NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 195. Verhandlungstag, 25.3.2015

Mit den Raubüberfällen, die der Terrorzelle zur Last gelegt werden, beginnt das Gericht den letzten großen Komplex in der Beweisaufnahme. Insgesamt 15 Überfälle soll die Gruppe begangen haben. Im Zentrum des heutigen Verhandlungstages steht der Überfall auf eine Sparkasse im thüringischen Arnstadt am 7. September 2011. Bisher wurde lediglich der letzte Überfall, am 4. November 2011 in Eisenach, im Prozess behandelt.

Von: Ayca Tolun, Eva Frisch, Tim Aßmann

Stand: 25.03.2015 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Der Überfall auf die Sparkasse in Arnstadt wurde vermutlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt verübt. Die beiden Täter erbeuteten 15.000 Euro aus der Kasse der Bank, der Tresor war zeitschlossgesichert und konnte nicht geöffnet werden. Zunächst wird heute der damalige Filialleiter angehört, der den Überfall als dilettantisch empfunden hat. Die beiden Täter hätten sich angeschrien und sich sehr hektisch verhalten. Drei weitere Bankangestellte schildern den Überfall aus ihrer Sicht. Eine der drei konnte fliehen. Eine weitere wurde gezwungen, die Kasse zu öffnen, eine dritte wurde von einem der Täter durch Schläge mit einem Telefon schwer verletzt und traumatisiert. Anschließend erläutert eine Zeugin, wie sie an einen Holger G. - vermutlich Böhnhardt, der diesen Decknamen benutzte - ein Wohnmobil vermietete. In dieses Wohnmobil flüchteten sich die Täter nach dem Überfall. Zum Schluss sagen zwei Kriminalbeamte zu den Ermittlungen aus.

Zeugen:

  • Oswald A. (Banküberfall Arnstadt am 07.09.2011)
  • Gundula F. (Banküberfall Arnstadt)
  • Sabine K. (Banküberfall Arnstadt)
  • Karin L. (Banküberfall Arnstadt)
  • Silke B. (Banküberfall Arnstadt, Wohnmobilanmietung)
  • Mario W., Kriminaloberkommissar (Banküberfall Arnstadt)
  • Stefanus E., Kriminalhauptkommissar (Banküberfall Arnstadt)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Tim Aßmann, BR)
10.30 Uhr.
Zuschauertribüne gut gefüllt, aber nicht voll. Es sind viele jüngere Zuschauer da, insgesamt nur wenige Medienvertreter.

Zeuge Oswald A., 57 Jahre alt, Sparkassenangestellter, wohnhaft in Ilmenau.
Richter Manfred Götzl: Geht um Überfall auf Sparkasse Arnstadt am 7. September 2011. Erzählen Sie doch bitte mal!

(Eva Frisch, BR)
10.45 Uhr.
A: Unfreundlicher Tag [meint das Wetter]. Das war ein Mittwoch. Kurz nach der Öffnung so um 10 Minuten vor 9 fand der Überfall statt. Ich befand mich etwas abseits, ich hatte aber einen Einblick in den Service-Bereich. Ich hörte, wie die Täter riefen: "Überfall, hinlegen". Instinktiv habe ich den Alarmknopf gedrückt. Ich habe überlegt, wie ich meinen Kollegen helfen könnte.

(Tim Aßmann, BR)
A: Habe gedacht, die sehen mich nicht und mich in Nische zurückgezogen. Habe Täter gehört: "Aufmachen. Wer hat den Schlüssel?" Antwort: "Der Zweigstellenleiter". Daraufhin setzte sich einer der Täter in Richtung meines Büros in Bewegung.

(Eva Frisch, BR)
A: Die betraten mein Büro. Sahen mich aber nicht. Die hielten meiner Kollegin eine Waffe an den Kopf. Was mir da durch den Kopf ging.

(Tim Aßmann, BR)
A: Man ist ja dann wütend und würde sich gerne zur Wehr setzen, aber er hat der Kollegin die Pistole an den Kopf gehalten.

(Eva Frisch, BR)
A: Wir gingen dann in den Tresorraum. Der Täter schrie. Ich habe gesagt, dass er sich beruhigen solle, denn der Tresor sei zeitgesichert. Dann drohte er, mich zu erschießen. Dann habe ich ihn angeblafft, dass er das schon tun könne, aber dann gehe der Tresor nicht auf. Ich habe den Code eingegeben.

(Tim Aßmann, BR)
A: Habe gesagt, es dauert nach Eingabe des Codes noch ca. zehn Minuten, bis die Sicherheitstür aufgeht. Habe gesagt, wenn er mich erschießt, bleibt der Tresor sowieso zu. Ich könne nicht zaubern, er müsse warten, habe mich umgedreht und als ich wieder schaute, war der Täter verschwunden.

A: Bin nach vorne, Kollegin lag mit klaffender Kopfwunde am Boden, war erschreckender Anblick, habe mich um sie gekümmert. Habe dann gemerkt, dass eine Kollegin fehlte, sie war oben bei den Ärzten, sie hatte Gelegenheit genutzt und war durch den Personalausgang geflohen.

(Eva Frisch, BR)
A: Das war die Kollegin, der der Täter die Waffe an den Kopf gehalten hatte. Die Kollegin rief dann nochmal die Polizei. Sie konnte flüchten durch den Personaleingang. Ca. nach 20 Minuten kam die Polizei.

