NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter 56. Verhandlungstag

Vom Wäscheaufhängen mit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe erzählt eine Zeugin aus Zwickau am 56. Verhandlungstag vor Gericht. Bei anderen Dingen konnte sich Katrin F. weniger gut erinnern.

Von: Tim Aßmann

Stand: 14.11.2013 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

14 November

Donnerstag, 14. November 2013

Frage eines Opferanwalts: "Haben Sie bei der Polizei immer die Wahrheit gesagt?" Antwort der Zeugin: "Eigentlich schon." Wie dehnbar der Begriff "eigentlich" sein kann, demonstrierte die Zeugin Katrin F. aus Zwickau im Gerichtssaal eindrücklich. Als es darum ging, das Verhältnis zur Nachbarin Lisa Dienelt alias Beate Zschäpe in der Polenzstraße zu beschreiben, war Frau F. sehr gesprächig. Nett und hilfsbereit sei die Lisa gewesen und sie könne gegen die Frau eigentlich nichts Schlechtes sagen. Ans gemeinsame Wäscheaufhängen im Hof und belanglose Gespräche im Treppenhaus konnte sich die Zeugin sehr gut erinnern.

Gespräch über Waffen?

Doch als der Vorsitzende Richter sie mit ihren Aussagen aus der Polizeivernehmung konfrontierte, war auf einmal alles ganz lange her. Hörte sie einmal, wie Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sich im Treppenhaus darüber unterhielten, Waffen in der Wohnung zu haben? So genau wollte die Zeugin das nun nicht mehr gehört haben. Da sei es doch um Computerwaffen gegangen. Sprach sie Lisa alias Beate später darauf an? Und antwortete Zschäpe, die Männer seien im Schützenverein? Auch daran konnte sie sich erst nach langem Bohren erinnern. "Sagen Sie nicht gerne was Schlimmes über die Frau Zschäpe?" fragte Bundesanwalt Weingarten. "Die war immer nett zu uns", antwortete die Frau. Weingarten ermahnte die Zeugin prompt: "Das kann ja sein. Trotzdem müssen Sie hier die Wahrheit sagen."

"Szene-Zeugen" werden aussagen

Doch mit der Wahrheit haben Zeugen aus dem Umfeld der Angeklagten im NSU-Prozess häufig Schwierigkeiten. Das zeigte sich in den vergangenen Verhandlungstagen. Das Gericht wird sich überlegen müssen, wie es damit künftig umgeht. Schon in der nächsten Woche werden erneut sogenannte "Szene-Zeugen" gehört. Bereits jetzt hinkt das Gericht der geplanten Terminierung weit hinterher. Die Gründe: Die Vernehmungen sind außergewöhnlich zäh. Zudem haben die Nebenklage-Anwälte sehr, sehr viele Fragen. Weil Zeugen sich immer wieder nicht mehr an das erinnern können, was sie bei der Polizei aussagten, wird das Gericht wohl in vielen Fällen die betreffenden Vernehmungsbeamten als Zeugen laden müssen. Das wird die Beweisaufnahme zusätzlich verlängern.


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