NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 246. Verhandlungstag "Schätze" aus dem Brandschutt

Im Mittelpunkt der Beweisaufnahme im NSU-Prozess stand heute der Mitangeklagte Holger G. Drei Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) schilderten detailreich ihre Ermittlungsergebnisse, die sie aus dem Handy und dem Computer des nun 41-Jährigen gewonnen haben.

Von: Mira Barthelmann

Stand: 25.11.2015 | Archiv

NSU-Prozess: Abgebranntes Haus in der Zwickauer Frühlingsstraße 26 | Bild: picture-alliance/dpa

Das Mobiltelefon des Herstellers Sony Ericsson hatten die Beamten bei der Durchsuchung der Wohnung von Holger G. gefunden und beschlagnahmt. Die Ermittler ließen die Kontaktdaten auslesen: Gewählte Rufnummern, empfangene Anrufer, Audiodateien, Bilder und Grafiken wurden ausgewertet. Unter den Kontakten fanden sich neben zahlreichen Familienmitgliedern auch Personen, die eindeutig der rechten Szene zugeordnet werden können. Auch eine Einladung zu einem Rechtsrock-Konzert nach Mailand wurde ermittelt, außerdem Fotos von einer Reichskriegsflagge und eine Warn-SMS mit dem Inhalt: "Die Bullen stehen vor Deiner Haustür!". Schließlich befanden sich unter den Audiodateien auch Lieder der rechten Band "Gigi und die braunen Stadtmusikanten" und Neonazi-Witze.

Harte Drogen

Holger G. im Sitzungssaal A 101 des Oberlandesgerichts München

Auf der Festplatte, die ebenfalls dem Angeklagten Holger G. zugeordnet wird, wurden zahlreiche Fotos gesichert. Darauf zu sehen: eine Plastiktüte mit Kokain, ein dunkler Volvo mit zum Teil erkennbarem Kennzeichen, der Angeklagte, Alexander S. und weitere Personen unter anderem bei einem Pressefest in Mücka im Jahr 2004.

Mundlos und sein Alias

Eine BKA-Beamtin schilderte unter anderem ihre Auswertungsergebnisse zu einer Geburtsurkunde, die im zum Teil verkohlt und durch Löschwasser beschädigt in der Zwickauer Frühlingsstraße 27, dem letzten Wohnort des sogenannten NSU-Trios, gefunden wurde. Ausgestellt ist die Urkunde auf "Maximilian Florian B.". Das Geburtsdatum und die Eltern sind zu erkennen sowie die Unterschrift des Standesbeamten. Außerdem wurden zwei Mietverträge gefunden zu den Zwickauer Wohnungen in der Polenz- und in der Frühlingsstraße. Beide dienten dem NSU als Verstecke. Vertragspartner waren aber weder Beate Zschäpe noch Ralf Wohlleben oder Uwe Mundlos, sondern Maximilian Florian B.

Sein Name taucht außerdem auf anderen Asservaten auf, die im Brandschutt der Zwickauer Frühlingsstraße geborgen wurden - zum Beispiel auf einer "Ostseecard", die das mutmaßliche Trio offenbar in ihrem Urlaub verwendet hat. Das darauf befindliche Foto stammt aber laut Gutachter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Mundlos. Dasselbe gilt für eine aufgefundene "Bahncard". Zudem existiert eine "Servicecard" der Commerzbank auf den Namen Maximilian Florian B. Sie wurde allerdings nicht von ihm, sondern von Mundlos unterzeichnet. Und auf dem sogenannten "ServicePass" eines Fahrradgeschäftes finden sich molekulargenetische Spuren, für die die Hauptangeklagte Zschäpe und Mundlos in Betracht kommen.

Zweifel an Glaubwürdigkeit von Holger G.

Nach jeder einzelnen Zeugenbefragung meldete sich Wolfgang Stahl, einer der drei Alt-Verteidiger von Zschäpe, zu Wort und legte dar, warum die Aussagen des Mitangeklagten Holger G. zu Prozessbeginn unglaubwürdig und widersprüchlich seien - vor allem in Hinblick auf die Hauptangeklagte. Die Fotos sprächen jedenfalls für sich: Denn hier seien möglicherweise Holger G. und andere beim Konsum härterer Drogen bis ins Jahr 2007 zu sehen gewesen. Den Ausstieg aus der rechten Szene hatte der Angeklagte allerdings bereits auf 2004 datiert. Zudem forderte er die Bundesanwaltschaft auf, die Rolle von Zschäpe zu überprüfen.


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