(Tim Aßmann, BR)
A: Zwischenzeitlich kamen Sanitäter, die die verletzte Kollegin mitgenommen haben. Ja das war's so ungefähr.

(Eva Frisch, BR)
G: Wer war wo zur Zeit des Überfalls?
A: In der Kassenbox war die Kollegin K. Vor dieser Kassenbox stand ein Täter. Das war ein Linkshänder. Das ist mir sofort aufgefallen. Der hatte einen Revolver mit einer Trommel. Ich war bei der Bundeswehr. Der zweite Täter hatte zwei Pistolen. Der Täter hatte wohl eine Kollegin, gleich als er "Hinlegen!" schrie, mit einem herausgerissenen Telefon mehrmals auf den Kopf geschlagen. Das war die Kollegin F. Sie war mit einer anderen Kollegin im Servicebereich. Frau F. leidet heute noch unter den Folgen des Überfalls.
G: Was heißt das?
A: Sie war in psychologischer Betreuung. Trotzdem leidet sie heute noch. Sie ist heute in der Sachbearbeitung. Und darüber ist sie jetzt sehr froh. Für sie war das abgeschlossen. Sie wollte darüber eigentlich nicht sprechen. Sie kann ohne Ängste so eine Geschäftsstelle nicht mehr betreten. Als ich sie gefunden habe, war das ein schrecklicher Anblick. Das war eine ganz klaffende Wunde. Da schaute die Unterhaut ganz weiß hervor. Das war für mich ein schrecklicher Anblick. Die Kollegin K. hat die Kassenbox geöffnet, weil sie Angst um die Kollegin hatte. Zunächst hatte sie sich noch geduckt und dachte sie sei da sicher. Aber dann hat sie doch geöffnet und das Geld ausgehändigt.
Und das muss ich noch erzählen: Über den Überfall war ich irritiert, weil ich dachte, das sind Dilettanten. Die haben die Kollegen nicht zusammengehalten. Die haben rumgeschrien. Eine Kollegin konnte flüchten. Wir hatten Schilder, dass der Tresor zeitschlossgesichert ist. Im Nachgang dachte ich, dass es denen egal war. Die haben nur rumgeschrien. Das war eine ganz hektische Sache.

G: Können Sie uns zur Zeitsicherung des Tresors noch was sagen?
A: Eine Kollegin kam zu mir ins Büro und dann gingen wir durch den Sozialgang. Ich sagte dem Täter, dass er ruhig bleiben soll, dass wir alles machen, was er sagt. Ich musste noch einmal zurückgehen, um die Kombination für den Tresor zu holen. Die Frau K. war dann plötzlich da im Tresorraum. Wie sie dahingekommen ist und warum, weiß ich nicht. Ich sehe das vor mir, als ob ich neben mir stehe. Dann wollte ich die Kombi eingeben. Ich drehte mich um und dann war der Täter weg.
G: Erklären Sie die Sache mit dem Tresor.
A: Ich hatte die Kombination für die Tresorschlüsselbox nur an diesem Tag in Vertretung. Die Frau K. hatte den Schlüssel für den Haupttresor. Dort schließt man die Kasseneinnahmen ein. Der Schlüssel wird dann auch wieder eingeschlossen in der Schlüsselbox. Ich hatte die Kombination für diese Schlüsselbox und die ist zeitschlossgesichert.

G: Wie geht's Ihnen nach dem Überfall?
A: Ich habe das Ganze ganz gut vertragen. Das meiste, was mir heute noch zu schaffen macht ist, dass eine Kollegin verletzt wurde. Und dass man Angst hat, hilflos und wütend. Das macht mir bis heute zu schaffen. Hätte ich mich nicht zur Wehr setzen müssen? Ich hätte den Täter doch niederschlagen können.
G: Wie geht's Frau L.?
A: Sie konnte ja recht früh fliehen. Sie hat das Ganze ganz gut verarbeitet. Die Frau K. auch. Aber sie hat Angst vor einem großen Publikum aufzutreten. Außer der Frau F. haben das alle ganz gut verarbeitet.

G: Mich interessieren noch Details zu den Tätern.
A: Sie hatten Kapuzenjacken und die Kapuzen über dem Kopf und sie hatten Masken auf. Sie hatten Turnschuhe an. Es waren schlanke, mittelgroße, drahtige Figuren. Ich habe die Mitte 20 geschätzt. So wegen der Stimme. Ich bin draußen dann auf Passanten gestoßen und die haben dann erzählt, dass die Täter auf Fahrrädern geflohen sind.
G: Wie wurde Überwachungskamera eingeschaltet?
A: Als ich den Alarmknopfgedrückt hatte.
G: Videos?
A: Ich denke, alle paar Sekunden ein Standbild.
G: Der Täter mit den beiden Waffen war mit Ihnen im Tresorraum?
A: Ja. Er hatte Pistolen.
G: Erzählen Sie mir was zu den Waffen!
A: Der Täter, der die Waffen auf meine Kollegin gerichtet hatte, den habe ich bei mir im Büro ganz vorsichtig angesprochen. Ich hatte Angst, dass er die Kollegin erschießt. Im Tresorraum hat der die ganze Zeit die Waffe auf meinen Kopf gerichtet.
G: Wie weit war er weg von Ihnen?
A: Zwei Schritte.

