NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 164. Verhandlungstag, 26.11.2014

Einziger Zeuge ist an diesem Verhandlungstag Ralph H. - ein Zeuge aus dem rechten Milieu in Chemnitz. Viele Erinnerungslücken machen seine Aussage unglaubwürdig, was ihn die Nebenkläger-Anwälte auch spüren lassen.

Von: Tim Aßmann und Christoph Arnowski

Stand: 26.11.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

H. hatte Ende der 1990er Jahre seinen Ausweis angeblich verloren - mit diesem Ausweis hatte das Trio diverse Waren bestellt. Weiter hat sich H. mit Thomas S. und zwei unbekannten Männern getroffen, um die beiden in einer Wohnung unterzubringen. Weder kann der Zeuge diese Personen beschreiben, noch weiß er, warum er die beiden aufnehmen sollte. Auch Kontakte zum NSU-Trio bestreitet er.

Zeuge:
Ralph H. (Umfeld Angeklagte)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Tim Aßmann, BR)
Beginn 9.50 Uhr.
Auf der fast vollen Zuschauertribüne ist eine Delegation türkischer Diplomaten aus München und Berlin, darunter ist auch der neue türkische Generalkonsul für München.

(Christoph Arnowski, BR)
Beginn 9.45 Uhr.
Zeuge Ralph H. erscheint mit Rechtsbeistand (auf dem Weg in den Gerichtssaal hält sich der Zeuge einen Aktenordner vor das Gesicht, auch sein Anwalt erklärt, dass er - der Anwalt - nicht gefilmt werden möchte).

(Tim Aßmann, BR)
Es kommt der Zeuge H. mit Zeugenbeistand.

H. schaut sich im Saal um, Götzl bittet darum, dass er sich auf ihn konzentriert.
Zeuge Ralph H., 40 Jahre alt, kaufmännischer Angestellter aus Hohenstein-Ernstthal.

Richter Manfred Götzl: Geht uns um Kontakte zu Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe oder einem der anderen Angeklagten. Geht uns um die Wohnung Cranachstr. in Chemnitz und um Warenlieferungen. Hatten Sie Kontakte?
H: Schon dem BKA (Bundeskriminalamt) gesagt, habe Anruf von Thomas S. bekommen, Treffen in Innenstadt von Chemnitz, er kam mit zwei Personen mit Kapuze über Kopf gezogen, konnte nicht erkennen, wer es war, gefragt, ob ich für ein paar Tage mir vorstellen könnte, Leute als Untermieter aufzunehmen. Das habe ich seinerzeit abgelehnt, hatte die Möglichkeit nicht, wohnte noch bei meinen Eltern. Gespräch hatte sich nach fünf Minuten erledigt, bin gefahren, wer das war, konnte ich nicht erkennen, war schlechtes Wetter, war Sommer oder Herbst Ende der 90er Jahre. Ca. ein halbes Jahr später sprach mich Thomas S. nochmal an. Habe wieder verneint, Situation war unverändert, man hat sich damals in den einschlägigen Kneipen rechter Kreise getroffen und ich habe empfohlen, doch mal Carsten R. zu fragen.
Die Cranachstr. ist mir kein Begriff. Habe nur mal Forderungen von Inkassounternehmen bekommen, war dann bei Hausverwaltung und die Dame hat mir bestätigt, dass ich nicht derjenige bin, der die Wohnung angemietet hat. Wir waren dann auch in der Wohnung gewesen, aber ich weiß nicht, ob das die Cranachstr. war.

(Christoph Arnowski, BR)
H: Vorgeschichte war, dass ich Geldbörse verloren habe oder sie gestohlen wurde. War im Einkaufszentrum Chemnitz (?), habe dort festgestellt, dass ich sie nicht hatte. Am Abend vorher war ich in Gaststätte, war stark alkoholisiert (lacht), kann sein, dass es da passiert ist oder am nächsten Tag im Einkaufszentrum. Das weiß ich nicht. Im Portemonnaie war mein Personalausweis.

(Tim Aßmann, BR)
Götzl: Warenbestellung?
H: Sind Sachen auf meinen Namen bestellt worden. Was genau kann ich nicht mehr sagen. Das war das mit dem Inkassounternehmen. Wo das hinging weiß ich nicht. Glaube, es war Bestellwert 5.000, 6.000 D-Mark.
G: Zeitpunkt des Treffens genauer?
H: Mir wurden beim BKA Daten in den Mund gelegt, aber konkret kann ich das nicht.
G: Was wurde in den Mund gelegt?
H: 1999, 2000.
G: In den Mund gelegt?
H: Zeitraum ist eingegrenzt worden: 1998, 19999, 2000 bzgl. Treffen, Verlust, Personalausweis und Bestellungen.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Wer hat Ihnen was in den Mund gelegt?
H: Weil ich mich nicht genau erinnern konnte, wurden die Zeiträume eingegrenzt, im Bezug auf Treffen mit S., Personalausweis und Bestellungen. Dann wurde ich konfrontiert, dass meine Handy-Nummer im Adressbuch eines Beschuldigten war. Damals bei Veranstaltungen wurde man nach Nummern gefragt, damit man wieder eingeladen werden konnte. Ich habe dann die Nummer von André E. (Angeklagter im NSU-Prozess) gelöscht, weil es keine Resonanz mehr gab.
G: Zeitlich eingrenzen Forderungen nach Warenbestellungen?
H: Ich habe das nach Vorladung noch mal versucht, aber ich kann es nicht sagen. Auf alle Fälle im Jahr 2000, ich würde vielleicht sogar sagen, die ersten ein, zwei Quartale im Jahr 2000.

(Tim Aßmann, BR)
G: Verlust des Ausweises war wann?
H: Ende 1999, Anfang 2000. Verlust habe ich gemeldet, als das Schreiben des Inkassounternehmens kam, habe ich dann noch Anzeige bei Polizei gemacht.

(Christoph Arnowski, BR)
H: Habe ich gemeldet, brauchte ja Ersatzdokument. Und weil ich den Eingang eines Inkassoschreibens hatte, habe ich Anzeige bei der Polizei gemacht. Habe ich aber gegenüber den BKA-Beamten gesagt. Eine Woche später bin ich mit den BKA-Beamten in das Gebiet gefahren, konnte mich aber nicht erinnern, wo das Haus war.

