NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter Der 37. Verhandlungstag

Niemand kann sich in die Lage der Opfer-Familien hinein versetzen. Besonders schlimm muss die Verwandten das Verhalten des Angeklagten Andre E. treffen.

Von: Tim Aßmann

Stand: 23.09.2013 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

23 September

Montag, 23. September 2013

Für Beobachter ist es sicher völlig unmöglich sich in die Lage der Opfer-Familien hinein zu versetzen, wenn sie im Saal A 101 des Münchner Strafjustizzentrums den Menschen begegnen die sie für die Morde an ihren Angehörigen mitverantwortlich machen und die der Verhandlung teils mit so stoischem Desinteresse folgen als ginge sie das Ganze überhaupt nichts an. Zu einer traurigen Perfektion hat dieses Verhalten der Angeklagte André E. gebracht. Ihm wirft die Bundesanwaltschaft vor den NSU zum Beispiel durch die Anmietung von Tatfahrzeugen unterstützt zu haben. E. ist auf freiem Fuss. Dass er in Verhandlungspausen grinsend das Gericht verlässt, stellt für die Opfer-Angehörigen eine Provokation dar. Dem Bruder des Hamburger Mordopfers Süleyman Tasköprü platzte heute der Kragen. Als André E. an ihm vorüber ging, verlor der Opfer-Angehörige die Nerven, drohte dem Angeklagten Schläge an und beschimpfte ihn. So falsch dieser Ausbruch wohl war, so verständlich ist er auch.

Stille im Gerichtssaal

Ali Tasköprü, der Vater von Süleyman sagte nun mit Hilfe eines Dolmetschers im Prozess aus und während der 67-Jährige sprach war es völlig still im Gerichtssaal. Der Mann berichtete wie er seinen Sohn sterbend im Gemüseladen der Familie fand, getroffen von drei Schüssen in den Kopf. "Er lag sterbend in meinen Armen" sagte Ali Tasköprü um Fassung ringend. Er schilderte auch dass er zwei bis drei deutsch aussehende Männer zuvor aus dem Laden kommen sah. Bis heute kann Ali Tasköprü nicht verstehen, dass die Hamburger Ermittler diesen Hinweis damals nicht ernster nahmen. Er berichtete dem Gericht auch vom jahrelangen Martyrium seiner Familie nicht zu wissen wer die Täter waren. Mittlerweile sind sich die Behörden sicher: Geschossen haben damals im Juni 2001 Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. "Sie haben mir mein Herz abgerissen" sagte Ali Tasköprü nun im Zeugenstand. Beate Zschäpe schaute währenddessen in ihren Laptop.


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