387. Verhandlungstag, 15.11.2017 Nebenkläger erheben schwere Vorwürfe
Zwei Monate trat der NSU-Prozess auf der Stelle. Jetzt aber konnten die Opfer der rechten Terroristen doch mit ihren Plädoyers beginnen. Und schon zum Auftakt zeigt sich: Die haben es in sich.
15. November
Mittwoch, 15. November 2017
Lange musste Edith Lunnebach warten. Zahlreiche Befangenheitsanträge der Verteidigung hatten den NSU-Prozess verzögert. Doch nun kann sie endlich mit ihrem Plädoyer beginnen. Lunnebach ist die erste von über 50 Nebenklage-Anwälten, die das Wort ergreifen wollen. Sie vertritt Opfer des NSU-Bombenanschlages in der Kölner Probsteigasse im Januar 2001, bei dem eine junge Frau schwer verletzt wurde.
Schutzbehauptungen Zschäpes
Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wurde von Edith Lunnebach heute scharf angegriffen. Sie sage nicht die Wahrheit, bei den Morden und Bombenanschlägen habe es Helfer gegeben.
"Wir glauben ihr nicht, dass sie weiß, dass es nur die beiden Uwes das gemacht haben, das sind Schutzbehauptungen mit einer gewissen Weinerlichkeit versehen. Die zeigt aus unserer Sicht, dass Frau Zschäpe keine Unrechtseinsicht hat."
Edith Lunnebach, Nebenklage-Anwältin
Auch Mehmet Daimagüler glaubt nicht, dass der NSU nur aus Mundlos, Böhnhard und Zschäpe bestand. Daimagüler, der Angehörige von NSU-Opfern aus Nürnberg vertritt, begann am Nachmittag mit seinem Plädoyer. Darin übte er massive Kritik an der Bundesanwaltschaft und den Ermittlungsbehörden
"Wir haben nicht verstanden wie groß der NSU wirklich ist, wir haben nicht verstanden welche Rolle Geheimdienste hatten, wir haben nicht genug gesprochen über die Rolle von Rassismus innerhalb der Polizei, bei den Ermittlungen und das ist auch ein negativer Verdienst der Bundesanwaltschaft. Und es gehört zur Wahrhaftigkeit einer Bilanz das man Licht und Schatten erwähnt."
Mehmet Daimagüler, Nebenklageanwalt
Kein Ende absehbar
Aufgrund der großen Zahl der Nebenkläger werden deren Plädoyers voraussichtlich mehrere Wochen dauern. Im Anschluss äußern sich dann die Verteidiger der fünf Angeklagten, auch hier wird eine mehrwöchige Dauer der Plädoyers erwartet. Wann in dem bereits seit viereinhalb Jahren dauernden Prozess das Urteil fällt, ist noch immer nicht absehbar.