(Tim Aßmann, BR)
Götzl fragt nun nach Thomas S. und danach, was der Zeuge über ihn weiß. Er beschreibt S. als zentrale Figur in der Chemnitzer Skinhead- und "88er"-Szene. Es habe auch einen engeren Kreis gegeben, zu dem mindestens 30, 40 Leute gehört hätten. Der Zeuge kann aber nicht genau sagen, wer außer S. dazugehörte. Er selbst sei nicht Teil des engeren Kreises gewesen, betont H. mehrmals. Er habe verschiedene Ansichten schon geteilt. "Man war jung halt". Die Bundeswehrzeit habe "motiviert", man sei durch das Militärische "mehr aufgebaut" worden.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Wie haben Sie S. gesehen?
H: Jeder, der zum rechten Spektrum gehören wollte, hat ihn als zentrale Figur gesehen. Er hat Konzerte organisiert, am Wochenende war das natürlich der Höhepunkt, da hat er sich einen Namen gemacht. Man wollte mit ihm reden, damit man dazugehört. Man hat sich auf Konzerten getroffen oder in Gaststätten. Ich denke, ich war nicht der erste, der angerufen wurde. Im engeren Freundeskreis war ich nicht.
G: Warum glauben Sie das?
H. Weil ich nicht den engen Kontakt hatte, da gab es andere.
G: Wer war das?
H: Herr L., Herr W., Skinheadkreise, wo man Namen gar nicht weiß. Viele aus der Dresdner Region, wo ich die Namen nicht kenne.
G: Da müssen Sie ja eine Vorstellung haben, wer zum engeren Kreis gehört?
H: Es waren bestimmt 30, 40 Personen, die zum engeren Kreis gehörten. Viele kannte man ja nur vom Sehen. Im Monat hatte ich ein-, zweimal Kontakt mit Herrn S., das war in Gaststätten und auf Konzerten.
G: Und aus Dresden?
H: Nur auf Konzerten, Namen kannte ich da nicht.
G: Skinheadszene "88"?
H: Man ist aufgetreten in Oberteilen mit gleicher Symbolik, wer da was zu sagen hatte, kann ich nicht sagen. Das waren Polos mit "88" und - glaube ich - noch so einer Skinhead-Figur.
G: Welche Rolle haben Sie im rechten Spektrum gespielt?
H: Habe verschiedene Ansichten geteilt, man war jung halt, habe mich mit einigen Sachen schon identifizieren. Nach der Bundeswehrzeit war man noch ein bisschen aufgebauter gefühlt, militärisch, hat man sich zum Elitären hingezogen gefühlt.

(Tim Aßmann, BR)
Götzl: Zum Elitären hingezogen?
H: Wie das Auftreten war, das hat mir zugesagt.
G: Welche Ansichten geteilt?
H: Brauchtums-Sachen halt, Zusammengehörigkeitsgefühl, wenn man mit politischen Sachen nicht zufrieden war, hat man jemanden gefunden, mit dem man seinen Unmut teilen konnte. Das Kameradschaftliche, was man von der Bundeswehr kannte, wurde dort weiter gelebt. Im Nachgang jetzt war das vielleicht etwas naiv gewesen.
G: Politische Positionen?
H: Asylpolitik war Thema, Brauchtumspflege. Hat mich angezogen.
G: Eindruck, Sie speisen mich nur mit Schlagworten ab. Mir geht's um Ihre Rolle im rechten Spektrum.
H: Tja. Am Anfang ist man da mitgelaufen. Hat sich dann später erst entwickelt.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Was denn?
H: Meine Gedanken zur Weltanschauung.
G: Ja, wie waren die? RA K. (Zeugenbeistand) wird Ihnen da nicht helfen können.
Zeugenbeistand: Kann höchstens sagen, ob das hier dazu gehört.
H: Rechte Positionen halt.

(Tim Aßmann, BR)
G: Bestimmte Positionen vertreten?
H: Nein. Konkret nicht.
G: Was ist mit "später entwickelt" gemeint?
H: Habe mich immer mehr mit Deutschtum, Brauchtum, Geschichte Drittes Reich, Wehrmacht interessiert, immer mehr gelesen auch in der Richtung.

(Tim Aßmann, BR)
G: Hat S. andere angesprochen wegen Unterbringung?
H: Er hatte mich ja nochmal gefragt deswegen, hab's ja erneut verneint und ihn an dem Abend an den Herrn Carsten R. verwiesen. Sie hatten sich dann kurz unterhalten, aber was dann im Nachgang noch war, kann ich nicht sagen. Ich saß an einem anderen Tisch.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Wo war das?
H: Gartenvereinsheim "Lebensfreude".
G: Haben Sie danach nochmal nachgefragt?
H: Nein, das hat sich dann verlaufen.
G: Sie waren doch im selben Raum? Was soll sich da verlaufen haben?
H: Waren doch 80 Leute dort aus dem Spektrum, da hat sich das verlaufen.
G: Haben Sie Herrn S. oder R. nochmal gefragt?
H: Nein.
G: Was wurde denn über die beiden Personen gesprochen?
H: Nichts Konkretes, war nur eine allgemeine Anfrage.

(Tim Aßmann, BR)
G: Erstes Treffen. Wie war Ihr Kontakt zu den zwei Personen?
H: Die standen ein, zwei Meter weg. Konnte nicht erkennen, wer das war. Es war Nachts und sie hatten Kapuzen übergezogen. Hat mich nicht weiter interessiert, weil ich ja nicht die Möglichkeit für Unterbringung hatte.
G: Der spricht Sie nun an und die stehen da …
H: Ja. Habe halt nicht weiter gefragt: Wieso, Weshalb, Warum, Was der Grund für die Anmietung wäre.
G: Sie haben von fünf Minuten Gespräch gesprochen. Deswegen hab' ich jetzt schon Probleme mit Ihrer Ablaufschilderung.
H: Die fünf Minuten waren jetzt nicht wörtlich. Hatte sich dann erledigt und ich bin nach Hause.
G. hakt nochmal nach.
H: Mehr war aber nicht gewesen.
G: Größe der zwei Personen?
H. Kein Bild vor Augen.
G: Wie lange die Unterbringung sein sollte?
H: Nicht genau angesprochen. Ein paar Tage, von ein, zwei Wochen die Rede.
G: Dann wurden Sie später von S. nochmal angesprochen?
H: Richtig.
G: Was hat er in dem Zusammenhang gesagt?
H: Ob ich die unterbringen kann. Habe dann gesagt, er kann ja mal Carsten R. fragen. Den kannte ich. Der war in meinem Freundeskreis.
G: Ich verstehe den ganzen Gesprächsinhalt nach wie vor nicht.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Um welche Personen ging es?
H: Wurde nicht gesagt, ich ging davon aus, um die zwei Personen damals, die dabei waren. Die Frage ist ja nicht alltäglich, ob man jemand aufnehmen kann, daher habe ich mir hergeleitet, dass es um die zwei Personen gehen muss, die beim ersten Mal dabei waren.

