NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 49. Verhandlungstag, 23.10.2013

Erstmals geht es um den Mord an Mehmet Turgut 2004 in Rostock. Bis Dezember 2011 wurde der Name des Ermordeten wegen einer Verwechslung mit seinem Bruder als Yunus Turgut veröffentlicht.

Von: Ina Krauß und Holger Schmidt

Stand: 23.10.2013 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Diese Verwechslung spiegelt sich auch in den Ermittlungsakten wider, die dem Gericht zur Verfügung standen - und daher auch in unseren Gerichtsprotokollen. Im Folgenden ist mit Yunus Turgut gemeint: Mehmet Turgut. Und umgekehrt.

Zeugen:
Andreas M. (Kriminalbeamter, Rostock)
Bernd S. (Kriminalbeamter, Rostock, )
Andreas S. (Kriminalbeamter, Rostock)
Ronald P. (Kriminalbeamter, Rostock)
Haydar A. (ehemaliger Imbissbesitzer, Rostock)
Frank K. (Rentner, Imbissgast, Rostock)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Ina Krauß, BR)
9.50 Uhr.
Mustafa Turgut und Mehmet Turgut, die Brüder von Yunus Turgut, sind anwesend.

Zeuge Andreas M., 52, Kriminaloberkommissar (KOK), Rostock, war am Tatort des Mordes.
Bin in Rostock für Abarbeitung der Tatorte verantwortlich, so auch für diesen, an diesem 25. 2. wurde ich beauftragt, den Tatort zu bearbeiten. Erste Info, dass Herr Haydar A. den Geschädigten auf Fußboden gefunden, ihn vor die Tür geholt und mit ihm gewartet hat. A. sagte, es ist Yunus Turgut, keine Papiere. Im Rettungswagen verstorben, wurde in Rechtsmedizin gebracht. Haben uns um Tatort, den Container, gekümmert. Machte Eindruck, dass der Container gerade geöffnet wurde, es machte Eindruck, er wollte den Laden gerade aufmachen. Müllbeutel neu, Kaffeemaschine neu angesetzt, alles Auffindungen, dass er den Laden gerade aufmachen wollte. Haben uns entschieden, dass Waffe zum Einsatz gekommen sein muss, Hülse unter Kühlschrank gefunden. Haben alle beweglichen Teile aus Container rausgekommen, um Einschüsse zu finden. Erst in Blutlache Einschüsse gefunden, zwei Projektile im Boden, ein Projektil, kann sein dass A. bei Rettung beiseite geschoben hat, weiß ich nicht. Ein Projektil im Kopf gesteckt. Am ersten Tag um bewegliche Teile gekümmert, am zweiten Tag entschlossen, es leer zu räumen.

Ich als Einheimischer war noch nie an diesem Ort, der ist so was von abgelegen. Nur wer da wohnt, kommt da vorbei. Straßenbahn fährt an großer Straße vorbei. Hölderlinweg, wo Container ist, ist eine Sackgasse, mündet in Radweg. Wird nur von Anwohnern genutzt. Das sind auch Überlegungen, die wir angestellt haben: Was sucht jemand hier? Wir hatten keine Erklärung dafür.
Bilder vom Tatort: Container mit rund 2,5 Meter, davor Wellblech-Dach, Tür offen, davor Blutlache, zustande gekommen durch Rettungsmaßnahme.
Gewalt wurde bei Türöffnung nicht angewendet, ließ sich problemlos abschließen.
"Menschen, die hier reingegangen sind, die wollten nicht rauben oder so, sondern nur töten.“
Blick in Container: links frisches Gemüse, leere Kasse, Opfer hatte Geld in Hose und war in einer Plastiktüte, sonst hat man Blutspritzer weit verteilt von Auseinandersetzung, hier nichts, untypisch.
Blutlache, schwarze kleine Tasche von Herrn A. daneben.
Projektile, Einschüsse: drei Einschüsse im Boden, ein Projektil bis zum Holzboden durch, liegen eng beieinander. Ein Projektil nicht eingedrungen, wurde im Pressholz gestaucht.
Sie haben ihn überwältigt, fixiert und getötet.

(Zschäpe sitzt mit verschränkten Händen, Kopf in Hände gestützt und blickt auf den Tisch, Laptop geschlossen.)

