NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 112. Verhandlungstag, 19.05.2014

Einziger Zeuge ist an diesem Prozesstag Jürgen H., der das Trio in seiner Jugend kennengelernt hat und nach dem Untertauchen von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos als deren Kurier arbeitete.

Von: Matthias Reiche, Alf Meier und Holger Schmidt

Stand: 19.05.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

So überbrachte Jürgen H. mehrmals Beutel mit Kleidung, Unterlagen und Geld - bei einer Übergabe wurde er von Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) fotografiert. Sehr auskunftsfreudig ist der Zeuge nicht, daraufhin ermahnt Richter Götzl ihn mehrmals.

Zeugin:
Jürgen H. (Umfeld Angeklagte)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Matthias Reiche, MDR)
9.40 Uhr: Die Angeklagten kommen in den Saal.
9.45 Uhr: Es beginnt. Beate Zschäpe in brauner Bluse, offenes Haar.

(Holger Schmidt, SWR)
9.48 Uhr.
Zeuge: Jürgen H., 38 Jahre alt, Speditionsfahrer in Jena.

Richter Manfred Götzl: Es geht uns um Kontakte mit Herrn Böhnhardt, Herrn Mundlos, Frau Zschäpe, um den Zeitraum, wo sie sich kennengelernt haben und dann um den Zeitraum 1998, 1999. Erzählen Sie doch mal von sich aus, ich werde dann nachfragen.
Jürgen H: Kennengelernt, was soll ich da sagen? Weiß nicht. Ja also, Herr Wohlleben, da war ich 13 oder 14 als wir uns kennengelernt haben, haben im gleichen Stadtteil gewohnt.
(Stockt.)
H: Wir haben uns nachmittags öfters getroffen und gemeinsame Unternehmungen gemacht.
G: Ja, erzählen Sie weiter.
(Schweigen.)
G: Dann gehen Sie ruhig mal auf die anderen ein, ich will nicht gleich nachfragen.
H: Uwe Böhnhardt noch, wir haben uns mal getroffen. Was soll ich sonst noch sagen?
G: Jetzt haben Sie Uwe Böhnhardt genannt, jetzt nehme ich mal an, Sie kannten ihn?
H: Ja.
G: Jetzt erzählen Sie doch mal.
H: Kennengelernt in der Clique, sein Vater und mein Vater waren Arbeitskollegen.
G: Wie intensiv war der Kontakt?
H: Mehr lose.
G: Wann kennengelernt?
H: So mit 14, 15.
G: Gehen wir doch mal die anderen Personen (die anderen Angeklagten) durch.
H: Holger G. noch durch Herrn W. kennengelernt, Carsten S. auch durch Herrn Wohlleben. Frau Zschäpe und Herrn Mundlos kannte ich nur flüchtig, vom Sehen her.
(Sehr zäh.)
G: Kennen Sie Herrn E. (André E.)?
H: Nein.
G: Wen kannten Sie zuerst?
H: Herrn Wohlleben.
G: Können Sie uns näher darstellen, bei welchen Gelegenheiten Sie sich getroffen haben?
H: An der Tischtennisplatte getroffen, war der Treffpunkt, haben gequatscht.
G: Wo war das?
H: Jena, Lobeda-Ost.
G: Was verbindet Sie mit Herrn Böhnhardt?
H: Wir wollten zusammen abhauen, wir hatten Probleme zuhause, jeder auf seine Weise, und da wollten wir verschwinden.
G: Haben Sie es gemacht?
H: Ja, versucht. Und waren ernüchtert.
G: Wie ist die Sache geendet?
H: Bei der Polizei.
(Götzl ermahnt, der Zeuge solle doch bitte ausführlicher antworten, dann ginge es für alle Beteiligten schneller.)
H: Wir hatten Fahrzeuge entwendet und man hat uns in Stadtroda gestellt. Mich hat man festgenommen.
G: Wo wollten Sie hin?
H: Wir hatten kein Ziel.
G: Jeder ein Fahrzeug?
H: Ja.
G: Sind Sie verurteilt worden?
H: Nein.
G: Und Herr Böhnhardt?
H: Auch nicht.
G: Können Sie etwas sagen über das Verhältnis Böhnhardt - Mundlos - Zschäpe, wie standen die zueinander?
H: Ich denke mal, dass sie Freunde gewesen sind.
G: Haben Sie etwas mitbekommen, dass die Drei dann irgendwann nicht mehr erreichbar waren?
H: Wie meinen Sie das jetzt?
G: So wie ich das frag'!
RA Anja Sturm (Verteidigung Zschäpe) beanstandet, dass nicht klar ist, ob der Zeuge vorher die Drei erreichen konnte.
RA Olaf Klemke (Verteidigung Wohlleben) stimmt dem zu.
G: Naja, dann muss der Zeuge halt noch etwas ausholen, das ist mir sehr recht! Bitteschön!!

