287. Verhandlungstag, 07.06.2016 Ex-V-Mann hat "keine Erinnerung mehr"
Bereits zum dritten Mal musste Ex-V-Mann Tino Brandt im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht aussagen. Die Befragung des in Handschellen vorgeführten Neonazis blieb allerdings genau so unergiebig wie seine früheren Aussagen im Verfahren gegen Beate Zschäpe und ihre vier Mitangeklagten.
Konkret ging es wieder einmal um die Ceska-Pistole - die Tatwaffe bei fast allen Morden des NSU - und um die Frage, wie diese Waffe in den Besitz von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gelangt war. Im Prozess von Bedeutung war dabei die Rolle, die der mitangeklagte Carsten S. gespielt haben soll. Zeuge Brandt bestritt heute vehement, mit S. überhaupt über die Beschaffung von Waffen geredet zu haben – oder darüber, wie ein solcher Kauf finanziert werden könne. Dasselbe, so seine heutige Aussage, gelte für Gespräche mit dem ebenfalls auf der Anklagebank sitzenden Ralf Wohlleben.
Aufbau von Neonazi-Gruppen durch Verfassungsschutz
Nach der ziemlich fruchtlosen Erörterung dieser Frage interessierten sich sowohl die Verteidiger als auch einige Nebenklage-Anwälte für die rund 200.000 Mark, die Brandt bis zu seiner Enttarnung vom Verfassungsschutz erhalten haben soll. Gezahlt wurde das Geld für die Spitzeldienste des tief in der rechten Szene steckenden Brandt - und für den Aufbau neuer Gruppen, die der V-Mann dann beobachten sollte.
Was hier heute im Prozess eher als Randnotiz wahrgenommen wurde, ist im Prinzip ein weiterer Beweis für die Aktivitäten des Verfassungsschutzes in den neuen Bundesländern. Denn dieser finanzierte den Aufbau rechter Gruppen mit, um diese dann beobachten zu können. Dass sich in dieser Szene die von der Polizei gesuchten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt versteckten, blieb dem Verfassungsschutz trotz aller Aufklärungsarbeit verborgen.