(Tim Aßmann, BR)
G: Und haben Sie dann nicht nachgefragt, um wen es ging?
H: Nein.
G: Also Sie stellen Vermutungen an, fragen aber nicht nach. Habe ich das richtig verstanden?
H: Ja, ich habe eben nicht mehr gefragt, bin davon ausgegangen.
G: Keine Namen?
H: Nein. Es sind keine Namen gefallen.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Sie haben auf Carsten R. verwiesen, hatte der eine Wohnung?
H: Hatte eine Wohnung, war alleinstehend, war an dem Abend mit halt.
G: Wie lange kannten Sie R.?
H: 5, 6 Jahre.
G: Kannten Sie Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos?
H: Nur jetzt aus den Medien.
G: Zschäpe, Carsten S.
(Angeklagter), Wohlleben?
H: Sagt mir auch nichts. Kein Kontakt.
G: André E.
(Angeklagter)?
H: Ich kannte vor allem seinen Bruder Mike E. Die Nummer von André E. hatte ich nur, um Rund-SMS zu verschicken. Bekam sie bei Veranstaltung, weil er neuer Gast war.
G: Zeitlich?
H: Mitte 2000, 2004, 2005 oder 2006.
G: Hatten Sie sonst Kontakt zu ihm?
H: Nein.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: Warenbestellungen, die Sie angesprochen haben, kannten Sie die Firmen?
H: Nein, das waren Inkassounternehmen und die Hausverwaltung. (Auf Nachfrage:) Ich glaube, das waren große Versandhäuser, Quelle, Neckermann.
G: Waren Sie Kunde bei diesen Unternehmen?
H: Bestimmt, das war gang und gäbe.
G: Firma Frankonia?
H: Da war ich auch Kunde, das sagt mir was, da hatte ich Zimmerdekorationen bestellt.
G: Sie bekamen Forderungen, wie sind Sie vorgegangen?
H: Ich habe Anzeige erstattet bei der Polizei, und bin zur Hausverwaltung, die Dame dort hat bestätigt, dass ich es nicht bin, der die Wohnung angemietet hat.
G: Haben Sie nicht überprüft, ob Sie vielleicht die Waren bestellt haben?
H: Ich habe dort angerufen, dann habe ich gesagt, dass ich es nicht bin. Ein halbes Jahr später kamen noch ein zwei Briefe, dann habe ich nichts mehr gehört.

(Tim Aßmann, BR)
H: Bei Inkasso angerufen, die haben mir von den Bestellungen erzählt, Waren wurden in diese Wohnung bestellt, die Frau von der Hausverwaltung erzählte, jemand habe sich mit meinem Personalausweis vorgestellt, bin dann zur Polizei.

Pause bis 11.10 Uhr.

(Christoph Arnowski, BR)
11.20 Uhr.
Götzl: Was haben Sie bei Frankonia bestellt?
H: Wandhalterung für einen nicht schussfähigen Karabiner.
G. Sagt Ihnen Altchemnitzer Straße etwas?
H: Nein.
G: Haben Sie sich mit Carsten R. mal über eine Anmietung einer Wohnung für andere unterhalten?
H: Nein, nur, ob er im Zusammenhang mit Anfrage von S. jemand aufnehmen könnte.
G: So wie ich Sie verstanden habe, haben Sie doch nur mit Herrn S. gesprochen?
H: Ja.
G: Abgesehen davon?
H: Nein, (nachgeschoben) kann ich mich nicht erinnern!
G: (an den Zeugenbeistand:) Das sah jetzt so aus, als ob Sie etwas eingeflüstert hätten, obwohl sich Herr H. gar nicht an Sie gewandt hat. Inhaltlich können Sie ihm doch gar nichts sagen!
G: Haben Sie noch Kontakt zu Herrn R.?
H: Seit zehn Jahren nicht mehr.

(Tim Aßmann, BR)
G: Wissen Sie, ob er hier als Zeuge einvernommen wurde?
H: Nein. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Er hat, meines Wissens nach, auch zu keinem aus der Region mehr Kontakt.
G: Frage war, ob Sie wissen, ob er hier war?
H: Übers Internet nur halt, hab ich davon erfahren, dass er hier war.
G: Infos über seine Aussage erhalten?
H: Presseinformationen.
G: War da auch von Ihnen die Rede?
H: Nein.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Jetzt kann ich Ihnen ja sagen, dass wir Herrn R. vernommen haben, da hat er oft von Herrn H. gesprochen, auch von der Altchemnitzer Straße, dass Kündigungsfrist drei Monate, und dass H. versichert habe, dass das übernommen werde.
H: Da kann ich nix dazu sagen.

(Tim Aßmann, BR)
G: Wiederhole Frage nach Altchemnitzer Straße. War da zwischen Ihnen beiden mal die Rede von?
H: Nein.
G: Punkt war auch, warum er die Wohnung anmieten sollte und er sagte, weil er polizeilich nicht erfasst gewesen wäre. H. habe das gewusst, davon gehe er aus.
H: Weiß nicht, warum er sich so äußert. Dass er nicht vorbestraft war, meines Erachtens, ist so. Und ja vielleicht wurde in Gespräch zwischen S. und ihm darüber gesprochen.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Haben Sie Carsten R. bei BKA-Vernehmung erwähnt?
H: Nein. Das habe ich erst für die Vernehmung hier Revue passieren lassen.
G: Haben Sie bei BKA zweiten Kontakt mit S. erwähnt und Unterbringung der Personen?
H: Ich glaube nein.
G: Warum nicht?
H: Hatte ich nicht mehr so in Erinnerung, nicht mehr so vor meinem geistigen Auge. Habe ich erst in den letzten zwei Wochen so überlegt.