(Matthias Reiche, MDR)
G: Gab es einen Zeitpunkt, an dem die Drei nicht mehr erreichbar waren für Sie?
Frage wird von Sturm beanstandet, man muss erst klären wie die Kontakte zuvor aussahen.
G: Gehen wir die einzelnen Jahre durch, 96 und 97?
H: Was soll ich sagen, man hat sich getroffen, gesprochen und das war es.
G: Wie war es 98?
H: Hat man sich gar nicht mehr gesehen.
G: Hatten Sie 98 Kontakt?
H: Nur zu Uwe Böhnhardt, telefonisch.
G: Berichten Sie!
H. atmet schwer ins Mikrofon sagt dann: Telefonzelle.
G. ermahnt, in ganzen Sätzen zu antworten, will Details.

(Holger Schmidt, SWR)
G: Können Sie bitte in ganzen Sätzen antworten? Es wäre ein Gebot der Höflichkeit.
(Schweigen.)
G: Warum sagen Sie jetzt nichts mehr?
(Lange Pause.)
H: Herr Wohlleben hat mir gesagt, in welche Telefonzelle ich gehen soll, damit ich angerufen werde und Sachen besorgen soll.
G: Habe es nicht verstanden!
H: Mir wurde gesagt, in welche Telefonzelle ich gehen soll, um Aufträge zu bekommen, die ich dann abgearbeitet habe.
G: Von wem gesagt?
H: Vom Herrn Wohlleben, vom Herrn S. (Carsten S.).
G: Wie viele solche Telefonate gab es?
H: Weiß ich nicht mehr so genau. Weiß ich nicht.
G: Größenordnung?
H: Nein.
G: Auch mal mit Herrn Mundlos und Frau Zschäpe telefoniert?
H: Mit einer Frauenstimme nicht. Weiß nicht mehr so genau.
G: Welche Telefonzelle war es?
H: Jena-Ost, Karl-Liebknecht-Straße.
G: Was wussten Sie über die Situation?
H: Gar nichts.
G: Wurde nicht darüber gesprochen, warum, zu welchem Zweck sie Kontakt aufnehmen?
H: Habe ich in der Zeitung gelesen, brauchte ich ja nicht nachzufragen.

(Matthias Reiche, MDR)
G. fragt nach Details zum ersten Telefonat.
H: War Liebknechtstraße. Wohlleben oder Carsten S. fragten, ob ich das mache, ich bestätigte das, sagt, er habe nicht weiter nachgefragt und dann aus der Zeitung erfahren, warum die Drei untergetaucht waren.

(Holger Schmidt, SWR)
G: Erzählen Sie doch mal, wie es dann weiterging: Welche Aufträge Sie erhalten haben und wie Sie die abgearbeitet haben.
H: Ich habe zum Beispiel eine Tüte nach Zwickau gefahren, zum McDonalds-Parkplatz an der Autobahn.
G: Vielleicht erzählen Sie erst mal, wie es zu dem Auftrag gekommen ist?
H: Ich habe den Auftrag bekommen, zur Telefonzelle zu gehen, dann haben wir telefoniert, dann wurde mir gesagt, dass ich vom Herrn Wohlleben eine Tüte bekomme und die habe ich dann gefahren.
G: Mit wem telefoniert?
H: Denke, Herr Böhnhardt.