Im Container war ein Grill an, Döner ist angebrannt.
Keine Auffälligkeiten, keine Spuren im Container, nichts verrutscht. Nur der Mülleimer liegt auf dem Boden.
Von Tür des Containers kann man weit sehen, wer kommt, dahinter Plattenbauten und Einfamilienhäuser, von denen man aber eingeschränkte Sicht auf Container hat.
In dem Moment, an dem ich am Tatort war, konnte ich Leichnam nicht ausziehen, Angst, Spuren zu vernichten. Waren stark mit Blut durchtränkt.

RA Max Behnke (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen von Turgut): Es kam nur aufs Töten an?
M: Es geht bei Morden meistens eine tätliche Auseinandersetzung voraus, Täter hätten auch durch Scheibe schießen können, so etwas hatte ich noch nicht. Aus meiner Erfahrung: Die Täter sind rein, haben das Opfer zu Boden gebracht und getötet.
Nebenklage: Stehende Patronenhülse ungewöhnlich, gab es Erklärungsversuch? Rettungskräfte oder kann sie irgendwie zum Stehen kommen trotz Verformung?
M: Kann sein, dass sie durch Zufall unter die Tür gerutscht ist, entweder Zufall oder jemand hat sie da hingestellt. War später nicht mehr dabei bei Ermittlungen.
Nebenklage: Warum erst zwei, drei Wochen später der Bericht geschrieben?
M: Das Protokoll schreibt man eher später, Notizen werden gleich gemacht.
RA Dieter Kolloge (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen von Turgut): Welches Munitionsteil, Hülsen und Geschossteil - wie identifiziert man die Waffe?
M: Muss Teil des BKA-Gutachtens sein.
K: Wie lange am Tatort?
M: Weiß nicht genau, mehrere Stunden.
K: Gehen da viele Kunden vorbei?
M: Der Weg wird benutzt von Wohngebiet Dierkow zu Straßenbahn, zu dem Zeitpunkt ein paar Kinder vorbei, aber nicht viel Publikumsverkehr, als ich da war, früh und abends sicher viele Leute.
K: Was ist Dienstleistungszentrum?
M: Post, Schlecker und anderes drin.

Pause bis 10.40 Uhr.

(Holger Schmidt, SWR)
10.20 Uhr.
Zeuge Bernd S., 57, Kriminalhauptkommissar (KHK), Ermittlungsleiter Rostock .
Tatzeit zwischen 10.10 Uhr und 10.20 Uhr eingrenzbar aufgrund der "sehr verlässlichen Angaben" des Zeugen K.
Wir haben natürlich, weil das Motiv von Anfang an nicht klar war, Ermittlungen im Umfeld des Opfers unternommen, Familie A., Familie Turgut. Damals hatten wir Hinweise, dass sich möglicherweise Geschichten aus dem Bereich Organisierte Kriminalität herleiten lassen könnten. Demzufolge haben wir dann auch Ermittlungen in Richtung der Familien A. und Turgut ergriffen. Zuarbeiten Landeskriminalamt (LKA) und Bundeskriminalamt (BKA). Hinweise Geldwäsche-Verdachtsanzeigen, dass innerhalb der Familie Hinweise auf mögliche Rauschgiftdelikte vorlagen. Ich sag mal so, die Indikatoren, dass das Motiv in diese Richtung liegen könnte, waren überwiegend.
Richter Manfred Götzl:
Maßnahmen zur Telekommunikations-Überwachung?
S: Ja.
G: Selbst mit Angehörigen Kontakt gehabt?
S: Nein.
RA Kolloge: Hinweise auf Schalldämpfer?
S: Wir sind davon ausgegangen, weil niemand etwas gehört hat.
RA Hardy Langer (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen von Turgut): Motivsuche: Wer war beteiligt?
S: 4 Fachkollegen.
L: Vorschlag Pressemitteilung in türkischen Zeitungen mit der Formulierung: "Ein ausländerfeindlicher Anschlag wird derzeit ausgeschlossen." Wie kamen Sie dazu?
S: Staatsanwaltschaft, Fachdienststellen, LKA, Staatsschutz, Bundesamt für Verfassungsschutz - äh, Entschuldigung - Landesamt, und es gab keine Hinweise, dass ein ausländerfeindlicher Hintergrund vorliegen könnte.
RA Adnan-Menderes Erdal (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Wann wurden Ermittlungen gegen Familie abgeschlossen?
S: Keine Kenntnisse.

