NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 16. Verhandlungstag, 26.06.2013

Auch am 16. Verhandlungstag geht es um die Aufarbeitung des verheerenden Brandes, den Beate Zschäpe nach der mutmaßlichen Selbsttötung von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November 2011 in der Zwickauer Wohnung des Trios in der Frühlingsstraße 26 gelegt haben soll. Ein ehemaliger Hausmeister spekuliert als Zeuge, dass sich im Keller dieses Hauses ein Waffenlager befunden haben könnte.

Von: Rolf Clement, Matthias Reiche

Stand: 26.06.2013 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Außerdem sagt ein Handwerker aus, der sich während des Brandes in unmittelbarer Nachbarschaft befand.

Zeugen:

  • Volkmar E. (Hausverwaltung)
  • Heiko P. (Handwerker

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

Zeuge Volkmar E., 61, Hausverwaltung.
Kurze Einführung, dann Befragung durch den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl.
Seine Firma hat die Hausverwaltung zum 1. September 2011 übernommen. Es gab einen Mieter mit Namen M. Dienelt. Die Wohnungen darüber und darunter waren leer. Das Haus war im Juni 2011 an die neue Eigentümergesellschaft gegangen (Geschäftsführer und Besitzer war ein in Aue lebender Vietnamese). Der frühere Hausverwalter war ein Herr F., der auch den Mietvertrag seinerzeit abgeschlossen hatte. Er gab dem neuen Hausverwalter mit auf den Weg, dass die Bewohner zuweilen etwas "komisch" seien.

Anfang September 2011 hatte Dienelt angezeigt, dass es in der Küche einen Mängel am Fußboden gegeben habe. E. hat sich das dann angesehen und gesagt, dass das nicht dramatisch wäre. Hat dann mit "Herrn Dienelt" vereinbart, den Fußboden zu reparieren. Zum vereinbarten Termin hatte "Herr Dienelt" keine Zeit, weil er unterwegs sei, und auf seine Bekannte verwiesen. Bei der Reparatur war dann offenbar Beate Zschäpe anwesend, mit der er aber nicht weiter geredet habe. "Bei uns ist es eigentlich üblich, dass wenn man einen Mietvertag abschließt, dass dann eine Ausweiskopie da ist. Aber sowas war alles nicht vorhanden."

"Lisa Dienelt" bzw. "Lisa Pohl" (Aliasnamen von Zschäpe) überwies zumeist überpünktlich die Miete (740 Euro). E. hat bei keinem der beiden Termine Auffälligkeiten bemerkt (hat allerdings nur Flur und Küche gesehen).

Erster Termin: Es wurde nicht viel gesprochen, E. war auch nicht auf das Gesicht des Herrn programmiert. Kleine Absenkung bei Fliesenfugen, vielleicht 5 Millimeter, nichts Dramatisches, habe Anruf nicht gerechtfertigt. Machen wir bei Baumaßnahme in der unteren Wohnung. Hat sich keiner vorgestellt. Wiedererkennen würde ich ihn nicht, war rund 1,85 Meter groß, sportliche Figur, kurzgeschnittene Haare, keine Erinnerung an Kleidung und Besonderheiten. Vom Bild hatte man den Eindruck, dass die beiden Toten stark abstehende Ohren hatten. Das wäre mir wohl aufgefallen. Es ist nur klar, dass es wohl nicht Herr Dienelt war. Habe Polizei gefragt, ob es Herrn Dienelt gibt. Ja, Kraftfahrer, nicht in Zwickau.

Zweites Gespräch: Wurde über die Handynummer vereinbart, 0160er-Nummer, mehr weiß ich nicht. Ich habe ihm den Stand der Dinge erklärt, das ist es dann gewesen, wir waren keine zehn Minuten in der Wohnung. Da war Frau Zschäpe zugegen. Hat sich normal verhalten, da sind nicht viele Worte gefallen. Sie hat uns Zugang gewährt, wir haben es angeschaut. Aus unserer Sicht kann es so gewesen sein, dass es eine Bekannte, vielleicht aus der Nachbarschaft, war, die uns reingelassen hat. Für uns war es die Vertraute des Mieters, die uns Zugang gewährt hat. Es gab keinen Grund für sie, eine Meinung zu äußern. War eigentlich alles klar. Keine Besonderheiten beim Verhalten. Von den Dingen, die in der Presse eine Rolle spielten, Überwachungstechnik und so, gab es keine Hinweise. Zustand war ordentlich, Flur und Küche gesehen.

Danach keinen Kontakt mehr zu den Mietern der Wohnung, auch nicht im Treppenhaus.

Berichtet über Baumaßnahmen bis zum 4. November 2011: Detailliert kann ich das nicht mehr sagen. Herr P. sollte Wohnung in vermietbaren Zustand versetzen. Nennt zwei weitere Firmen, die drin waren - die haben sich untereinander abgesprochen. Keine Übersicht, wie oft und wann die drin waren. Das ging sehr früh los, im August schon erste Besichtigung. Keller wurde geräumt von einem Herrn B. aus Schneeberg im Auftrag des Eigentümers.

Vernehmung von E.: Beim Gespräch vor der Kellertür sei Zschäpe ganz aufgeregt und heftig gewesen. "Im Keller könnte das Waffenlager gewesen sein - ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn wir das geöffnet hätten und sie dann dazugekommen wäre."

Aus der früheren Nutzung als griechisches Restaurant war da noch Zeug, zum Beispiel Frittenfett. Für P. gab es keine Zeitvorgaben. Ernsthafte Interessenten hatten sich nicht gefunden. Wenn, wäre in einigen Wochen mit Druck die Renovierung abgeschlossen. Mindestens die Hälfte der Arbeitstage seien die Handwerker im Haus gewesen. Keller: Es gab einen mit einer Blechtüre verschlossenen Raum, dessen Zuordnung unbekannt war. Dass der zur Dienelt-Wohnung gehörte, war keinem klar. P. sollte mit Gemüsefahrer B. (hatte Lkw) die Tür aufbohren, Schlüssel hatte er nicht. Da drehten die beiden ab.

Götzl fragt zum Anwesen Frühlingsstraße 26 und speziell zu den Ereignissen vom 4. November 2011 nach.

Zeuge Heiko P., Handwerker.
"Am 4. November hatten wir die eine Wohnung fertig. Und da habe ich noch gesagt: das ganze Werkzeug und alles in die andere Wohnung rein. Und dann habe ich beim Kollegen Druck gemacht, weil wir beim Bäcker Kaffee bestellt haben. Ich glaube, das war so gegen 14.30 Uhr. Und einen Klempner hatte ich noch angerufen wegen der Heizung. Und dann bin ich vom Bäcker wieder zum Wohnhaus gelaufen. Und dann habe ich den Wagen mitgenommen, um beim Bäcker auf den Klempner zu warten. Und dann war da der Vorfall, und ich bin hingerannt. Und ich dachte nur: Wir waren es nicht gewesen, sonst wäre der ganze Dachstuhl weg gewesen."

Wiederaufbau ist am Willen der Stadt Zwickau gescheitert: Oberbürgermeisterin hatte Angst, dass Frühlingsstraße 26 Kultstätte für Neonazis werden könnte. Eigentümer bekam Geld von der Stadt, Kosten blieben an den Handwerkern hängen. Gebäudeversicherung hat Kosten von Feuerwehr und Statikern übernommen. Versicherung hat für Sicherung und Entsorgung rund 70.000 Euro gezahlt.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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