(Tim Aßmann, BR)
Der Zeuge kommt zur Lichtbildvorlage an den Richtertisch, erklärt zunächst anhand von Fotos die Örtlichkeiten. Neben dem Sparkassengebäude ist ein großer Parkplatz mit einem Einkaufsmarkt. Im Gebäude der Filiale sind oben Arztpraxen, an der Tür der Sparkasse ist ein Aufkleber mit einem Hinweis auf das Tresor-Zeitschloss. Der Zeuge erklärt nun die Räume in der Filiale, vorne Kundenbereich, mit einer Kassenbox, weiter hinten das Büro des Filialleiters, unter der Tischplatte ist der Alarmknopf.

(Eva Frisch, BR)
A: Hier ist der Arbeitsplatz von Frau F. Die lag dann am Boden in einer Blutlache. Da ist noch der Blutfleck. Da ist mein Büro, das mit Glasscheiben abgesichert war. Da den Gang hinunter geht es zum Tresorraum.
Weiteres Bild: Das war mein Büro. Ich saß an meinem PC. Als das Geschrei losging, habe ich sofort den Alarmknopf gedrückt.
Weitere Bilder: Da ist der Haupttresor und da ist der Schlüsseltresor. Der ist mit einer Kombination gesichert. Die ist zeitschlossgesichert.

G: Gibt es Fragen an Herrn A.?
RA Bernd Max Behnke (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Turgut): Haben Sie irgendeinen Dialekt wahrgenommen?
A: Nein.

RA Michael Kaiser (Verteidigung des Angeklagten André E.): Beanstandet die Frage. Nebenkläger sei nicht frageberechtigt.
Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten (Vertreter Bundesanwaltschaft): Es hängt in diesem Verfahren alles mit allem zusammen. Deshalb sind die Nebenkläger auch frageberechtigt.
K: Kein Nebenkläger hat sich angeschlossen (der Anklage) wegen der Banküberfälle. Außerdem gilt der Beschleunigungsgrundsatz. Dadurch grenzt sich der Kreis der potenziellen Fragesteller deutlich ein.
B: Meine Frage ist beantwortet. Vielen Dank.
G: Es können auch Fragen beanstandet werden, die schon beantwortet sind. Die Frage war wichtig. Zur Not stelle ich sie auch noch mal.

(Tim Aßmann, BR)
RA Eberhard Reinecke (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Glaube, Fragerecht ist uneingeschränkt und nicht nur mit Blick auf die Delikte gerichtet. Schon wegen Täterschaft Zschäpe sind sämtliche Fragen auch von der Nebenklage zulässig.

(Eva Frisch, BR)
RA Wolfgang Heer (Verteidigung Zschäpe): So funktioniert die Argumentation nicht. Sie zäumen das Pferd von hinten auf. Beanstandung wird aufrecht erhalten.

Verhandlung unterbrochen. Fortsetzung um 10.45 Uhr.

(Ayca Tolun, WDR)
Derweil Zschäpe eher desinteressiert und auf ihren Bildschirm starrend. Auch andere Angeklagte wirken eher desinteressiert.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 11 Uhr.
Beschluss des Gerichts: Frage zulässig, kann im Rahmen der Beweiswürdigung des Nebenklagedelikts an Bedeutung gewinnen. Das gilt auch dann, wenn es um eine Tat geht, bei der sich der Nebenkläger nicht angeschlossen haben.

(Eva Frisch, BR)
11.55 Uhr.
Behnke: Können Sie sagen, wie groß die Täter waren?
A: Kleiner als ich. So ca. 10 Zentimeter kleiner.

Zeuge wird entlassen.

Zeugin Gundula F., 45 Jahre alt, Sparkassenangestellte, Arnstadt.

G: Berichten Sie uns, was sich beim Überfall am 7. September 2011 zugetragen hat!

(Tim Aßmann, BR)
F: Haben ganz normal halb neun geöffnet. Gegen viertel vor neun sind zwei maskierte Männer in die Geschäftsstelle gestürmt, haben "Überfall" geschrien, musste mich auf den Boden legen, ein Täter mit Kollegin nach hinten, der andere wollte in Kasse, als Kollegin dort die nicht gleich aufmachte, kam er herum und hat mit der Telefonanlage auf mich eingeschlagen. Von da an weiß ich nicht mehr so genau.
G: Wie sahen Männer aus?
F: Schlank, sportlich, vom Gesicht konnte man nichts erkennen.