(Holger Schmidt, SWR)
11.30 Uhr.
Zeuge Andreas S., 48, Kriminalpolizeiinspektion Rostock.
Ermittlungen zur Person des Herrn Turgut, auch in der Türkei.
A. sagte, Opfer habe bei ihm gewohnt und gearbeitet, er kenne ihn aus der Heimat. Es sei "Yunus Turgut". Fingerabdrücke abgeglichen, Person 1994 erkennungsdienstlich behandelt in Hamburg, "Yunus Turgut". Leiche freigegeben. Eine Woche später teilte Familie mit, Mehmet Turgut 1977 geboren. Bruder sei 1979 geboren und halte sich illegal in Deutschland, in München auf.
A. war bei der Beerdigung und erfuhr dort, dass nicht Yunus, sondern Mehmet getötet wurde. Yunus wurde festgenommen und es stellte sich heraus, dass die beiden die Identität getauscht haben.
Ich war mit dem BKA in Ankara, habe ihn sprechen können, lebender Bruder ist in der Türkei als Mehmet Turgut 1977 erfasst, ist aber Yunus, 1979 geboren.

Richter Götzl: Warum nicht korrigiert?
S: Wir haben auch mit den Beamten in der deutschen Botschaft gesprochen und es hat sich herausgestellt, dass den Personalien nicht der Stellenwert beigemessen wird wie bei uns.
G: Yunus 03.01.1979, Mehmet 02.05.1977.
RA Nicole Schneiders (Verteidigerin des Angeklagten Ralf Wohlleben): Kooperationsbereitschaft des Bruders in der Türkei?
Zeuge S: Er war ja ausgewiesen und hatte Einreiseverbot. Zurückholung nach Deutschland angeboten für den Fall der Kooperation mit dem BKA. Hat das abgelehnt. Wollte eigene Ermittler engagieren, evtl. in Holland.
RA Schneiders: Wie bezahlen?
Zeuge S: Er sprach davon, dass er Drogen verkaufen wollte, um das zu bezahlen.

(Holger Schmidt, SWR)
11.45 Uhr.
Zeuge Ronald P., 49, Kriminalpolizeiinspektion Rostock, ermittelte zur Person Turguts.
„Rundumermittlungen im Nahbereich"
Yunus Turgut hatte mehrfach Asylanträge gestellt, negativ beschieden, festgenommen, Abschiebehaft, gegen Abschiebung geklagt, nach Ablauf Abschiebehaft nach Entlassung 2003. Auflage bekommen, beim Ausländeramt zu melden, danach verliert sich die Spur des Yunus Turgut.
Pkw-Abklärungen um den Container, Gäste vernommen und übereinstimmend, "Hassan" sei dort seit 2 bis 3 Wochen tätig gewesen.
RA Behnke: Erklärung: "Ich möchte mich förmlich davor verwahren, dass Ermittlungsverfahren gegen das Opfer Eingang in das Verfahren finden."
Richter Götzl: Woran knüpfen Sie an? Es wird immer wieder nach Aufenthaltsstatus gefragt werden, nach Drogenverkäufen, das ist das falsche Gelände.
B: "Ich möchte den Vorsitzenden bitten, die Verteidigung in die Schranken zu weisen, wenn es darum geht, die Person des Opfers herabzuwürdigen.“
RA Schneiders: Wenn Fragen zu beanstanden sind, können sie das gerne tun. Die Frage ist nicht beanstandet worden.
B: Habe den Zeugen getroffen, der um 13.30 Uhr geladen ist, er hat mich gebeten, den Zug um 15.30 Uhr zu erreichen.

