NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 272. Verhandlungstag, 17.3.2016
Nach der Befragung eines Sparkassenmitarbeiters schildert eine Kriminalbeamtin Indizien, die darauf hindeuten, dass Beate Zschäpe vom Nagelbombenanschlag in Köln gewusst haben könnte. Die Hauptangeklagte hatte das zuvor verneint.
Erster Zeuge ist heute ein Mitarbeiter einer Sparkasse, die mutmaßlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 2004 in Chemnitz überfallen wurde. Bei dem Überfall gingen die Täter brutal vor und schlugen auch eine der Angestellten. Anschließend schildert eine Kriminalbeamtin ihre Ermittlungen zur Nachrichtenmeldung, die Zschäpe am 4. November 2011 im Radio gehört haben will und die sie annehmen ließ, dass sich Mundlos und Böhnhardt umgebracht hatten. Desweiteren schildert die Zeugin Indizien, die darauf hindeuten, dass Zschäpe kurz nach dem Bombenanschlag in Köln am 9. Juni 2004 diverse Nachrichtensendungen im Fernsehen aufgezeichnet haben könnte. Zschäpe hatte zuvor behauptet, von den Bombenanschlägen erst später erfahren zu haben. Zum Schluss schildert ein weiterer Zeuge den Überfall von Mundlos und Böhnhardt auf eine Postfiliale in Zwickau 2001. Der Prozesstag wird frühzeitig beendet, nachdem die Verteidigung von Ralf Wohlleben einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens stellt.
Zeugen:
- Dirk W. (Überfall Sparkassenfiliale Chemnitz am 14. Mai 2004)
- Jeanette P., Bundeskriminalamt (Vermerk vom 1. Februar 2016)
- Frank B. (Überfall Postfiliale Zwickau am 5. Juli 2001)
ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal
(Tim Aßmann, BR)
Beginn: 9.45 Uhr.
Zuhörertribüne gut gefüllt, nicht voll. Unter anderem dabei: eine Schulklasse. Nach längeren Diskussionen darüber, ob sie nicht zu jung seien (Alter unter 16), durften sie dann doch rein.
Zschäpe wird heute vertreten durch die Rechtsanwälte Hermann Borchert und Mathias Grasel sowie durch Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm.
Zeuge Dirk W., 36 Jahre alt, Bankkaufmann aus Chemnitz.
Richter Manfred Götzl: Geht um Überfall auf Sparkasse in Chemnitz am 14. Mai 2004. Bitte berichten.
W: Kurz vor Mittag, war vorne am Schalter, sah die beiden Täter reinstürmen, habe mich geduckt und Alarm gedrückt, wusste sofort, dass es Überfall ist. Dann lief alles ab [wie] im Film, habe Situationen nur noch schemenartig im Kopf. Täter waren sehr brutal, haben geschrien, Kollegin wurde geschlagen, Pumpgun wurde mir an den Kopf gehalten. Es ging den Tätern nicht schnell genug. Wo sie nicht genug Geld bekommen haben, sind sie völlig ausgerastet, Bildschirm zertrümmert. Eine Kollege geschrien, die andere, die geschlagen wurde, war schwanger. Täter sollen mir gesagt haben, dass sie mich umbringen, ich weiß das nicht mehr. Täter wollten mir nicht glauben, dass Tresor Zeitschloss hat. Irgendwann verließen sie dann fluchtartig die Filiale.
G: Täter beschreiben.
W: Beide Basecaps, Dreieckstücher, einer hatte Revolver, einer hatte Pumpgun, beide relativ schlank und jung, vielleicht Mitte zwanzig irgendwo, kein außergewöhnlicher Dialekt für mich (lacht leicht).
G: Was is damit gemeint?
W: Also wenn's Bayerisch gewesen wäre, hätte ich es sicher gehört, sodass ich also gedacht haben muss, dass es hiesiger Dialekt war, also Sächsisch.
(Eckhart Querner, BR)
G: Folgen des Überfalls?
W: Wir wurden dann stundenlang befragt, Fotos ausgewertet. Ich kam deshalb gar nicht zum Emotionalen. Es war schon schlimm. Habe mir eingeredet, es seien keine echten Waffen gewesen, das war Selbstschutz.