(Tim Aßmann, BR)
G: Ihre Wohnverhältnisse damals?
H: Chemnitz, Bruno-Kranz-Str. 22, gewohnt dort bis Mitte 2001.
G: Anschließend?
H: Dann bin ich gezogen auf die Schnelzendorferstr. 2, auch in Chemnitz.
G: Sie haben vorhin geschildert, Sie hätten André E. auf Veranstaltung kennengelernt und Telefonnummer bekommen. Bei Vernehmung Angaben dazu gemacht?
H: Da hat mich Bekannter gefragt, warum meine Nummer in Handy von E. war und ich habe gesagt: Ging um Rundrufe wegen Veranstaltungen und dass ich selbst keinen persönlichen Kontakt hatte.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Zu Warenbestellungen.
H: Da war ich bei Kriminalbeamtin in Chemnitz, da ging es um die Bestellungen, ihr hatte ich auch Unterlagen zur Verfügung gestellt, die Forderungsschreiben, habe dann nix mehr gehört.

(Tim Aßmann, BR)
Vorgelegt wird jetzt der Schriftwechsel zu der Inkasso-Sache.
G: Vorhalt: "Wann mir Personalausweis abhanden kam, kann ich nicht sagen, zeigte es unverzüglich bei zuständigem Einwohnermeldeamt Chemnitz an."
H: Ja.
G: Vorhalt: "Ersatzdokument 99 erhalten"?
H: Ja. Dachte, es wäre 2000 gewesen, kann mich nicht mehr genau erinnern.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Unten aufgedruckt "Ute und Peter H."?
H: Das sind meine Eltern, ihr Fax, von dem ich das geschickt habe.

(Tim Aßmann, BR)
G: Kennen Sie Mandy St.?
H: Nur vom Hören, kein persönlicher Kontakt,
G: Nur vom Hören?
H: War halt auch im Umfeld dieser Skinheadgruppe "88". Bei den Treffen in den Gaststätten war sie sicher auch dabei.
G: Ja, kannten Sie sie vom Sehen?
H: Ja, vom Äußeren her sicherlich. Name sagt mir was, Bild hab ich nicht vor Augen, wird schon immer mit dabei gewesen sein, würde ich vermuten.
Götzl atmet laut aus.
G: Unter welchen Namen haben Sie sich E. vorgestellt?
H: Kannte ihn als André, erst durch den Kontakt zu Maik E. habe ich erfahren, dass sie Brüder sind.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Sagt Ihnen der Name Ralph J. etwas?
H: Hat mich BKA schon gefragt, konnte ich nicht erklären.
G: (verliest:) "Bei einem von André E. gefundenen Handy wurde Eintrag gefunden: Ralph J., dessen Nummer mit der von Ralph H. übereinstimmte."
Mehrfacher Nummernabgleich, der aber so schnell geht, dass es keiner mitschreiben kann.

(Tim Aßmann, BR)
G: Wie sahen Sie damals aus?
H: Brillenträger, dunkle Haare, sind jetzt leicht ergraut.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Können Sie sich erinnern, dass Sie von Carsten R. noch eine SMS bekommen haben? Halte Ihnen vor, dass Richter am 1.1.2012 eine SMS bekommen hat von Ralph H.
H: Könnte eine Rund-SMS gewesen sein.
G: "… dass all unsere jahrelangen Wünsche in Erfüllung gehen. Heil Euch!"
H: Werde ich bekommen haben und an alle im Telefonspeicher weitergesendet haben.
G: Aufgabe bei Konzerten von S.?
H: Nein, war immer nur Gast.

(Tim Aßmann, BR)
G: Vorhalt: S.: H. sei ihm gut bekannt, weil er öfter Security-Aufgaben übernommen habe.
H: Saalschutz haben eigene Leute von S. übernommen. Ich habe keine Security-Aufgaben übernommen. Das war maximal mal ein-, zweimal die Straße vor dem Objekt hoch- und runterfahren, um nach polizeilichen Aktivitäten zu schauen.

(Christoph Arnowski, BR)
G: Vorhalt aus Vernehmung von S.: "H. habe das Trio gekannt, weil er auf selber Wellenlänge schwamm, ging auf dieselben Demonstrationen, hielt Transparente auf Autobahnbrücken für gut."

(Tim Aßmann, BR)
H: Dazu kann ich nichts sagen. Ich war mal auf Demonstrationen, aber in keiner Partei-Organisation etc.
G: Rudolf-Heß-Aktionen?
H: Ich war einmal in Wunsiedel.

Mittagspause bis 13 Uhr.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 13.05 Uhr.

Götzl: Vorhalt Vernehmung von H. durch BKA: "Mir kam es damals so vor, als ob die zwei eine Wohnung suchten. Es war definitiv nicht so, dass die zwei auf der Flucht waren und ich sie aufnehmen sollte."
H: Ob jetzt Flucht oder Nicht-Flucht, war kein Thema.
G: Aufgrund welcher Umstände sagten Sie dann: "Es war definitiv nicht so, dass die zwei auf der Flucht waren"?
H: Kann ich Ihnen so nicht mehr wiedergeben.
G: Vorhalt aus Vernehmung von R.: "H. kam auf mich zu und sagte, dass er Leute hat, die auf der Flucht sind."
H: Ist falsch.
G: Vorhalt: "Haben es dann in der Gruppe besprochen."
H: Ist auch falsch.

RA Seda Basay (Nebenklage-Anwältin der Witwe des ermordeten Enver Simsek): Vorhalt: Mundlos 1994 lt. Polizeibericht dort angetroffen, wo Sie in Chemnitz gemeldet waren.
B: Hat sich Herr Mundlos 1994 in der Bruno-Gans-Str. 22, wo Sie gelebt haben, aufgehalten?
H: Weiß ich nicht. Ist mir nicht bekannt.
Ist ein großer Block. Elf Geschosse mit jeweils 33 Mietparteien.
B: Hatten Sie Spitznamen in der Szene?
H: Ist mir eigentlich nicht bekannt.
B: Haben gesagt, Ihnen ist jemand mit Spitzname "Dackel" bekannt. Thomas R.?
H: Weiß ich nicht.
B: Wann letzten Kontakt zu Maik E.?
H: Vielleicht vor sechs, sieben, acht Jahren.