(Holger Schmidt, Ina Krauß)
14.15 Uhr.
Zeuge Haydar A., 45, deutscher Staatsangehöriger, Lübeck, Besitzer des Imbisses, in dem Turgut ermordet wurde.
A: Die Zwiebeln waren zu Ende. Damals spielte Bayern München gegen Real Madrid. Mein Neffe sagte, lass uns das Spiel anschauen. Es ist spät geworden. Mein Neffe sagte, schlaf doch hier. Am Morgen stand ich auf, hatte mich verspätet, hatte die Sachen gekauft und fuhr schnell dort hin. Wollte um 10.00 Uhr aufmachen. Es war eine Schlange, Stau Storkower Höhe. Ich hatte mich um 15 Minuten verspätet. Ich sah: Die Tür war zu, aber der Deckel war oben. Ich rief: Hilf mir, damit wir die Sachen runterladen. 3, 4 Mal habe ich gerufen, aber es kam keine Antwort. Habe gedacht, er trinkt Kaffee und hört mich nicht. Machte die Tür auf und da kam Blut. Er lag auf dem Boden und machte (Geräusch von Röcheln). Ich habe gefragt, was ist Dir passiert? Es kam keine Antwort. Ich habe seinen Hals mit der Hand gedrückt und um Hilfe gerufen. Ein deutscher Mann ist gekommen. Ich habe ihm mein Handy hingeworfen und er hat angerufen. Es kamen Krankenwagen und Polizei. Sie haben mich auch mitgenommen und mir eine Spritze verabreicht. Ich habe gefragt, was ist passiert? Sie haben miteinander geredet und haben von Schüssen gesprochen. Sie haben mir eine Spritze gegeben und nahmen mich mit zur Polizei. Ich weiß nicht mehr, was ich da gesagt habe.
Was ich erlitten habe, weiß nur ich. Das Geschäft ist weg. Es hieß immer: Du weißt Bescheid! Es kam ein Mann aus Nürnberg, der hat mich 13 Stunden lang befragt. Du musst eine große Sache gemacht haben, du musst etwas verkauft haben.
Ich hatte damals Antrag auf Familienzusammenführung gestellt. Das Visum war erteilt, meine Kinder wollten herkommen.
Er ist gekommen, um dich zu töten, du weißt Bescheid, du willst das Problem lösen.
Richter Götzl: Gab es von Ihrer Seite die Überlegung, dass Sie der Grund waren?
A: Habe nichts getan. Ich war mir im Hinblick auf mich selber sicher. Aber ich konnte es nicht beweisen.
G: Folgen Familie Turgut?
A: Bin zur Familie gefahren, kam 1987 mit seinem Vater nach Deutschland. Er kannte mich sehr gut, war bei der Beerdigung, niemand hat mir was gesagt.
G: Hat man Sie gemieden?
A: Natürlich, alle kannten mich.
G: Was hat die Tat für die Familie bedeutet?
A: Viel gelitten, viel geweint. Ich glaube, als ich dieses Leiden gesehen habe, habe ich überlegt, lieber wäre ich gestorben. Immer wenn es klingelt, heißt es bei uns "die Polizei ist da".
G: Geschäft aufgegeben.
A: Ja. Ich werde nie wieder da hinfahren zu der Stelle.
RA Behnke: Wie geht es Ihnen heute?
A: Heute erlebe ich das nochmal.

B: Angst um die Kinder, was bedeutet das? Persönlich angesprochen?
A: Nein.
RA Kolloge: Geschäft schon lange betrieben? Wie war die Kundschaft?
A: Aus dem Stadtviertel, es gab sowohl Stammkunden als auch Fremde, die Post ist dort, die kamen von dort auch.
RA Kolloge: Wie war das Geschäft frequentiert?
A: Normal.

Lichtbildaufnahme: Stadtplan. Nur der Hölderlinweg führt auf den Parkplatz, sonst führt kein Weg dorthin. Nur zu Fuß kann man sonst da hin.