(Eva Frisch, BR)
G: Können Sie etwas zu Waffen sagen?
F: Sie hatten Pistolen. Aber ich kann nicht genau sagen, welche und ob ein oder zwei.
G: Ein Täter ist mit Ihrer Kollegin nach hinten gegangen?
F: Ja. Einer der Täter ist mit der Frau L. nach hinten gegangen, Richtung Tresorraum.
G: Wo saßen Sie?
F: An meinem Arbeitsplatz.
G: Wer hat die Kasse gemacht?
F: Die Frau K. an diesem Tag.
G: Können Sie die beiden Täter unterscheiden?
F: Zur Größe kann ich gar nichts sagen.
G: Wie oft hat der Täter auf Sie eingeschlagen?
F: Bestimmt 5 bis 6 Mal. Er hat mit ziemlicher Kraft auf mich eingeschlagen. Ich hatte eine Platzwunde und die Arme waren dick und blau.
G: Haben Sie versucht, die Schläge abzuwehren?
F: Ja, aber das habe ich nicht ausreichend geschafft.
G: Haben Sie etwas mitbekommen, als Ihre Kollegin nach hinten gegangen ist?
F: Davon hab ich wenig mitbekommen.
G. Wer hat sich um Sie gekümmert?
F: Als die Täter weg waren, haben die Kollegen den Notarzt gerufen. Die Platzwunde wurde genäht und ich war zwei Tage im Krankenhaus und noch Monate in psychologischer Betreuung.
G: Wie lange hat es gedauert, bis die Platzwunde verheilt war und Ihre Arme?
F: 4 bis 6 Wochen.
G: Sonstige Folgen?
F: Ich konnte lange keine Geschäftsstelle betreten. Auch heute, wenn ich daran denke, dann geht es mir richtig schlecht. Ich bin sehr dankbar, dass ich intern arbeiten kann. Durch die Verhandlung heute ist wieder alles hochgekommen.
G: Sie können keine Geschäftsstelle mehr betreten, sonstige Folgen?
F: Am Anfang konnte ich das Haus nicht mehr verlassen. Das musste ich mit einer Psychologin erst wieder Stück für Stück lernen. Also einkaufen oder spazieren gehen.
G: Haben beide Täter Waffen getragen?
F: Ich denke schon, aber ich bin mir nicht 100 Prozent sicher.
G: Haben Sie einen Dialekt wahrnehmen können?
F: Nicht bewusst anders, als bei uns gesprochen wird. Ich hatte nicht das Gefühl, dass anders gesprochen wurde als bei uns in Thüringen.

Oberstaatsanwalt Weingarten: Warum hat der Täter Sie geschlagen?
F: Ich denke, weil die Frau K. nicht gleich die Kasse geöffnet hat.
W: Gab es eine Kommunikation zwischen Ihnen und dem Täter?
F: Nein, überhaupt nicht.

Zeugin wird entlassen.

Zeugin Sabine K., 47 Jahre alt, Sparkassenangestellte, Arnstadt.
G: Überfall auf die Sparkasse am 7. September 2011. Schildern Sie mir den Vorfall!
K: Wir hatten keine Kunden. Ich war in der Kasse. Meine beiden Kolleginnen waren am Nebenschalter. Um 8.45 Uhr kamen zwei maskierte Männer rein. Die riefen "Überfall", der Tresor sollte geöffnet werden. Der kleinere Täter ging zu beiden Mitarbeiterinnen. Er sagte, dass sie den Tresor öffnen sollen. Der andere Täter stand bei mir vor der Kasse. Meine Kollegin sagte, dass sie den Schlüssel nicht habe, nur der Chef. Dann sind die beiden nach hinten gegangen. Der andere Täter bedrohte mich und sagte, ich solle die Kasse aufmachen. Hab ich aber nicht gemacht. Wir sollten uns hinlegen. Ich kniete mich hin und drückte den Alarmknopf. Plötzlich hörte ich Schreie. Und dann bin ich wieder nach oben. Dann sah ich den Täter bei Frau F. Er hielt den Hörer nach oben und sagte, dass ich die Türe aufmachen sollte oder meine Kollegin bekommt das auf den Kopf. Dann kam er zu mir. Ich hab die Tür aufgemacht und dann wieder zu. Es war nur noch die Türe zwischen uns. Er sagte dann, wenn ich das nicht mache, dann fliegen wir alle in die Luft. Er hatte etwas in der Hand. Da machte ich sofort auf. Der Täter nahm das Geld.

(Tim Aßmann, BR)
K: Herr A. rief von hinten, wir müssten Tresor aufmachen. Dann kam er zurück und hat das nochmal gesagt. Habe ich gesagt, kein Problem, dann machen wir eben auf. Ich war ziemlich wütend, bin in einem Affenzahn den Gang runter, in den Tresorraum, aufgeschlossen, bin rein und hinter mir fiel die Tür zu, jedenfalls war ich alleine drin. Hab den Tresorschlüssel in die Box geworfen. Dann habe ich Tür aufgemacht.

(Eva Frisch, BR)
K: Plötzlich waren die Täter weg. Dann sind wir nach vorne gegangen. Frau K. saß blutend am Boden. Frau L. war weg. Dann haben wir die Polizei und einen Krankenwagen gerufen.

G: Können Sie zur Bewaffnung etwas sagen?
K: Ich hab das anfangs nicht gesehen. Er hatte eine Waffe in der Hand. Ich kann nichts genaues sagen. Es war kein Gewehr.
G: Was hatte er sonst noch dabei?
K: Als er direkt vor mir stand und sagte: "Wir fliegen gleich alle in die Luft", sah ich, dass er etwas in der Hand hatte. Kannte ich aus der Schule. Granate?

(Tim Aßmann, BR)
K: Haben damals in der DDR Handgranatenwurf geübt. Das Ding sah so aus.