RA Peer Stolle (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Als Geldbörse abhanden kam. Einkaufszentrum Chemnitz-Röhrsdorf. Ist das Zentrum auf der Wiese?
H: Kann man so sagen.
S: Wie hin gekommen?
H: Öffentlich.
S: Mit wem?
H: Alleine.
S: Warum?
H: Einkaufen.
S: Was?
H: Kann ich Ihnen nicht mehr sagen.
S: In welcher Situation fiel auf, das Geldbörse weg war?
H: Im Geschäft in käuflicher Situation.
S: Näher beschreiben!
H: Im Geschäft, wie ich prüfen wollte, wieviel Bargeld ich mit hatte.
S: Gaststätte am Vorabend?
H: Gartensportverein "Lebensfreude".
S: Also da, wo auch das zweite Gespräch mit S. war?
H: Das war über lange Zeit das Lokal, wo sich diese Kreise aufhielten.

Jetzt Vorlage Vernehmungsprotokoll H. beim BKA. Götzl ermahnt den Zeugenbeistand mehrfach, sich an seine Rolle zu halten und dem Zeugen nicht seinerseits Fragen zu stellen.

(Tim Aßmann, BR)
RA Mehmet Daimagüler (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen der ermordeten Ismail Yasar und Abdurrahim Özüdogru) beginnt Zeugen, mit den Namen aller Opfer zu konfrontieren, danach zu fragen und nach Verneinung des Zeugen jeweils zu ergänzen, dass die Person ermordet wurde. Verteidigung moniert. Götzl lässt Daimagüler zunächst fortfahren.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Olaf Klemke (Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben) beanstandet, dass Daimagüler jedes Mal hinterherschiebt, dass die Person ermordet wurde, das sei eine Frage für die Galerie.
Daimagüler: Ich stelle keine Fragen für die Galerie.

(Tim Aßmann, BR)
Daimagüler: Herr Vorsitzender, würden Sie bitte den Verteidiger Klemke anzuhalten, sich zu mäßigen!
Daimagüler: Ich mache hier Vorhalte und die sind zulässig.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl fordert zur Mäßigung auf.
Daimagüler macht so weiter.
Klemke: Das ist eine Unverschämtheit!
RA Wolfgang Stahl (Verteidigung Zschäpe): Beanstande auch, Fragen dienen nicht zur Sachaufklärung, dienen dazu, Morde zu benennen, die gar nicht Beweisthema seien.

(Tim Aßmann, BR)
(Teile der türkischen Diplomatendelegation sind noch auf der Tribüne. Daimagüler hatte sie am Vormittag dort hinauf begleitet.)

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: (an Daimagüler:) Sie machen keine Vorhalte, sondern geben Erklärung ab.
Daimagüler macht weiter und baut den Umstand der Ermordung in die Frage ein.
Stahl: Missbrauch des Fragerechts.
Klemke: Beanstande das ebenfalls, Missbrauch des Fragerechts.
Daimagüler: Ich habe eine Frage gestellt, ich wundere mich, dass Herr Klemke solche Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache hat.
Klemke: Werden Sie nicht frech! Ich erwarte, dass man miteinander respektvoll umgeht
Daimagüler: Das sagt der Richtige!
Götzl: Herr Daimagüler, mäßigen Sie sich, bleiben Sie sachlich!

Erregter Disput, der auf der Galerie Gelächter auslöst.
Klemke beantragt, dass die Äußerung, er sei der deutschen Sprache nicht mächtig, ins Protokoll aufgenommen wird.

(Tim Aßmann, BR)
Götzl fragt Herbert Diemer (Vertreter Bundesanwaltschaft) schließlich, ob er Stellung nehmen will.
Diemer: Wozu?
(Lachen.)
Götzl: Dazu, ob Daimagüler hier sein Fragerecht wahrnimmt.

(Christoph Arnowski, BR)
Diemer: Ich halte die Fragen nicht für zulässig, auch nicht, wenn Erklärung in Relativsatz gekleidet wird. Auch Protokollierung halte ich für zulässig.
Mehrere Nebenkläger halten die Fragen für zulässig.

(Tim Aßmann, BR)
RA Hardy Langer (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Turgut): Ich sehe nichts Unsachliches darin, wenn man die Namen mit Ereignissen verbindet, die bei Erinnerung helfen können.
RA Basay: Kann zur Vorbereitung weiterer Fragen dienen.
Götzl: Geht es darum oder um Demonstration?
Daimagüler: Je nachdem wie der Zeuge antwortet, ergeben sich weitere Fragen, aber ich finde schon erstaunlich, dass in einem Terrorverfahren die Namen der Opfer nicht genannt werden dürfen.

(Christoph Arnowski, BR)
Götzl: (erregt) Das müssen Sie mir schon erklären, wie Sie so vehement und heftig behaupten können, dass hier die Namen der Opfer nicht genannt werden dürfen.

(Tim Aßmann, BR)
Daimagüler: Beziehe mich klar auf die Verteidiger [Klemke und Stahl]. Weiß beim besten Willen nicht, wie sich der Senat angesprochen fühlen könnte.
Stahl: Es ist nicht so, dass die Namen nicht genannt werden dürfen. Uns das zu unterstellen, wenn wir beanstanden, dass Sie Fragerecht missbrauchen, kann man doch sachlich drüber reden, müssen Sie uns nicht unterstellen, dass wir subkutan die Opfer verhöhnen. Das verbitte ich mir.
RA Eberhard Reinecke (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße) und RA Sebastian Scharmer (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Kubasik) halten Fragen von Daimagüler für zulässig. RA Langer möchte, dass Klemkes Äußerung, Daimagüler missbrauche Fragerecht, protokolliert haben.
Klemke: Kollege verwechselt Ursache und Wirkung.

Götzl: Dann machen wir jetzt mal eine Pause. Vielleicht beruhigen sich dann ein bisschen die Gemüter.
Pause bis 14.15 Uhr.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 14.22 Uhr.
Götzl: Frage von Daimagüler konnte noch nicht abschließend gestellt werden, deshalb kann auch noch nicht abschließend darüber entschieden werden. Nun geht es erstmal um Protokollierung.
Zeuge H. und sein Zeugenbeistand müssen raus.