(Tim Aßmann, BR)
G: Folgen?
W: War schon schlimm. Körper hat eine Art Selbstschutzreaktion, habe es relativ gut verkraftet, aber es ist in den letzten Wochen alles nochmal hochgekommen. 2012 kam Nachricht von Polizei, dass die Geldscheine aus unserer Filiale gefunden wurden. Ab dem Moment war für mich klar, dass es sich um den NSU handelt. Leider bin ich bis zur Einladung hier nie offiziell in Kenntnis gesetzt worden.
W: Der Überfall war an einem Freitag, ich bin dann gleich Montag wieder angetreten.
W: Man hat dann nochmal nachgedacht. Muss hochprofessionell vorbereitet worden sein. Filiale ist eher versteckt, deutet alles darauf hin, dass Ortskenntnis auf jeden Fall vorhanden war. Fluchtweg über Bahngleise - kennen die wenigsten.
G: Woher haben Sie die Informationen über den Fluchtweg?
W: Ich glaube, von der Polizei, kann es Ihnen nicht mehr genau sagen.
G: Waffen: Mit welcher Waffe wurde Kollegin geschlagen?
W: Mit der Pistole. Die ist mir an die Schläfe gehalten worden und die Pumpgun an den Körper.
G: Beute?
W: Ca. 30.000 Euro, waren die Scheine, die dann ja wohl auch gefunden wurden in dem Haus in Zwickau.
(Eckhart Querner, BR)
G: Außer Geld noch was mitgenommen?
W: Altgeld, das was markiert worden war.
G: Sind damals Reiseschecks weggekommen?
W: Weiß ich nicht mehr.
G: Kollegin, die schrie …
W: Das war die Kollegin, die nicht geschlagen wurde. Als ihr Bildschirm eingeschlagen wurde, fing sie an zu schreien.
(Tim Aßmann, BR)
W: Die Täter trugen "Max Bahr"-Beutel. Habe ich Polizei gesagt. Damals gab es nur einen "Max Bahr"-Baumarkt und der liegt in Zwickau.
G: Folgen für die Kolleginnen?
W: Eine war absolut aufgelöst, bestand dann auch noch große Angst. Immer wenn jemand Helm aufhat, hat sie extreme Angst. Bei der anderen Kollegin (die, die damals schwanger war) und bei mir hielt sich das Ganze in Grenzen. Die Kundin war auch sehr betroffen.
(Eckhart Querner, BR)
G: Protokoll der Polizei vom 14. Mai 2004: Täter sprach Chemnitzer Dialekt. - Hatten Sie Geldautomaten in Filiale? Sollte der geöffnet werden?
W: Nein.
G: Liest aus Protokoll vor, wo drinsteht, dass ein Täter W. aufforderte, Geldautomat zu öffnen.
W: Kann ich mich nicht erinnern.
G: Protokoll: Täter zeigte mit Waffe auf automatischen Kassentresor. Ich sagte, Öffnen würde 30 Minuten dauern.
(Tim Aßmann, BR)
W: Es hat bei den Opfern, die überlebt haben, von den Behörden nie eine Entschuldigung gegeben (für deren Versäumnisse).
RA Wolfgang Stahl (Zschäpe-Verteidigung) moniert, Zeuge sollten keine Erklärungen abgeben: Gehört nicht zu den Aufgaben eines Zeugen, hier über Staatsverschulden zu sinnieren.
W: Herr Gauck hat sich bei den Opferangehörigen entschuldigt, aber es gab nie eine Entschuldigung bei denen, die überlebt haben.
RA Wolfgang Heer (Zschäpe-Verteidigung): Ich verlange, dass Sie das unterbinden und möchte Beschluss.
Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten (Vertreter Bundesanwaltschaft): Wenn der Zeuge da ein Anliegen verspürt, ist auch das Folge der Tat und damit zulässig.
Zeuge wird entlassen.
Zeugin Jeanette P., Bundeskriminalamt (BKA) Meckenheim.
"Bin dort Kriminalkommissarin und immer noch 28 Jahre alt" (Zeugin war schon mal hier).