(Eva Frisch, BR)
G: Die Folgen für Sie?
K: Ich war damals Springer. 5 Wochen danach habe ich wieder gearbeitet.
G: Mussten Sie sich in Behandlung begeben?
K: Wir hatten ein psychologisches Gespräch und dann noch mal eins mit der Psychologin von Frau F. Das war ok.
G: Hatten Sie sonst Probleme?
K: Ich arbeite immer noch als Springerin. Auch später wieder in dieser Geschäftsstelle.
G: Können Sie was zu den Tätern sagen?
K: Sie waren sportlich. Der eine war einen Kopf kleiner als Herr A. Das habe ich im Tresorraum gesehen. Aber genau habe ich nicht hingeschaut.
G: Bekleidung?
K: Schwarze Jogginghose. Maske. Aber keine Details.
G: Sind Sie vernommen worden?
K: Ja.
G: Vorhalt: "Es war eine silberne Waffe mit so einer Trommel. So eine wie wir sie als Kinder hatten. Vielleicht war das gar keine echte."
K: Ja, das stimmt. Am Anfang dachte ich, das ist ein Scherz.
G: Können Sie was zur Sprache sagen?
K: Ja, so wie wir in Arnstadt. Also nicht aus Bayern oder was anderes.
G: Vorhalt: "Akzentfreies Deutsch"?
K: Stimmt.
G: "Beige, graue Kapuzenjacke. Kapuze über der Maske. Auf der Jacke war ein Emblem."
K: Ja, ich weiß nicht. Vielleicht habe ich die Tasche gemeint.
G: Können Sie aus der Erinnerung noch etwas ergänzen?
K: Nein.
G: Vorhalt: "Zur Hose kann ich nicht viel sagen."
K: Genau. Aber aus der Erinnerung war die Hose zu kurz.
G: Vorhalt: "Unter der Maske konnte ich die Augen und den braunen Teint sehen."
K: Ich weiß nicht. Es war kein blasses Gesicht.

(Tim Aßmann, BR)
RA Hardy Langer (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen von Turgut): Wo hat der Täter das Geld hingesteckt?
K: Entweder Plastiktüte oder Rucksack, er hatte auf jeden Fall schwarze Handschuhe an, also in der Hand hatte er nicht irgendwie eine Tüte oder so.

Zeugin entlassen.

(Ayca Tolun, WDR)
Angeklagter Carsten S. hört jetzt sehr interessiert zu. Holger G., André E., Wohlleben und Zschäpe weniger. Ihr Laptop ist offen. Sie sitzt fast die ganze Zeit regungslos und starrt ihren Bildschirm an.

(Eva Frisch, BR)
Zeugin Karin L., 49 Jahre, Sparkassenkauffrau, Arnstadt.
Götzl: Erzählen Sie von dem Überfall.
L: Es kamen zwei Täter in die Sparkasse und schrien "Überfall". Ich bin dann mit den Tätern nach hinten zum Chef mit erhobenen Händen. Die Täter haben sich dann mehr für meinen Chef interessiert als für mich. Und diese Gelegenheit konnte ich nützen und flüchten.
G: Wie schnell ging das?
L: Das ging sehr schnell. Kurz nach der Öffnung rannten die beiden rein und schrien "Überfall".
G: Wer kam zu Ihnen?
L: Einer kam zu mir und sagte: "Tresor aufmachen!". Ich sagte: "Ich habe keinen Schlüssel, sondern nur der Chef." Der mit den beiden Pistolen ist mit mir nach hinten gegangen.
G: Die beiden Personen, können Sie die beschreiben?
L: Sie waren maskiert. Schlank. Sonst kann ich nichts sagen.
G: Können Sie zu den Masken was sagen?
L: Gruselmasken, wie zu Halloween.
G: Können Sie was zu den Waffen sagen?
L: Ich habe die Waffen nicht wirklich gesehen, ich bin ja vorne weggelaufen.
G: Sie sagten zwei Waffen?
L: Als er reinkam, habe ich gesehen, dass er zwei Waffen hatte.
G: Sie sagten, Sie hätten ihn zum Chef geführt. Das war der Herr A.?
L: Ja. Dann sind sie Richtung Tresorraum gegangen und ich konnte den Moment nützen und habe die Tür aufgerissen und die hat ins Freie geführt.
G: Was hat der Täter mit Herrn A. gesprochen?
L: Er soll den Tresor aufmachen.
G: Als Sie ins Freie geflüchtet sind, haben Sie von den Kolleginnen noch etwas mitbekommen?
L: Nein, gar nicht.
G: Haben Sie etwas zum Thema Tresor gesagt?
L: Ich sagte, ich hätte keinen Schlüssel, sondern der Chef. Dann sind wir zum Chef gegangen.
G: Wie waren die Folgen für Sie?
L: Nichts weiter. Ich war eine Woche zuhause, damit ich wieder klar denken konnte.
G: Waren Sie in Behandlung?
L: Nein.
G: Können Sie zur Sprache etwas sagen?
L: Für uns hat es sich normal angehört. So wie wir eben sprechen. Also nicht ausländisch oder aus einem anderen Bundesland.
G: Wohin sind Sie gelaufen?
L: Drüber war eine Arztpraxis und da bin ich hin. Da hab ich die Polizei angerufen, den Chef angerufen, den Notarzt. Da bin ich dann geblieben bis alles vorbei war.
G: Sind Sie vernommen worden?
L: Ja.
G: Vorhalt: "Mann trug in jeder Hand eine schwarze Pistole mit etwas silbernem dran."
L: Genau.
G: Können Sie sich daran erinnern, ob der Täter Handschuhe trug?
L: Nein.
G: Vorhalt: "Der Täter, der vor dem Kassenhäuschen stand, hatte auch eine Pistole in der Hand."
L: Kann mich nicht erinnern.