Götzl verliest nun den Zwist zwischen Klemke und Daimagüler, der auf Wunsch Klemkes protokolliert wird.
Götzl: Auszug: "Daimagüler fragte: Hat Rechtsanwalt Klemke Probleme mit der deutschen Sprache? Rechtsanwalt Klemke meinte darauf: Werden sie nicht frech."

Zeuge H. kommt wieder rein und muss wieder raus, weil Daimagüler das Protokoll moniert: "Ich weiß nicht, ob der Verteidiger Klemke Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache hat."
Daimagüler fordert seinerseits Protokollierung der Klemke-Aussage mit der "Galerie".
Klemke betont, das sei wiederum auf eine vorherige Frage gemünzt gewesen.
Vorschlag von RA Eberhard Reinecke (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Sämtliche Protokollierungsanträge zurücknehmen - im Sinne aller Beteiligten. So kommt es dann auch. Die Anträge werden nicht aufrecht erhalten.

Zeuge H. kommt wieder rein.
Daimagüler: Ist ihnen der im April 2006 in Dortmund ermordete Mehmet Kubasik bekannt?
H: Nein.
Klemke beanstandet: Fragerecht wird missbraucht, Erklärung in Form einer Frage gekleidet.

Zeuge muss wieder raus.
RA Stahl: Kann nicht erkennen, dass Sachdienlichkeit mit Beweisthema vorhanden ist. Halte Frage für unzulässig.
Klemke fordert Gerichtsbeschluss.
Stahl nimmt Beanstandung zurück, weil die ja dazu dienen sollte, dass es voran geht und es sei ja aufgrund der Anzahl der Opfer bekannt, wie viele Fragen dieser Art Daimagüler maximal noch stellen könne.
Daimagüler: Zeuge hat in Vernehmung angegeben, er habe sich intensiv mit den Taten beschäftigt. Darum geht es und deshalb sind diese Fragen nicht nur zulässig, sondern auch geboten.
Klemke weist darauf hin, dass Daimagüler dann Vorhalt machen müsste.
Daimagüler kündigt an, Frage umzustellen, also vorerst auch kein Beschluss.

Zeuge H. kommt wieder rein.
Daimagüler: Sind ihnen die Namen Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter bekannt?
H: Kiesewetter ist, glaube ich, die ermordete Polizistin.
D: Wie war in den 90er Jahren ihre Einstellung gegenüber türkischen Mitbewohnern?
Zeuge schweigt erstmal.
G: Frage verstanden?
H: Ja, überlege gerade nur, wie ich mich ausdrücke.
Wieder Schweigen.
H: Möchte ich nichts zu sagen.
RA Stahl: Der Zeuge hat gesagt, dass er rechts war / ist.
Wortmeldungen aus den Reihen der Nebenklage
Stahl beanstandet.
Zeuge soll raus.
Zeugenbeistand: Dazu muss ich jetzt aber schon mal sagen …
Götzl: Sie gehen jetzt bitte raus.
Zeugenbeistand will bleiben, Götzl lässt das zu, Zeuge geht allein raus.
Stahl: Fragen zur politischen Einstellung sind nur dann zu stellen, wenn sie zur Klärung des Sachverhaltes von Nöten sind und der Zeuge hat seine rechte Einstellung schon bekundet.
Daimagüler: Ist Staatsschutzverfahren, geht um Terror, Frage geboten, Rechts kann ein ziemlich inhaltsleerer Begriff sein.
Götzl: Ich halte die Frage auch für zulässig.

Zeuge wieder rein.
Frage wird wiederholt.
H: Ich hab sie halt nicht gemocht. Kannte weiter keinen so direkt, habe sie aber nicht gemocht.
D: Sie kannten damals keine Türken?
H: Ich selber nicht. Nein.
D: Wie war Haltung ihrer Freunde, Bekannte in der Szene zum Thema Türken ?
H: Kann ich so jetzt nicht für Andere sprechen.
D: Waren Türken Thema?
H: Nein.
Zeugenbeistand: Muss jetzt darauf hinweisen, dass alles was hier gesagt wird, in wenigen Tagen im Internet steht und darauf sollte man Rücksicht nehmen.
Klemke beanstandet Frage.
Zeuge muss raus.
Daimagüler: Fragen sind geeignet, Glaubwürdigkeit des Zeugen zu überprüfen. Reicht nicht, wenn er sagt: Ich war rechts.
RA Scharmer: Offensichtlich, dass Zeuge lügt und Frage ist: Aus welchem Motiv? Und da ist die Frage des Kollegen Daimagüler richtig.
Götzl: Denke, dass Frage zulässig ist.
Klemke hält Beanstandung aufrecht: Sehe nicht, was heutige Einstellung damit zu tun hat.

Pause bis 15.05 Uhr.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 15.08 Uhr.

Beschluss: Frage zulässig, dient zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen.

H: Türken als Volksgruppe interessieren mich nicht weiter und ich habe keine Meinung dazu.
Daimagüler: Und türkische Staatsbürger speziell? Der Einzelne?
Klemke beanstandet.
Götzl: Wenn sie nach Einzelnen fragen, ist schon die Frage, wer gemeint ist.
Daimagüler: Sind ihnen heute Türken bekannt?
H: Persönlich nicht. Nein.
D: Warum waren ihnen Türken früher nicht genehm und sind ihnen heute egal?
H: Liegt vielleicht an der Reife oder dem Alter.
D: Da sind sie einfach rausgewachsen?
H. Richtig.
D: Sagten, sie fühlten sich zum "Elitären" hingezogen?
H: Ja, sicherlich hat mir das gefallen bei der Bundeswehr, die Dienstzeit. Kameradschaftlicher Umgang, jeder ist gleich.
D: Was ist denn dann Elite? Wenn alle gleich sind?
H: Verstehe ich nicht.
D: Wiederhole sehr gerne. Es ergibt sich Widerspruch: gleich und elitär. Meine Frage: Wer ist denn dann die Elite?
H: Kann ich ihnen nicht beantworten.
D: Können Sie es in anderen Worten erklären?
H: Kameradschaftlichkeit unter Soldaten.
D: D. h., der Soldat ist die Elite.
H: Ja.
D: Wer gehört denn nicht zur Elite.
H: Damals?
D: Ja.
H: Die sogenannten Zivilisten.
D: Wie lange beim Bund?
H: Neun oder zehn Monate.
D: Gehörten also neun bis zehn Monate zur Elite und danach nicht mehr.
H: Können Sie so verstehen.
D: Was hat Ihnen ihr Anwalt in der Pause auf dem Gang erzählt.
RA Stahl beanstandet: Bei aller Geduld: Mandantenverhältnis ist geschützt.
Götzl: Wenn der Zeuge das beantworten will, ist das seine Sache.
Zeugenbeistand: Zeuge wird dazu nichts sagen.
RA Scharmer beanstandet diese Wortmeldung.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Scharmer und RA Stephan Kuhn (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße) beanstanden, dass Zeugenbeistand sich das Mikrofon rüberzieht, bevor der Zeuge antworten kann.
Götzl: Der Zeuge hat aber das Recht, sich mit dem Zeugenbeistand zu beraten, das muss ich jetzt auch mal sagen.
H: Ich möchte die Frage nicht beantworten.