Götzl: Geht um DVD. Erstmal aber Ermittlungen zu Radioberichten.
P: Hintergrund war Aussage von Zschäpe vom 9. Dezember 2015, dass sie Nachricht aus Eisenach über brennendes Wohnmobil und Leichen aus Radio hat. Habe zunächst geschaut, ob Radios in Wohnung sichergestellt wurden, dann den Internetverlauf aus Wohnung angeschaut und bei Sendern das Programm abgefragt.
- Radiowecker festgestellt, war im Wohnzimmer, meines Wissens der Raum, in dem Zschäpe gelebt hat.
- Auf Fotos noch weiteres Radio in der Küche gesehen. Das wurde nicht sichergestellt.
- Frequenzen an Wecker ergaben keinen Sender aus der Region. Müssen aber nicht die Frequenzen von damals gewesen sein.
- Internetverlauf auf PC, der auch in Zschäpes Zimmer stand. Wurde auch Player von MDR Info gefunden (Spuren auf Cookie). Deshalb dort auch zuerst gefragt. Dann auch an MDR Thüringen und MDR Jump Anfragen gestellt. Abfragezeit von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr. MDR Info hat eine Nachricht um 13.30 Uhr gesendet, aber nur über Bankraub, nicht über Wohnmobil, das erst um 15.00 Uhr und 15.30 Uhr. Also für relevanten Zeitraum dort keine Nachrichten. Ansprechpartner: Nachrichtenchef MDR Info.
- MDR Thüringen und MDR Jump. Nix im Archiv. Konnten Berichte gefunden werden, aber nach 15.00 Uhr. Also auch nicht zu den relevanten Zeiten.
RA Mathias Grasel (Zschäpe-Verteidigung): Für welchen Zeitpunkt haben Sie die Frequenzen überprüft? Die ändern sich ja auch mal.
P: Stand 2010.
G: Warum Küchenradio nicht asserviert?
P: Weiß ich nicht.
Götzl: Nun zu DVD.
P: Asservat war schon ausgewertet. Nochmal genauer angeschaut, auch vor Hintergrund von Aussage von Frau Zschäpe. Aufzeichnungen beginnen circa zwei Stunden nach der Tat (Nagelbombenanschlag in Kölner Keupstraße).
Frage: Wer hat Aufnahmen getätigt? War beim WDR in Köln. Mitschnitte ab 18.00 Uhr, zwei Stunden nach der Tat. In zwei Stunden ist es eigentlich unmöglich, vom Tatort in Köln wieder nach Zwickau in die Polenzstraße zu kommen.
Sind Beiträge der Sender WDR und n-tv. Habe geschaut, wo man die damals empfangen konnte, vor allem, wie Empfang in der Polenzstraße war und ob diese zwei Sender dort ausgestrahlt wurden. Sind 27 Beiträge, beginnt am 9. Juni 2004. Aufzeichnung mit VHS-Gerät. Also ich kenne kaum noch VHS-Kassetten, aber da ist immer noch so ein Krisseln unten. Techniker sagten, von Kassette wurde per Rekorder auf DVD überspielt. Sind meistens nur Minutenbeiträge von WDR und n-tv. Wurden augenscheinlich manuell aufgenommen, weil - wenn Senderwechsel vorgenommen wurde - zum Beispiel der erste Satz der Anmoderation fehlt. Hatte zuerst vermutet, vielleicht programmiert. Aber dann gäbe es diesen Senderwechsel so nicht. Muss jemand vor dem Gerät gesessen und das so aufgenommen haben.
Zeugin hält nun langen Vortrag über die WDR-Verbreitung, fragt aber zwischendurch: "Wollen Sie das alles wissen jetzt?" (Lachen auf der Tribüne)
Man will offenbar. Zeugin referiert weiter.