Weingarten: Haben Sie im Büro von Herrn A. die Waffen wahrgenommen?
L: Nein.
W: Haben Sie an Ihrem Körper etwas gefühlt?
L: Nein.

Zeugin wird entlassen, Sitzung wird unterbrochen, Mittagspause bis 13 Uhr.

(Eva Frisch, BR)
14.05 Uhr.
Verhandlung wird fortgesetzt.
Zeugin Silke B., 46 Jahre alt, arbeitet in der Wohnmobilvermietung ihres Mannes.
Götzl: Es geht um eine Wohnmobilanmietung.
B: Das Wohnmobil hat ein junger Mann angemietet, der sich als Holger G. vorstellte. Er hat das Fahrzeug selbst abgegeben.
G: Können Sie den Mann beschreiben?
B: Groß, schlank, sehr kurz geschnittene Haare. Er hatte schon mal ein Auto angemietet und ich erinnerte mich an ihn. Er hatte damals sein Fahrrad illegal auf unserem Hof abgestellt. Wir haben ihn darauf hingewiesen, dass er das Fahrrad entfernen muss.
G: Wie oft kam er vorbei?
B: Er kam dreimal. Hat den Mietvertrag unterschrieben und bar bezahlt. Er hatte sehr kurzfristig angerufen. Dann hat er es alleine abgeholt und zurückgegeben.
G: Haben Sie sich Ausweise zeigen lassen?
B: Bei der Anmietung lasse ich mir Personalausweis und Führerschein zeigen. 2011 hat er einen Reisepass dabei gehabt.
G: Wissen Sie, wofür das Wohnmobil war?
B: Ich versuche, die Kunden immer in ein kurzes Gespräch zu verwickeln, um die Zeit zu überbrücken. Aber er war zurückhaltend. Da habe ich nicht weiter gefragt. Ich weiß nicht, wofür das Wohnmobil war.
G: Wissen Sie, ob der Mann eine Brille trug?
B: Das kann ich nicht mehr hundertprozentig sagen.
G: Wie ist er zu Ihnen gekommen?
B: Das erste Mal weiß ich es nicht. Bei der Rückgabe ist er mit dem Fahrrad nach Hause gefahren.
G: Waren Sie immer der Ansprechpartner?
B: Ich schreibe immer die Mietverträge und gebe die Kaution raus. Ich war also immer der Ansprechpartner.
G: Muss der Kunde den Mietvertrag selbst ausfüllen?
B: Nicht ausfüllen, sondern nur unterschreiben.

G. bittet die Zeugin, auf dem Mietvertrag aufzuzeigen, wer was geschrieben hat. Unten rechts ist ziemlich unleserlich die Unterschrift "Holger G." zu lesen. Ansonsten hat alles die Zeugin und ihre Mitarbeiterin ausgefüllt.
G: Lesen Sie uns das noch einmal vor?
B: Von 5.9. bis 10.9. wurde das Reisemobil angemietet. Für 5 Tage.
G: Und unten steht "84 Euro"?
B: Das ist der Preis.
G: Wird der Kilometerstand auch notiert?
B: Normalerweise ja.
G: Wird die Anschrift des Mieters auch vermerkt?
B: Auf dem Übergabeprotokoll müsste das vermerkt sein.
G: Sie hatten zweimal mit Holger G. zu tun. Hatte er immer denselben Wohnort?
B: Das weiß ich nicht. Das müsste ich nachsehen.
G: Vorhalt: "Ich kann mich an diese Person erinnern. Ich sah im Computer nach und habe gesehen, dass er damals unter einer anderen Adresse das Wohnmobil angemietet hatte. Damals hat er noch in Hannover gewohnt."
B: Ja, stimmt.
G: Vorhalt: "Er trug eine Brille, war groß, schlank, Mitte dreißig."
B: Das mit der Brille habe ich vergessen.
G: Vorhalt: Ihnen wurden Lichtbilder vorgelegt?
B: Daran kann ich mich nicht erinnern.
G: Können Sie den Mann zuordnen?
B: Später habe ich ihn in der Presse erkannt.
G: Haben Sie auch einen Namen dazu?
B: Der Herr Böhnhardt.
Lichtbildvorlage
B. will entweder den Mann mit der Nummer 5 oder der Nummer 2 wiedererkannt haben.
G: Im Protokoll steht, Sie haben den Mann mit der Nummer 2 wiedererkannt.
B: Vielleicht hatten die Bilder damals eine bessere Qualität. Aber wenn ich das damals so gesagt habe, dann wird das schon so gewesen sein.
G: Können Sie etwas dazu sagen, ob das Wohnmobil auch am 10. September zurückgegeben wurde?
B: Das weiß ich nicht, aber auf dem Protokoll müsste das vermerkt sein. Wir erstatten kein Geld. Deshalb vermerke ich so etwas immer.
G: Vorhalt: "Ich kann mich erinnern, dass der Mann das Wohnmobil schon am 9. September zurückbrachte und meinte, er brauche es nicht mehr."
B: Dann habe ich das wohl vergessen. Das tut mir leid.
G: Vorhalt: "Wenn ich mich recht entsinne, dann hat mir die Person erzählt, dass er mit dem Wohnmobil nach Leipzig fahren wollte, um einen Freund zu besuchen. Er wollte nur darin übernachten."
B: Das weiß ich nicht mehr. Denn das habe ich mir nicht aufgeschrieben.
G: Vorhalt: "Dann steht hier noch, dass sie sagten, dass er erzählt hatte, dass sie zu dritt fahren wollten ohne, dass ich wusste, wer alles mitfahren wollte."
B: Das weiß ich auch nicht mehr. Ich schreibe mir aber immer auf, wer alles mitfährt, denn falls mal ein Fahrzeug kaputt wird, dann weiß ich, was für ein Fahrzeug dann gestellt werden muss.
G: Auf dem Mietvertrag steht "drei Personen"?
B: Ja.
G: Noch Fragen?