(Tim Aßmann, BR)
Daimagüler. Was haben Sie mit Brauchtum gemeint?
H: Gewisse deutsche Bräuche zu pflegen.
D: Auch Mitglied geworden im Trachtenverein?
H: War rein private Einstellung von mir.
D: Hab ich verstanden.
RA Stahl beanstandet.
Götzl: Ich denke, der Punkt Brauchtum kann abgefragt werden.
D: Würde an dieser Stelle aufhören und dem Zeugen, trotz allem, danken.

RA Antonia von der Behrens (Nebenklage-Anwältin der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Wie war Erinnerungsvermögen, als Sie bei Polizei Verlust des Personalausweises meldeten?
H: Wird noch relativ frisch gewesen sein.
B: Vorhalt: Personalausweis ging mir bei C&A in Röhrsdorf verloren. Hier haben Sie heute zwei Versionen als möglich geschildert.
H: So wie ich das hier geschildert habe.
B: Dann waren die Angaben damals unrichtig?

(Christoph Arnowski, BR)
RA Behrens: Vorhalt aus polizeilicher Vernehmung: Im Februar 1999 ging mir in der Handelseinrichtung C&A mein PA verloren. Heute sagten Sie, dass Sie es dort bemerkt haben.
H: Dann ist das nicht richtig dokumentiert worden. War dann nicht vollständig.
B: Wie lange vorher war Ihnen der Vernehmungstermin mit BKA bekannt?
H: Vielleicht 3, 4 Wochen, muss ich raten.
B: War Inhalt bekannt?
H: Terroristische Vereinigung, die drei Namen, Verfahren konnte ich nicht einordnen, habe im Internet nachgeschaut, habe deshalb Rechtsanwalt K. mitgenommen, wusste, dass es eine große Sache sein muss.
B: Ich möchte wissen, haben Sie, als Sie das im Fernsehen gesehen haben, eine Verbindung zu Ihrer Person gesehen?
H: Nein.
B: Mit wem haben Sie denn politisch zusammengearbeitet?
H: War ein loser Haufen, gab keine Strukturen.
B: Mit wem waren Sie aktiv?
H: Weiß ich nicht mehr, kann ich nix zu sagen.
B: Wie hießen Ihre privaten Freunde zu der Zeit?
Einwand vom Rechtsbeistand, Götzl: Ist berechtigt.
Zeuge raus.
B: Hat in anderen Bereichen exakte Erinnerungen. Wir haben doch ein Problem, dass der Zeuge offensichtlich nicht die Wahrheit sagt.
Götzl: Ich halte Frage nicht für zulässig.

Zeuge wieder rein.
B: Haben Sie Probleme, sich an länger zurückliegende Sachverhalte und Personen zu erinnern?
H: Privater und politischer Freundeskreis hat sich halt vermischt, war nicht so extrem, da gab es schon 3, 4 Leute, wo man sich am Wochenende getroffen und vergnügt hat, man hat aber keine Flugblätter verteilt.
H: Heute bin ich gar nicht mehr aktiv, früher war ich aktiver, das habe ich mit Zahlenspiel (aus dem Vorhalt) gemeint.
B: Vorhalt aus Vernehmung: Ich weiß noch, dass Person aus Brandenburg für das Design der Flugblätter verantwortlich war, ich war nur in das Verteilen eingeteilt.
H: Das war Mitte 2000er-Jahre, 2005, 2006, das war aber auch nur ein, zwei Mal.
B: Sie haben gesagt, dass man sich 1998, 2000 mit zwei, drei Leuten getroffen hat. Wer war das?
Zeugenbeistand versucht, Frage als privat zu verhindern. Götzl hält die Frage für die zulässig.
H: Jörg E., Jörg S., meine Ex-Partnerin Susann J.
Götzl: Politisch?
H: War eng vermischt.
B: Sagen Ihnen die „Geklonten“ etwas?
H: Ja, habe ich gehört. Die Namen weiß ich nicht. Der Spitznamen sagen mir etwas.
B: Jörg und Kai R.?
H: Die Namen nicht.
B: Wenn ich Ihnen sage, dass einer Sänger in der Band "Blitzkrieg" ist?
H: Ja, vom Sehen, kann schlecht auseinanderhalten.
B: Jörg E.?
H: Ja, sagt mir etwas.
Götzl: Ich bitte, Bezug herzustellen.
B: Hat Herr E. mit Herrn S. zusammengearbeitet?
H: Weiß ich nicht.
B: Wurden Sie von Verfassungsschutz angesprochen?
H: Ja, einmal, von wem genau, weiß ich nicht. Ob ich Freunde ausspionieren konnte. Hat mich stark an DDR erinnert, hat mich sehr erschreckt, habe ich abgelehnt. War wohl 2000. Keine zweite Ansprache.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Scharmer: 19.4.2012, polizeiliche Vernehmung. Haben Sie diese am Ende selbst durchgelesen und unterzeichnet?
H: Ja, Mit RA K. und den zwei Kollegen des BKA.
S: Sie werden gefragt, ob es Kontakt zu den au der Presse Bekannten der Zwickauer Terrorzelle gab, und Sie sagen ja, zu dem, der nach Dresden ging, Thomas S. Gehörte S. zur Zwickauer Terrorzelle? Wie kommt er darauf? Zu einem Zeitpunkt, wo S. noch gar nicht bekannt war in den Medien.
Wieder Hin und Her um Zulässigkeit der Frage.
S: Können Sie uns erklären, wie Sie auf den Namen S. gekommen sind?
H: Eingangs hat mich BKA gefragt, ob ich den Namen S. kenne. Das habe ich bejaht,
S: Worauf stützen Sie die Angabe?
H: Ich habe den S. gekannt, mehr kann ich dazu nicht sagen.
S: Noch Erinnerung an das erste Telefonat, wo S. angerufen hat, Sie gebeten hat, ihn zu treffen?
H: Nein.