G: Von wem die Tüte bekommen?
H: Wohlleben.
G: Wie gefahren?
H: Mit meinem Fahrzeug. Toyota.
G: Wie lief es dann am Parkplatz ab?
H: Ich habe da gewartet, dann kam jemand auf mich zu und hat die Tüte genommen.
G: Wie erkannt?
H: Keine Ahnung, vielleicht am Fahrzeug. Mir wurde nur gesagt, es kommt jemand auf mich zu und nimmt die Sachen mit.
G: Wer war das denn?
H: Weiß ich nicht, kenn ich nicht.

(Alf Meier, BR)
11.25 Uhr.
H: Kannte ich nicht, so groß wie ich, schwarzes Kapuzen-Shirt. Hat mich mit meinem Vornamen angesprochen. Hat seinen Namen nicht genannt.

(Holger Schmidt, SWR)
G: Ist ein Name gefallen, eine Beschreibung?
H: Nein.
G: Was für eine Tüte?
H: Plastebeutel.
G: Können Sie zum Inhalt etwas sagen?
H: Nicht viel. CDs und Anziehsachen. Habe nichts rausgeholt.
G: Mit Herrn Wohlleben Kontakt gehabt [nach der Übergabe]?
H: Nein.
G: Nicht gesagt, ob es geklappt hat?
H: Nein.
G: Wie ging es weiter?
H: Wir sollten Sachen aus der Wohnung von Frau Zschäpe holen.
G: Wer sind wir?
H: Mit Herrn S. (Carsten S.).
G: Ging das reibungslos?
H: Nein, die Polizei kam.
G: Und dann?
H: Ich saß ja unten im Auto. Gekriegt haben sie uns nicht, wir sind weg.
G: Um welche Sachen ging es denn jetzt?
H: Genau weiß ich nicht: Glaube persönliche Papiere und Anziehsachen.

(Alf Meier, BR)
H: Sachen sollten wohl zu Frau Zschäpe, das hat Herr S. (Carsten S.) dann gemacht. Er hatte mich vorher gefragt, ob ich mitmachen wolle und ich sagte, das mach ich. War so Mitte 1998. Später noch mal Beutel mit Sachen gekriegt und dann in Jena in der Felsenkellerstr. abgegeben, wo die Brauerei mal war. Beutel von Wohlleben und S. bekommen, genau weiß ich aber nicht mehr. Beutel an mich genommen und weggefahren. War ein dunkler Hauseingang, kann Person nicht genau beschreiben, hatte Kapuzen-T-Shirt an, dunkle Sachen. Ehemalige Brauerei war eine Ruine, dort lebte keiner. Person hat nur gefragt, ob ich Beutel hab, dann hab' ich Beutel übergeben. Inhalt kenn' ich nicht, war Plastikbeutel, zugebunden. Mir wurde auch nicht gesagt, was im Beutel enthalten ist, hatte auch keine Vermutung. Über Telefonzelle vorher Kontakt aufgenommen mit Böhnhardt oder Mundlos, weiß ich nicht mehr genau. Sollte Plastikbeutel von Wohlleben oder S. erhalten. Hab bei Wohlleben nachgefragt, weiß aber nicht mehr, wer mir Beutel gegeben hat. Inhalt des Beutels war nicht hart eher weich, vielleicht wieder Kleidung. War vielleicht in der letzten Hälfte des Jahre (1998).

(Matthias Reiche, MDR)
H: Kann ansonsten nichts weiter dazu sagen, auch nicht, wann es genau war, kann auch nicht sagen, ob es weitere telefonische Kontakte gab.
(Sehr zähe Befragung, man hat deutlich den Eindruck, hier will wieder einmal ein Beteiligter nichts sagen.)

Götzl versucht es immer wieder: Wie muss ich mir das vorstellen, wenn Sie danach Wohlleben oder S. trafen?
H: Traf Wohlleben weiter jede Woche, S. weniger. Wie gesagt: kann mich nicht genau mehr erinnern.