(Eckhart Querner, BR)
P. ermittelte, wie man WDR-Fernsehen Köln empfangen konnte.
P: Mich interessierte, was man im Jahr 2004 in der Polenzstraße schauen konnte. Über Mietvertrag der Wohnung erfahren, dass Breitbandkabel in Wohnung vorhanden war. 2004 bestand Vertrag mit Bosch Breitbandnetze GmbH. Die habe ich auch angefragt. Doch Bosch Breitbandnetze gibt es nicht mehr. Nachfolger vom Nachfolger befragt: TeleColumbus. Die hatten keine Daten zu alten Verträgen mit Bosch. TeleColumbus erklärte, dass überregional WDR Köln ausgestrahlt wurde. Mit diesen Infos habe ich mich an Landesanstalt für neue Medien gewandt. Die hatten eine Senderübersicht von 2004 von Bosch: WDR und n-tv waren auf Senderliste enthalten. Das waren die Ermittlungen. Die Frage, wer aufgenommen hat, kann ich nicht beantworten. In Polenzstraße war es technisch möglich, die in Frage kommenden Programme aufzunehmen.
P: Anderes Asservat mit TV-Berichterstattung nicht so tatzeitnah. Hätte auch von Mundlos oder Böhnhardt aufgenommen worden sein können.
Götzl: Fragen?
(Tim Aßmann, BR)
Grasel: Sie schreiben auf Seite elf unter Fazit: "Voraussetzungen waren gegeben, damit Aufnahmen in Polenzstraße getätigt werden konnten."
P: Empfang war in der Wohnung möglich.
(Eckhart Querner, BR)
P: TV-Programme waren empfangbar. VHS-Rekorder wurde nicht sichergestellt. Wir haben auch Anleitung gefunden, mit deren Hilfe man von VHS-Rekorder auf DVD-Rekorder kopieren konnte.
(Tim Aßmann, BR)
Götzl: Andere Voraussetzungen nötig?
P: Natürlich müsste da auch ein VHS-Gerät sein. Das konnten wir nicht feststellen.
G: Wieso schreiben Sie dann: "Voraussetzungen waren gegeben"?
P: Es gab auch andere VHS-Kassetten in der Wohnung. Deshalb ist es naheliegend, dass es auch Rekorder gab. Sie kennen die Bilder: In der Wohnung ist auch viel verbrannt.
G: Wie hoch würden Sie Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass die Sender in der Polenzstraße damals empfangbar waren?
P: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Auskunft von Ansprechpartnerin war, dass WDR Köln und n-tv zu den Standardprogrammen bei Kabelanbietern gehörten.
G: Hinweis auf Aufnahmeort?
P: Das Problem ist: Wir haben die VHS-Kassette nicht mehr.
G: Also kommen auch andere Lokalitäten als Zwickau in Frage.
P: Das ist eine Möglichkeit (Zwickau), aber es kann natürlich auch woanders gewesen sein.
G: Danke.
(Eckhart Querner, BR)
Götzl: Haben Sie Entfernung Köln-Zwickau berechnet?
P: Fahrzeit von Köln nach Zwickau circa fünf Stunden.
Ende Befragung Zeugin P.
(Tim Aßmann, BR)
Erklärung Grasel: Ermittlungen zu Radio haben ergeben, dass mehrere Geräte vorhanden waren, auch Live-Streams über Internet empfangbar. Einlassungen meiner Mandantin wurden bestätigt.
DVD. Einlassungen nicht wiederlegt - entgegen Berichterstattung in der Presse. Ermittlungen haben ergeben: Mitschnitte wurden mit VHS aufgenommen; unter den Asservaten in der Frühlingsstraße war kein funktionsfähiger VHS-Rekorder; ob eines der ausgebrannten Geräte VHS-Rekorder, ist nicht nachweisbar. Es steht nicht fest, dass Empfang in Polenzstraße möglich gewesen ist; auch nicht, dass Empfang möglich war; auch nicht, wo Aufzeichnungen vorgenommen wurden; lediglich Uhrzeit und manuelle Aufzeichnung erwiesen. Dass meine Mandantin Aufzeichnung machte, ist nur eine von vielen theoretischen Möglichkeiten, können auch Mundlos, Böhnhardt oder andere gewesen sein.
RA Yavuz Narin (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Theodoros Boulgarides): Grasel hat Sachverhalte selektiv weggelassen.
Pause bis 11.25 Uhr.
(Eckhart Querner, BR)
11.30 Uhr.
Zeuge Frank B., 1967 geboren, TNT-Maschinenbediener, Eisenach.