Nebenklage-Anwalt: Waren an dem Imbiss die Öffnungszeiten angebracht?
A: Nein.
Nebenklage-Anwalt: Haben Sie Imbiss normal allein betrieben?
A: Allein. Der Raum war so eng, dass nur eine Person herumlaufen konnte, zwei Personen konnten da nicht arbeiten. Man konnte sich nicht bewegen. Manchmal kam ein Gast.
A: Er war drei Wochen nur als Gast, und sie stellen immer nur die gleiche Frage (auf die Frage, wie lange Herr Turgut ihm geholfen hat.)
Nebenklage-Anwalt: Schmierereien am Imbiss?
A: Es wurde immer geschmiert, die Kinder nehmen Spray an die Hand und haben geschmiert, nicht nur mein Imbiss, überall.
Nebenklage-Anwalt: Sind Ihnen an dem Tag Neuerungen aufgefallen?
A: Nein.
A: Manchmal haben wir Visitenkarten verteilt, bei Post, dass wir Rabatt geben.
Kein Telefonbucheintrag, keine Website.
RA Gül Pinar (Nebenklage-Anwältin der Angehörigen des ermordeten Süleyman Tasköprü): Wie war der Tagesablauf?
A: In der Regel fuhr ich alleine dahin und er kam später, an dem Tag kam ich später, ich habe Fußballspiel angeschaut, darum habe ich mich verspätet.
Nebenklage-Anwalt: Beschmierungen - welcher Inhalt?
A: Habe mich nicht damit beschäftigt. Kein Kontakt mit Rechtsradikalen. Alle in dem Viertel kannten mich.
RA Wolfgang Stahl (Verteidigung Zschäpe): Wie kommt jemand auf Ihren Imbiss, der nicht in Viertel zuhause ist?
A: Weiß er nicht, kein Telefon.

14.25 Uhr.
Zeuge Frank K., Rentner, Rostock. War Gast am Döner-Stand, in dem Turgut ermordet wurde.
K: Was passiert ist, weiß man bis heute nicht. Man wurde nicht informiert.
Wir waren ab und zu mal dort mit Freunden, Döner gegessen, Bier getrunken, kenne die auch nicht so genau, ein-, zweimal die Woche, mal gar nicht, weil ich immer da vorbeifahre. Ich sage mal ganz ehrlich, der gestorben ist, den habe ich gelegentlich dort getroffen.
Richter Götzl: Waren noch andere da?
K: Den, der vorher vernommen wurde, den kenne ich, das war der Besitzer.
K: Der war eher ein Lustiger, hat mal einen Witz gemacht mit seinem Akzent, wenn man da stand, rumgeeiert, über nix gesprochen, ich glaube, er konnte nicht die deutsche Sprache so, deswegen war da keine große Unterhaltung möglich. Ich war an dem Tag mit Vater am Bootsanleger verabredet, habe einen Kaffee getrunken, war um 10 Uhr mit Vater verabredet. Halb zehn so was an dem Stand gewesen. War mit Fahrrad unterwegs.
G: Welchen Weg?
K: Kennen Sie sich aus? Quer durch die Prärie zu meinem Vater.
G: Jemanden getroffen?
K: Nein. Habe auch auf niemanden geachtet, wir wollten Bootssteg zu Ende bauen, da geht einem einiges durch den Kopf, auf nichts geachtet.
G: Polizeivernehmung: Die Person, die mich bedient hat, war im Imbiss, Tür geschlossen.
G: Vorhalt: Habe um 10.10 Uhr den Imbiss verlassen.
K: Mag so sein, kann ich heute nicht beantworten.
G: Ist Ihnen Herr A. begegnet? Vorhalt: In Höhe des Autohauses auf Petribrücke kam mir der mir bekannte A. entgegen.
K: Ja, der hat gehupt und gegrüßt.
G: Vorhalt: Zeitmäßig zwischen 10.15 Uhr und 10.20 Uhr.
K: Kommt doch hin.
G: Seit wann hat Geschädigter bedient?
K: Einige Monate, würde ich sagen.
G: Vorhalt: Ein bis eineinhalb Monate dort gearbeitet. Ich möchte einschätzen, dass der Mann einen sehr ruhigen Charakter hatte.
K: Höchstens mal so rumgealbert.

RA Hasan Dilman (Nebenklage-Anwalt): Welche Kleidung trugen sie?
K: Nö.
D: Vorhalt: Blaue Arbeitshose.
Nebenklage-Anwalt: Richtig verstanden, dass man mit Fahrrad gut wegkommt, in alle Richtungen?
K: Es ist kürzer mit Fahrrad, man kann die Schleichwege fahren.
Nebenklage-Anwalt: Wo A. getroffen?
K: Petristraße.
Nebenklage-Anwalt: Haben Sie sich mal Schmierereien angeschaut?
K: Nein, keine rechtsextremen Zeichen aufgefallen.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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