(Alf Meier, BR)
G: Weitere Kontakte, Aufträge?
H: Nein.
G: Telefonische Kontakte?
H: Könnte sein, weiß ich aber nicht mehr. Herrn Wohlleben hab ich fast jedes Wochenende getroffen. Wohlleben und ich waren Freunde, Carsten (S.) und ich so lose Freundschaft.
H: Zu Böhnhardt: Wenn's um seine Interessen ging, die konnte er schon durchsetzen. Hat immer Messer bei sich getragen. Zu seiner Verteidigung nehm ich an, warum trägt man sonst ein Messer? Springersteifel hat er angehabt und Bomberjacke, hatte rechte Ideologie. Wir waren zusammen auf Demonstrationen. Er (Böhnhardt) war gegen Ausländer.

(Matthias Reiche, MDR)
G: Politische Auffassung? Bittet wieder: Erzählen Sie doch einfach, damit ich nicht jedes Mal nachfragen muss.
H: War gegen Ausländer.
G. fragt nach Einzelheiten, Zeuge will nichts dazu sagen, auch nicht zu Gewaltanwendung.

(Holger Schmidt, SWR)
11.25 Uhr.
G: Was sagt Ihnen das Spiel "Pogromly"?
H: Ist eine veränderte Art von "Monopoly".

G: Was hatten Sie damit zu tun?
H: Ich habe die Spiele gelagert und wenn eines verkauft wurde, habe ich es rausgegeben.

G: Wer hat die Spiele verkauft?
H: Ich nicht.
G: Wer?
H: Vielleicht Herr S.
G: Wer hat die Spiele produziert?
H: Herr Böhnhardt und Herr Mundlos.
G: Wie viele Spiele haben Sie gelagert?
H: So zwanzig.
G: Wie viele Spiele wurden insgesamt produziert?
H: So hundert.
G: Woher wissen Sie das?
H: Stand in der Zeitung. Damals wusste ich es nicht.
G: Wurden alle Spiele, die bei Ihnen waren, verkauft?
H: Ja.
G: An wen?
H: Bekanntenkreis, rechte Szene.
G: An wen?
H: Weiß ich nicht.
G: Kein Name in Erinnerung?
H: Nein.
G: Woher wissen Sie dann, dass es der Bekanntenkreis war?
H: Der Bekanntenkreis von Herrn S. (Carsten S.), Herrn Böhnhardt und Herrn G. (Holger G.)!
G: Welche Rolle spielt denn jetzt plötzlich der Herr G.?
(Zeuge beginnt zu eiern.)
H: Der hat auch mal Spiele abgeholt.
G: Wer kam da zu Ihnen?
H: Namen weiß ich nicht. Leute kamen, hatten die Adresse von Herrn S. oder Herrn Wohlleben, haben das Geld gegeben und sind wieder gegangen.
G: Woher wussten Sie denn, wer da zu Ihnen kam? Dass er berechtigt war, ein Spiel zu kaufen? Hat jeder, der bei Ihnen geklingelt hat, eines bekommen?
H: Nein. Nur die, die danach gefragt haben.
G: Wie viele wurden direkt von den Käufern abgeholt?
H: 3-4 Stück, so.
G: Wie hoch war denn der Preis eines Spiels?
H: Hundert (Mark).
Pause bis 11.45 Uhr.

