NSU-Prozess


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396. Verhandlungstag, 12.12.2017 Das etwas andere Plädoyer

Im NSU-Prozess gingen die Plädoyers der Nebenkläger heute weiter. Das Beate Zschäpe und die anderen Mitangeklagten schwere Schuld auf sich geladen haben und mit Ausnahme von Carsten S. hart bestraft werden müssen, das war bislang der Minimalkonsens. Die Hamburger Rechtsanwältin Angela Wierig sieht ein paar Dinge anders.

Von: Alf Meier

Stand: 12.12.2017 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

12 Dezember

Dienstag, 12. Dezember 2017

Angela Wierig brachte heute so manchen Prozessbeobachter zum Staunen. Wierig vertritt Ayse Tasköprü, die im Prozess als Nebenklägerin auftritt. Ayse Tasköprü ist eine Schwester des von den NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ermordeten Hamburger Gemüsehändlers Süleyman Tasköprü.

Im Umgang mit Rechtsaußen fehle es an Sachlichkeit, sagt Wierig. Das sei aber in einem Strafverfahren wie dem NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München nicht hinnehmbar. Das Dritte Reich sei seit fast drei Generationen Geschichte. Aber der Vorwurf, der Deutsche trage den Nationalsozialismus gleichsam einer Erbsünde ab Geburt in sich, sei lebendig, behauptet die Anwältin.

Zweifel an Wohllebens Schuld

Für den wegen Beihilfe zum Mord angeklagten Ralf Wohlleben bricht Wierig heute eine Lanze: Es gebe keinen einzigen Hinweis darauf, dass Ralf Wohlleben jemals Bereitschaft zu Gewalt gezeigt habe, sagt die Nebenklagevertreterin. Wohlleben, so meint die Anwältin, sitze nur wegen eines einzigen Punktes auf der Anklagebank - weil nämlich der ebenfalls mitangeklagte Carsten S. die NSU-Mordwaffe vom Typ Ceska wiedererkannt haben will. Carsten S. habe die Pistole aber nur unsicher identifizieren können.

Das Grauen und Barschel

Migranten seien keiner höheren Gefahr ausgesetzt als jeder andere Mensch in Deutschland, meint Angela Wierig. Von 2000 bis 2015 seien laut Kriminalstatistik 6.227 Menschen ermordet worden. Das Grauen sei immer und ständig anwesend Das Ermittler Fehler machen findet Wierig normal. Den von vielen Nebenklägern verwendeten Begriff des "institutionellen Rassismus" lehnt sie ab. Dann verweist die Rechtsanwältin auf die Schleyer-Entführung und Fall Barschel. Da habe es trotz Ermittlungspannen niemals den Hinweis auf institutionellen Rassismus gegeben.

Warum auch?


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