197. Verhandlungstag, 14.04.2015 Rasante Überfälle mit hohem Gewinn
Ein vergesslicher Angeklagter und sieben Zeugen, die sich einig sind. An diesem 197. Prozesstag wird der angeklagte Holger G. belastet und das Vorgehen des NSU-Trios bei Banküberfällen wird vor Gericht genauer beleuchtet.
14. April
Dienstag, 14. April 2015
Viel Geduld brauchte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl heute mit seinem Angeklagten Holger G. Nicht, weil dieser nicht aussagen wollte, sondern weil er erst gar nicht erschien. Mit siebenstündiger Verspätung traf er mit einem ICE aus Hannover in München ein. Er entschuldigte sich und versprach, es werde nicht wieder vorkommen. Er habe den heutigen Termin einfach vergessen.
Wohnmobile und Autos im Namen des Angeklagten
Dabei ging es am heutigen 197. NSU-Verhandlungstag für Holger G. auch um seine eigene Verurteilung. Als einer von fünf Angeklagten steht er vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft hat ihn wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt.
Ein Ermittler des Bundeskriminalamtes schilderte heute im Zeugenstand detailliert, dass fast alle Autos und Wohnmobile der NSU-Terroristen im Namen von Holger G. bestellt und bezahlt wurden. Die Fahrzeuge wurden demnach bei Verleihfirmen gemietet und dann von dem Trio um Beate Zschäpe für Fahrten quer durch Deutschland genutzt.
Überfall im Eiltempo
Gelegenheit, sich zu diesen Vorwürfen zu äußern, bekam der Angeklagte heute aber nicht. Stattdessen vernahm der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Spätnachmittag sieben Zeuginnen und Zeugen – im Rekordtempo von 55 Minuten. Sechs davon hatten zwei Banküberfälle in Stralsund als Kunden und Sparkassenangestellte miterlebt.
Alle schilderten einen ähnlichen Ablauf der beiden Taten im November 2006 und Januar 2007: Zwei maskierte Männer waren in die jeweilige Schalterhalle gestürmt und hatten sofort an die Decke geschossen, um die Anwesenden einzuschüchtern. Kunden und Angestellte mussten sich auf den Fußboden legen, dann ließen sich die Täter – laut Anklage Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – mehrere tausend Euro in Plastiktüten stopfen und flüchteten. Hecktisch seien die Räuber laut den Zeugen gewesen: „Denen konnte das gar nicht schnell genug gehen“.