Projekt der Staatsregierung Salafismus präventiv bekämpfen
Monatelang hat der Freistaat daran gearbeitet: Heute präsentiert die Staatsregierung ein eigenes Netzwerk gegen Salafismus. Mit Sozialarbeit geht es darum, zu verhindern, dass sich junge Menschen radikalisieren. Umso wichtiger nach den Terroranschlägen von Paris.
Ein Treffen in München: In einem Gebäude wartet Taha Aksoy (Name geändert). So nennt sich der türkischstämmige Mann und Muslim. Er kümmert sich in Bayern um junge Männer, die sich der Terrormiliz IS anschließen wollen oder junge Frauen, die sich plötzlich verhüllen. Ein Job, für den er viel unterwegs ist. Alleine im Oktober ist er dafür 5.000 Kilometer gefahren. Aksoy arbeitet für einen Verein, der sich auf die Arbeit mit religiösen Extremisten spezialisiert hat und der eng mit der Fachstelle Radikalisierung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusammenarbeitet.
Insgesamt werden 25 Fälle betreut, vier davon seien derzeit akut, so Aksoy. Seit einem halben Jahr macht er diese Arbeit in Bayern, davor gab es im Freistaat niemanden, der dauerhaft vor Ort in direktem Kontakt mit den gefährdeten jungen Menschen zusammengearbeitet hat.
"Die Betroffenen schauen sich zum Beispiel im Internet sehr viele Videos von sogenannten Gelehrten an. Diese Videos sind eigentlich negativen Inhaltes. Aber wir schauen uns trotzdem gemeinsam mit diesen Personen die Videos an, um in Gemeinschaft über diese Inhalte zu diskutieren. Das ist mein Weg, sie auf meine Seite zu holen, indem ich ihnen darstellen kann, was böse und was schlecht ist."
Taha Aksoy
Geld vom Freistaat
Noch wird Aksoys Stelle aus Spenden finanziert. Möglich ist eine Zusammenarbeit von seinem Verein mit dem Freistaat. Wenn es zu einer Ausschreibung kommt, sind mögliche Kandidaten das sogenannte Violence-Prevention-Network oder Hayat - alles Vereine, die sich auf die Betreuung von gefährdeten Jugendlichen und deren Familien spezialisiert haben.
Der Freistaat will ein Netzwerk gegen Salafismus knüpfen, das unter anderem Innenminister Joachim Herrmann heute vorstellt. Besonders wichtig sei die Zusammenarbeit der Schulen. Manche seien noch im Schulalter, so Herrmann. Da sei es wichtig, dass die Jugendarbeit und die großen Jugendorganisationen entsprechend tätig seien, dass "wir in der Präventionsarbeit mit einer Vielzahl von Organisationen zusammenarbeiten".
Kompetenzzentrum gegen Salafismus
Auch das Landeskriminalamt ist aktiv. Es hat ein Kompetenzzentrum gegen Salafismus aufgebaut, jährlich finanziert mit 400.000 Euro aus dem Polizeihaushalt. Geplant ist außerdem die Zusammenarbeit mit einem Träger, der Kontakt zu gefährdeten Jugendlichen hat. Am Netzwerk beteiligt sind Kultus-, Innen-, Sozial- und Justizministerium. So spricht Sozialministerin Emilia Müller laut BR-Informationen über eine Kooperation mit dem Berliner Verein ufuq. Der setzt noch früher an, will verhindern, dass sich junge Menschen überhaupt radikalisieren. Zwei Mitarbeiter sollen in Schulen mit Jugendlichen ins Gespräch kommen, heißt es im Sozialministerium.
"Das können muslimische Jugendliche sein. Das können aber auch Jugendliche sein ohne muslimischen Hintergrund, für die vielleicht Religion gar keine Rolle spielt, aber bei denen es um die Frage geht: Was ist meine Identität? Was ist mein Platz in dieser Gesellschaft. Also ganz normale Dinge aus der Jugendkultur, wo wir Jugendlichen Antworten geben wollen, damit sie nicht Antworten kriegen von Gruppen, die vielleicht sehr radikal sein können."
Christiane Nischler-Leibl, Bayerisches Sozialministerium
Justizminister Winfried Bausback setzt an einer anderen Stelle an: die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten. Denn immer wieder radikalisieren sich junge Menschen auch im Gefängnis.