Götzl: Zu Überfall Postfiliale am 5. Juli 2001 in Zwickau.
B: Warmer Sommertag, war mit dem Hund unterwegs. Aus Richtung Max-Planck-Straße kam jemand gerannt, schwarze Hose, schwarzes Oberteil. Jemand anderer rief: "Überfall". Da war der schon verschwunden. Das ging relativ sehr schnell.
G: Dort wo Sie sich aufhielten: Wie weit ist das von Postfiliale entfernt?
B: 250 Meter.
G: Sonst etwas in Erinnerung?
B: Zu schnell. Zwischen 20 und 30 war diese Person, das ging alles so schnell.
G: Erinnern Sie sich, ob Sie als Zeuge vernommen wurden?
B: Aussage bei der Polizei. Danach nichts mehr.
G: Protokoll vom 6. Juli 2001: Bericht in Zwickau-TV über Postraub. "Ich sah dort zwei Jugendliche vorbeirennen."
B: Ich kann mich nur an eine Person erinnern.
G. zitiert aus Protokoll: "Ich sah die zwei Männer die Treppe herunterrennen." - Kommt da irgendeine Erinnerung?
B: Ich kann mich nur an einen erinnern.
G. zitiert weiter: "Männer fuhren mit zwei Fahrrädern weiter (…) Hatten Masken vor dem Gesicht."
B: Maske oder Tuch - kann mich nicht erinnern.
Ende Befragung, 11.39 Uhr.
(Tim Aßmann, BR)
Verteidigung des Angeklagten Ralf Wohlleben widerspricht Vernehmung der nächsten Zeugin bzgl. eines T-Shirts.
RA Olaf Klemke (Wohlleben-Verteidigung): T-Shirt soll bei Durchsuchung in Wohnung unseres Mandanten festgestellt und fotografiert worden sein. Dieser angebliche Fund, der nun plötzlich aus dem Hut gezaubert wird, betrifft nicht das, was unserem Mandanten vorgeworfen wird. Durchsuchung war 2011 und damit zehn Jahre nach den vorgeworfenen Handlungen. Ist damit nicht von Belang, sachlicher Zusammenhang über das Motiv ist nicht festzustellen. Bundesanwaltschaft will Stimmung machen gegen unseren Mandanten.
Beantragen: Verfahren gegen unseren Mandanten abtrennen, Prozess aussetzen.
Herbert Diemer (Vertreter Bundesanwaltschaft): Erhebung der Beweise ist nicht zu beanstanden, Zeugin kann vernommen werden. Frage ist dann, wie man das bewertet.
RA Peer Stolle (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Bombenanschlags in der Kölner Keupstraße): Wohlleben hat hier selbst Film eingeführt, der seine politische Einstellung belegen sollte. Insofern spielt es natürlich schon eine Rolle, wenn so ein T-Shirt bei ihm gefunden wird.
Mittagspause bis 13.00 Uhr.
(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 13.05 Uhr.
Stellungnahme von Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten (Vertreter Bundesanwaltschaft) zu Antrag der Verteidigung von Wohlleben: Dass ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Eisenbahnromantik" von Relevanz sein könnte, ergibt sich aus den Akten - unter anderem Befassung mit abgespeicherten Fotos von T-Shirts mit Aufdrucken "Deutsches Reich", Hakenkreuz, "Horst Wessel". Wir haben dieses T-Shirt jetzt zu den Akten gegeben, weil es jetzt als möglicherweise verfahrensrelevant erscheint und aus diesem Grund ist die Zeugin zu vernehmen.
Pause bis 13.25 Uhr.
(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 13.28 Uhr.
Klemke: Wir sind der Bundesanwaltschaft sehr dankbar, dass sie diesen Aktenordner eingeführt hat, denn das belegt, dass hier Akten vorenthalten wurden. Es kommt nicht darauf an, ob die Bundesanwaltschaft das als verfahrensrelevant erachtet. Sie hat es vorzulegen. Wir halten Aussetzungsantrag aufrecht.
Götzl: Wir werden die Zeugin E. heute nicht vernehmen. Wären dann für heute am Ende.
Schluss für heute.
Hinweis
Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.