NSU-Prozess Sieben Zeugen in einer Stunde
Zunächst begann der 197. Verhandlungstag mit sieben Stunden Verspätung. Dann drückte der vorsitzende Richter Manfred Götzl auf’s Tempo - und befragte innerhalb von einer Stunde sieben Zeugen.
Im Zentrum des heutigen Verhandlungstages standen zwei Banküberfälle in Stralsund. Im November 2006 und im Januar 2007 hatten laut Anklage der Bundesanwaltschaft Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos eine Sparkassenfiliale zwei Mal überfallen.
Beide Male ging es blitzschnell, die meisten der gehörten Zeugen konnten sich heute kaum mehr an Einzelheiten erinnern. Übereinstimmend berichteten sie aber, dass die zwei Täter stets mit Sturmhauben maskiert waren, angeblich mit sächsischem Akzent sprachen und nervös wirkten. Bei beiden Überfällen gab einer der beiden Täter jeweils einen Schuß in die Decke ab.
Traumata nach Banküberfällen
Einige der Zeugen wurden durch den jeweiligen Überfall regelrecht traumatisiert. "Ich konnte monatelang nicht an der Bank vorbeigehen", sagte eine Kundin. "Ich hatte monatelang Angst, wenn ich jemand mit einem dunklen Schal im Gesicht sah", berichtete deren Tochter, die zusammen mit ihrer Mutter am Tag des Überfalls in der Sparkasse gewesen war.
Besser zurecht gekommen mit den Folgen des Überfalls, den er erlebt hat, ist dagegen ein junger Mann. "Abgehakt", antwortete er lapidar auf die entsprechende Frage von Richter Manfred Götzl.
Wie kam der NSU an Wohnmobile und PKW?
Zuvor hatte als erster Zeuge ein BKA-Beamter ausgesagt, dass das Terror-Trio neben den im Prozess angeklagten Verbrechen, auch Wohnmobile und PKW angemietet hat. Dazu hätten die Beamten auch Unterlagen im Brandschutt der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden. Laut Anklage Dort hatte der NSU dort seinen letzten Wohnsitz. Zwischen 2000 und 2011, so berichtete der Beamte, konnte er insgesamt 65 Anmietungen nachvollziehen.
Alle im Namen von Andre E. und Holger G., die im Prozess wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt sind. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass E. und G. den mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt und Mundlos ihre Ausweispapiere zur Verfügung stellten. Mit den angemieteten Fahrzeugen sollen die beiden Tatorte ausgekundschaftet haben und zu den Verbrechen angereist sein.
Prozess begann mit sieben Stunden Verspätung
Der heutige 197. Prozesstag hatte außergewöhnlich spät begonnen. Grund dafür war, dass der Angeklagte G. um 9.30 Uhr nicht anwesend war. G. befindet sich auf freiem Fuß und lebt in Hannover. Als er dann um 16.30 Uhr endlich da war, entschuldigte er sich für sein Zuspätkommen. Er habe gedacht, dass heute kein Verhandlungstag sei. So etwas, so G., werde nicht mehr vorkommen.