern und stellt Hygienepersonal ein. Erfolglos. Die ersten Großkunden wie Lidl und Aldi Süd gehen von Bord. Am 16. Februar 2012 stellt der Haupteigentümer von Müller-Brot, Klaus Ostendorf, Insolvenzantrag. Gut 1.250 Mitarbeiter und 250 Pächter von Filialen sind davon betroffen. Zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags hatte das Unternehmen seinen Mitarbeitern die Gehälter für die Monate Januar und Februar noch nicht ausgezahlt.
Der Verkauf
Im März 2012 wird der Betrieb nochmals generalgereinigt. Vergeblich. Wiederum finden Lebensmittelkontrolleure Mäusekot und Schaben, die Fabrik in Neufahrn bleibt geschlossen. Dem Insolvenzverwalter bleibt nur mehr der Verkauf. Der bisherige Eigentümer, Klaus Ostendorf, wirft seinen Hut in den Ring, bekommt zunächst den Zuschlag von den Gläubigern, tritt dann aber nach massiven Protesten der Belegschaft von seinem Gebot zurück. Am 07. April 2012 übernehmen die Tochter des Müller-Brot-Gründers, Evi Müller, und der Münchner Bäckermeister Franz Höflinger etwa die Hälfte der bisher 230 Filialen sowie deren mehr als 400 Mitarbeiter. Das Fabrikgelände, auf dem die Produktionsstätte stand, wird verkauft.
Die Justiz
Am 23. Januar 2014 erhebt die Staatsanwaltschaft Landshut Anklage gegen drei frühere Geschäftsführer, unter ihnen der einstige Haupteigentümer von Müller-Brot, Klaus Ostendorf. Außderdem im Fokus: der ehemalige Betriebsleiter, der Produktionsleiter und die Leiterin des Qualitätsmanagements. Der Vorwurf lautet: Insolvenzverschleppung und Betrug in 238 Fällen. Zudem sollen sie größere Mengen Lebensmittel verkauft haben, die nicht zum Verzehr geeignet waren.