Nebenklägerin: Waren Sie auf Konzerten, die Herr S. organisiert hat?
H: Weiß ich nicht mehr, weiß auch nicht, ob ich Eintritt bezahlt habe.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Kuhn: Sie haben gesagt, dass Sie Kontakt mit Personen aus dem Nationalen Spektrum hatten, die mit diesem aktuellen Verfahren zu tun haben könnten.
H: Ja, Thomas S.
K: Wer noch?
H: Allgemein, man hatte damals viele Bekannte.
Es dreht sich im Kreis, Zeuge extrem vorsichtig, lässt sich nicht aufs Glatteis führen, im Zweifel kann er sich nicht erinnern oder hat keine Erklärung dafür, dass er beispielsweise vom Trio in der Wohnung von B. "SS-Ralle" genannt werden soll.

(Tim Aßmann, BR)
RA Kuhn: Wurden Sie mal "SS-Ralle" genannt?
H: Habe ich, glaub ich, einmal gehört. Gehört habe ich das schon mal. Weiß nicht mehr, von wem. Ist abends in Gaststätte gefallen.
K: Vorhalt: Vernehmung B.: "Kam vor, dass sich Trio in meiner Wohnung über Bekannte unterhielt, auch über SS-Ralle, lachten über ihn." - Was können Sie dazu sagen?
H: Kann ich jetzt keinen Zusammenhang erstellen.
K: Der könnte sein, dass Sie sich kennen.
H: Sagt mir nichts. Kenne auch keinen Herrn B.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Carsten Ilius (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Kubasik): Waren Sie mal Mitglied im "Heimatschutz Chemnitz e.V."?
H: Ja, ich war Schriftführer, war gemeinnütziger Verein.

(Tim Aßmann, BR)
RA Ilius: Keine Neonazi-Vereinigung?
H: Haben Hochwasser-Opfern geholfen und Kinderfeste gemacht.
I: Vorhalt: Erkenntnisliste Verfassungsschutz Sachsen: "H. war Vereinsmitglied des rechtsextremistischen Heimatschutz Chemnitz e.V."
Frage wird moniert, Ilius zieht zurück.

(Christoph Arnowski, BR)
RA Ilius: Vorhalt aus einem Buch: Ralph H. war Mitglied der Nationalsozialisten Chemnitz. Bestanden Kontakte zu den Nationalsozialisten Chemnitz?
H: Ja, ich war als Gast des öfteren anwesend.
RA Stahl beanstandet: Wir schweifen ab.
Götzl schließt sich an, hat keinen Zusammenhang mit Inhalt der Beweisanträge.
RA Stahl: Die Fragen stellen sich, aber sie gehören nicht hierher, sonst liegt es in der Hand der Nebenklage, den Prozessstoff ins Unendliche auszuweiten.
I: Wir sind ständig mit Nazi-Zeugen konfrontiert, die schweigen und lügen, und die im Umfeld von 500 Metern von zwei Wohnungen des Trios lebten und die möglichweise wussten, wie das Abtauchen zustande kam.

(Tim Aßmann, BR)
RA Ilius will nun rechtes Umfeld des Zeugen weiter abfragen, Stahl beanstandet und verweist auch auf andauernde U-Haft seiner Mandantin.
Ilius verweist darauf, wie viel in der Chemnitzer Szene verschwiegen wurde und dass hier noch viel Potenzial für die Aufklärung liegen könnte.
Zeugenbeistand: Muss meinem Mandanten empfehlen auf alle Fragen, die Zeitraum nach 2001 betreffen, nicht zu antworten.

RA Daimagüler: Antrag: Zeugenbeistand darauf hinweisen, dass er sich hier nicht so verhalten kann.
Götzl: Genauer beschreiben.
D: Er kann hier keine Erklärungen abgeben.
G: Gestatten könnte ich ihm das.
D: Das würde ich beanstanden.
Ilius nimmt von weiteren Fragen Abstand.

(Christoph Arnowski, BR)
Nebenklage-Anwalt: Wann haben Sie Maik E. kennengelernt?
H: 2006, 2007, 2008? Mehr kann ich nicht sagen.
NK: Keine Namen gefallen, gab es irgendwelche anderen Angaben, wer die beiden Personen gewesen sein könnten?
H: Nein.

RA Sascha Prosotowitz (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Theodoros Boulgarides): Warum haben Sie laut Einwohnermeldeamt erst 2004 neuen Personalausweis beantragt? Verlust war doch 1999.
H. Das kann nicht sein.
Allgemeine Verwirrung, woher der Vorhalt kommt.
P: Herr H. noch mal?
H: Ich habe umgehend neuen Ausweis beantragt. Weil ich neuen gebraucht habe.

RA Yavuz Narin (Nebenklage-Anwalt Boulgarides): Können Sie sagen, wo Sie bei der Bundeswehr gedient haben?
H: In Hammelburg, war Hauptgefreiter, es gab Panzerpioniere und Jäger. Mit André E. habe ich nicht gesprochen.
N: Haben Sie an Spontandemo teilgenommen, die von Ralf Wohlleben in Altenburg angemeldet wurde?
H: Weiß ich nicht, doch, an dieser Demo habe ich teilgenommen, aber dass sie von Herrn Wohlleben angemeldet wurde, weiß ich nicht.

Es dreht sich weiter im Kreis, immer neue Vorhalte, aber kein inhaltlicher Fortschritt, dass der Zeuge kaum die Wahrheit sagt, glauben sowieso alle.
Zeuge wird unvereidigt entlassen.

Ende 17.10 Uhr.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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