(Alf Meier, BR)
Nach Pause 11.50 Uhr.
Götzl: Inhalt des Spieles "Pogromly"?
H: Geht darum, Städte judenfrei zu kriegen, sind KZs mit drauf.
G: Wann zum ersten Mal gesehen?
H: 1997/98 so, bei Böhnhardt, hab ich selber nicht gespielt.
G: Kennen Sie André K.?
H: Hab ich durch Wohlleben kennengelernt, waren beste Freunde.
G: Waren die mit Böhnhardt befreundet?
H: Ja, befreundet, Uwe Mundlos und Zschäpe kannte ich nicht so gut.
G: Sind Sie mal von staatlichen Stellen angesprochen worden?
H: Verfassungsschutz wollte mich anwerben, haben mir Geld geboten. Wollten Angaben zu Wohlleben, war 1998, als ich bei einer Baufirma gearbeitet habe. Waren zwei Kontakte mit Verfassungsschutz. Wurde zu Arbeitsende abgepasst, aber ich habe gesagt, dass ich das nicht mache. Auch als mir Geld geboten wurde.
G: Mit Herrn Wohlleben gesprochen?
H: Ja. Habe das zweite Gespräch mit dem Verfassungsschutz aufgezeichnet.
G: Weitere Kontakte mit staatlichen Stellen?
H: Ja, LKA und MAD (Militärischer Abschirmdienst) bei der Bundeswehr, war 1999.
G: Inhaltlich?
H: LKA: Vorhaltungen wegen Kuriertätigkeiten, Zwickau, Felsenkellerstr., Frau Zschäpes Wohnung, gefragt warum ich das mache, mit Gefängnis gedroht, wollten wissen, wo die drei sind, konnte ich aber nicht beantworten.
G: Und MAD?
H: Ging um alte Verbindungen mit rechter Szene. Sollte in Bundeswehrzeit keine rechten Aktionen machen.
Hat mich gefragt, ob ich [den Dreien] wieder helfen würde, hab ich mit ja beantwortet (sagt später, dass er das aus Trotz gesagt hat).
G: Informationen, wie die Drei Jena verlassen haben?
H: Ja, das weiß ich: Mit dem Auto von Wohlleben, ist aber unterwegs kaputtgegangen. Herr R. (Andreas R.) hat's dann wieder abgeholt. Wohlleben hatte Peugeot 205.
G: Woher hatte LKA Informationen?
H: Hatten mich beschattet, hatten Fotos von der Parkplatz-Übergabe.
G. zitiert aus Akten: Es war ihnen irgendwann zu heiß?
H: Ja, ich wollte dafür nicht bestraft werden, ich wusste schon, was ich da mache, war so 1999.
G: War mal die Rede davon, dass sich die Drei in die Schweiz begeben wollen?
H: Nein.
H: Geld aus Verkauf von "Pogromly" an Herrn Wohlleben weitergereicht, so 200 bis 300 Euro.
G: Mit Wohlleben über Übergabe von Schusswaffen gesprochen?
H: Nein.
G: Wussten Sie, wo man sich Schusswaffen besorgen konnte?
H: In der Wagnergasse, im "Madley", glaub ich.
Pause bis 13.45 Uhr.

(Matthias Reiche, MDR)
G: Telefonat aus der Schweiz?
(Geht jetzt um mehrere Telefonate von öffentlichen Telefonzellen mit den Untergetauchten, so sei H. am 11. April aus Orbe/Schweiz angerufen worden. Gespräch war wohl von Böhnhardt. H. habe dabei Anweisungen für Treffen mit Wohlleben erhalten und weiter gegeben. Wohlleben sollte noch einige Dinge von Böhnhardt mitbringen zu dem Treffen.)
G: Wer bekam das Geld von den Spielverkäufen?
H. kann sich nicht mehr erinnern.
G. hält vor, dass H. das Spiel schon früher bei Böhnhardt gesehen habe: "Da sei das Spiel noch in der Anfangsphase gewesen."
H: Ja, war so.
G: Sie haben früher ausgesagt, dass es wohl schon mehr als 10 Treffen waren mit den Untergetauchten. Ging meist um Nachrichten oder Geld.
H. sagt nichts.
G. fragt nach Rolle von Wohlleben und Carsten S.
H: Haben mir gesagt, wann und wo Telefonieren, dabei dann Nachrichten entgegen genommen und weitergeleitet.
Richter hält Aussage vor zur Aktion in Zschäpes Wohnung: Sie warteten im Auto, Carsten S. holte die Sachen, als Polizei kam, riefen sie ihn an, und trafen sich dann später an einem vereinbarten Ort in Winzerla.
H: Ja, war so.