RA Heer (Verteidigung Zschäpe): Können Sie sich an drei Kontakte mit dem Kunden erinnern?
B: Auf dem Mietvertrag ist meine Unterschrift und das Protokoll habe ich auch geschrieben.
H: An welche Begegnungen können Sie sich erinnern?
B: An den Mietvertrag und die Rückgabe.

Zeugin wird entlassen.

Zeuge Mario W., 44, Kriminaloberkommissar, Kriminalpolizei Gotha.

(Eva Frisch, BR)
Götzl: Es geht um den Überfall auf die Sparkasse Arnstadt.
W: Zwei Schülerinnen sahen zwei Personen mit Kapuzen vor dem Gesicht. Den beiden kam das komisch vor. Sie gingen in die Richtung und hörten, wie die Männer "Überfall" riefen. Daraufhin holten die beiden die Polizei. Eine weitere Zeugin hörte wie die Männer die Sparkasse überfielen. Sie war auf dem Weg zum Friseur. Die Friseurin schloss von innen ab und beobachtete die Tat. Eine Kundin wollte einen Kontoauszug drucken. Sie hörte Geschrei aus der Filiale. Sie schaute nach und sah den Überfall. Dann konnte sie mit Hilfe von Passanten die Polizei verständigen.
Frau H. sah, wie einer der Männer die Maske abnahm. Und dann konnte sie noch beobachten, wie die Männer auf die Fahrräder stiegen.
RA Heer: Ich beanstande die Vernehmung des Zeugen. Es sollte erst einmal die Zeugin gehört werden.
G: Das finde ich nicht. Wir werden dann sehen, ob die Zeugin noch gehört werden muss. Ich verstehe nicht, warum der Zeuge die Beobachtung der Friseurin nicht schildern sollte.
H: Ich ziehe die Beanstandung zurück.
W: Eine Zeugin konnte ermittelt werden, die sah wie die Täter die Fahrräder holten. Eine weitere Zeugin konnte ermittelt werden, die die Täter davonfahren sah. Nach einem Zeugenaufruf meldete sich ein weiterer Zeuge, der die beiden in der "Straße der Demokratie" beobachtete. Weitere Zeugen gab es dann nicht mehr.
G: Haben Sie die Bilder der Überwachungskamera gesehen?
W: Ja. Da war leider noch alte Technik verbaut [nur S/W-Bilder].
G: Sind das diese Aufnahmen?
W: Auf diesem Bild sehen wir den einen Täter, der die Waffe in der linken Hand trägt. In der rechten Hand hält er eine Handgranate. Des Weiteren kann festgestellt werden, dass die Jacke in dem Wohnmobil in Eisenach gefunden wurde (in dem auch die Leichen von Mundlos und Böhnhardt lagen). Ich war bei den Ermittlungen in Eisenach dabei. Weil wir davon ausgingen, dass die Taten zusammenhingen. Dort fanden wir eine Handgranate und die Jacke und einen silbernen Revolver. Den sieht man hier gut mit langem Lauf.
W: Auf diesem Bild verlassen beide Täter die Bank.
W: Auf diesem Bild erkennt man die Maske nicht besonders gut. Aber es war eine dunkle Maske mit aufgedrucktem weißen Gesicht. So eine Maske wurde auch im Wohnmobil gefunden.
W: Auf diesem Bild: Der Täter mit dem Rucksack hat zwei Waffen. Einen Revolver und vermutlich eine Pistole.
W: Auf diesem Bild sieht man wie der Täter, der die Waffe in der linken Hand führt, eine Plastiktüte in der Hand hat. Darin war die erbeutete Geldmenge. Die Plastiktüte hat der Mann im Kassenbereich vorher abgelegt.
W: Auf diesem Bild sieht man den Mann mit den zwei Waffen.

G: Schadenshöhe?
W: 15.036,99 Euro laut Sparkasse. Einige 50-Euro-Scheine waren markiert. Keiner der Scheine tauchte wieder auf. In dem Wohnmobil in Eisenach tauchten zwei Geldbündel mit der Banderole der Sparkasse Arnstadt auf.
G: Wie wurden Sie in die Ermittlungen in Eisenach miteinbezogen?
W: Am 14. September erhielt ich einen Anruf aus Chemnitz. Er machte mich auf eine Tatserie aufmerksam. Ich habe dann im Protokoll geschrieben, dass der Überfall in Arnstadt zu dieser Tatserie gehört. Am 4. November habe ich deshalb sehr früh von dem Überfall erfahren und Informationen weitergegeben. Ich habe Hinweise gegeben, dass auf Täter zu achten sei, dass die Täter mit dem Fahrrad flüchten sollten. Und dass auch auf Fahrzeuge zu achten ist, in denen man Fahrräder verstauen konnte. Und ich habe darauf hingewiesen, dass die Fluchtrichtung Sachsen ist. Da dort der Schwerpunkt der Überfälle lag. Ich habe dann später auch noch bei der Soko "Trio" des BKA mitgearbeitet. Vor allem bei der Auswertung von Asservaten.