(Matthias Reiche, MDR)
Weiter 13.50 Uhr.
G. hält weiter aus früheren Aussagen vor, fragt nach André K.
H. empfand ihn immer als etwas bedrohlich, las später in der Zeitung, dass er Geld unterschlagen haben soll, das für die Untergetauchten bestimmt gewesen war.
G. hält Aussage vor, dass H. schlechtes Gefühl gehabt habe bei der Übergabe des Pakets, soll bei früherer Aussage vermutet haben, dass es sich um Waffe handelte.
H: Hatte blödes Gefühl, weil Paket klein und schwerer war, habe aber nicht reingeschaut, Ralf Wohlleben hatte es mir bei sich zu Hause übergeben.
(Zeuge wirkt jetzt etwas bemühter in seinen Aussagen und gleichzeitig auch zerknirschter. Klingt glaubhaft, dass ihm das Unternehmen damals zu heiß wurde.)

Pause bis 15.00 Uhr.

(Matthias Reiche MDR)
Geht weiter 15.05 Uhr.
RA Wolfgang Stahl (Verteidigung Zschäpe) fragt, warum Zeuge heute so einsilbig ist.
H: Weiß nicht.
S: Sie sollen gesagt haben, die Drei seien auf einer Stufe mit Rechtsterroristen. Wann haben Sie sich erstmals mit der Frage befasst, dass die Drei untergetaucht sind?
H: Habe es aus der Zeitung mit den Bombenattrappen und so und wusste deshalb, dass die Drei untertauchen mussten.
S: Gegenüber MAD von drei Rechtsterroristen gesprochen?
H: Weiß nicht, ob ich das so gesagt habe, meinte auf jeden Fall Böhnhardt.
S: Was wissen Sie von Frau Zschäpe in dem Zusammenhang?
H: Gar nichts.
Stahl fragt nach Debatten über bewaffneten Kampf.
H. kann sich nicht erinnern.
Stahl fragt, ob es im Zusammenhang mit den Kurierdiensten irgendwann um Beate Zschäpe ging, um Nachrichten für sie o. ä.
H: Nein.
RA Klemke (Verteidigung Wohlleben) fragt nach Messer Böhnhardts.
H: Habe das Messer einmal gesehen, Böhnhardt sagte, dass er es immer bei sich trage, wussten alle.

Dann Fragen der Verteidigung von Carsten S. zu Verbindung mit ihrem Mandanten.
Wie oft getroffen?
H: Weiß ich nicht.
Zeuge weiß auch nicht genau, wo Carsten S. wohnte, hat ihn zumeist getroffen, wenn er Wohlleben traf.
Nachfrage zum Wohnungseinbruch bei Zschäpe.
H. kann keine Details mehr bringen, liegt zu lange zurück , irrte sich offensichtlich auch in der Zeit, war offensichtlich nicht abends, sondern laut Polizeibericht am Mittag (im August).
Frage: Wie hat Carsten S. die "Pogromly"-Spiele gebracht und das Geld geholt?
H: Kann nichts dazu sagen.
Frage: Wie viele Treffen mit Verfassungsschutz und LKA?
H: 2 x Verfassungsschutz, 97.
Vorhalt: 10.8. und 11.8. sind laut Unterlagen die Treffen gewesen, dann angeblich kurz danach noch ein 3. Treffen mit dem Verfassungsschutz.
Vorhalt, dass in dem Gespräch mit MAD der Zeuge angeblich angedeutet habe, er könne auch etwas über den Verbleib der Untergetauchten sagen.
H. sagt mit deutlicher Erregung, dies stimme nicht, es gab nur zwei Treffen und es ging nur darum, Herrn Wohlleben zu bespitzeln.

Jochen Weingarten (Vertreter Bundesanwaltschaft) drängt noch einmal auf Erklärungen zu den beiden Übergaben - Beutel oder Päckchen, schwer oder nicht schwer?
Zeuge kann nur noch sagen: Ich weiß es nicht.

Wenig später wird Zeuge entlassen.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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