Sitzung wird unterbrochen bis 14.20 Uhr.

(Eva Frisch, BR)
14.27 Uhr, Die Sitzung wird fortgesetzt.

Götzl: Fragen?
RA Reinecke (Nebenklage Keupstraße): Waren Sie mit der Funkzellenauswertung befasst?
W: Dazu ist es nicht mehr gekommen. Bei den letzten beiden Überfällen in Strahlsund gab es eine Auswertung, allerdings nur in Papierform und da haben wir die Auswertung aufgeschoben. In die weitere Auswertung war ich da nicht mehr eingebunden.

Reinecke will etwas aus der Auswertung zeigen. Die Sitzung wird kurz unterbrochen.
Sitzung wird eine Minute später fortgesetzt. Der Aktenordner mit der Auswertung wird geholt.

R: Wolter Koops ist hier aufgeführt. Das war eine Firma, bei der der Angeklagte E. gearbeitet hatte. Können Sie dazu etwas sagen? Ist das eine Sim-Karte dieser Firma?
W: Da kann ich dazu nichts sagen.

RA Antonia von der Behrens (Nebenklage-Anwältin der Angehörigen des ermordeten Mehmet Kubasik): Haben Sie damit gerechnet, das weitere Banküberfälle folgen würden?
W: Da wenig Beute gemacht worden war, bin ich davon ausgegangen, dass es bald einen weiteren Überfall geben würde.
B: Gab es konkrete Vorbereitungen?
Oberstaatsanwalt Weingarten beanstandet die Frage.
von der Behrens: Mir geht es darum, die Angaben von Herrn Menzel (Kripochef Gotha, der als Zeuge zum Eisenacher Überfall beim Prozess war) zu bestätigen. Waren am 4. November mehr Kräfte im Einsatz?
W: Das war die normale Besetzung. Soweit ich das weiß.

RA Langer (Nebenklage Turgut): Gab es Angaben über eine Plastiktüte?
W: So weit ich weiß nicht.

Zeuge wird entlassen.

Zeuge Stefanus E., 51 Jahre, Kriminalbeamter aus Paderborn, 10. März bis August 2012 dem BKA zugeordnet.

(Eva Frisch, BR)
Götzl: Es geht um den Überfall auf die Sparkasse in Arnstadt am 7. September 2011. Uns geht es um Ermittlungen zu Waffen und des Weiteren geht es um Ermittlungen zu einem Campingplatzaufenthalt.
E: Täter 1 hatte zwei Waffen. In der linken Hand hält der Mann eine kleine Pistole und in der rechten einen Revolver. Ein Gasrevolver, 9 Millimeter, der in der Frühlingsstraße sichergestellt worden ist, könnte das gewesen sein. Dazu wurde ein kleiner Revolver mit kurzem Lauf aus dem Wohnmobil sichergestellt. 38 Millimeter. Der kleine Revolver soll auch bei weiteren Banküberfällen verwendet worden sein, ab 2003. Daraus wurde auch ein Schuss abgegeben. Der Abgleich mit der Waffe aus dem Wohnmobil hat ergeben, dass das die Waffe war.
G: Wie haben Sie einen Abgleich gemacht?
E: Auf der Überwachungskamera sieht man die Waffe. Das könnte der Gasrevolver aus der Frühlingsstraße gewesen sein oder die Pistole 38 Millimeter.

G. bittet E. sich die Bilder der Überwachungskamera anzusehen.

E: Täter 1 mit einer Waffe in der rechten Hand. Dabei handelt es sich um einen kompakten Revolver mit kurzem Lauf.
G: Campingplatzaufenthalte?
E: Über eine Auswertung der Verbindungsdaten vom Festnetz aus der Frühlingsstraße sowie das Mobiltelefon von Frau Zschäpe. Sie hatte eine auffällige 7000 in der Mitte der Telefonnummer. Da gab es eine Funkmastverbindung zu einer Verbindung im Thüringer Wald. Jeweils in den Abendstunden ist ein Anruf getätigt worden von dem Mobiltelefon zum Festnetz in der Frühlingstraße. Aus den Geodaten ging hervor, dass der Anruf von einem Campingplatz bei Katterfeld kam. Da fanden die Kollegen einen Eintrag für zwei Personen. Und zwar auf den Namen Holger G. Eines der Pseudonyme des Trios. Herr und Frau S. wurden von den Kollegen vernommen. Konkrete Angaben konnten die Zeugen nicht machen. Auf dem Campingplatz gibt es 240 Plätze. Davon 80 frei nutzbar. Die Zufahrt wird über eine Schranke gewährt. Mit einer Zugangskarte. Die Plätze sind frei wählbar. Wir haben deshalb dort keine Nachbarn finden können. Trotz Abgleich mit den Daten der damals anwesenden Campingplatzbesucher.

Kurz darauf: Verhandlungsende.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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