427. Verhandlungstag, 17.5.2018 Nazi-Propaganda im Gerichtssaal
Dritter und letzter Tag der Plädoyers der Verteidigung Wohlleben, Schlussvortrag von Wolfram Nahrath. Der Rechtsanwalt zitiert Adolf Hitler, bescheinigt dem Nationalsozialismus friedliche Absichten und gibt indirekt den Alliierten die Schuld am Zweiten Weltkrieg.
17. Mai
Donnerstag, 17. Mai 2018
Die folgenden Ausführungen werden den einen oder anderen aus dem Saal treiben, sagte Wolfram Nahrath, nachdem er bereits eine Weile über Morde im Zeichen des Kreuzes, die Heilige Inquisition und die Religionskrieger des Islam referiert hatte. Nahrath, einstiger Chef der verbotenen Neonazi- Jugendorganisation „Wiking Jugend“, sprach nun über ein Thema, das er als den „Historischen Nationalsozialismus“ bezeichnete. Fast eine halbe Stunde lang zitierte er Nazi-Größen wie Adolf Hitler, Rudolf Heß und Joseph Goebbels, wollte aufzeigen, dass der Nationalsozialismus eigentlich eine friedliche Ideologie sei. Hitler habe immer nur nach Frieden gestrebt, der Krieg sei den Deutschen aufgedrängt worden, etc. pp.
Nahrath: Mundlos und Böhnhardt keine Nazis
Da der Nationalsozialismus grundsätzlich friedfertig sei, hätten die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht aus ideologischen Motiven gemordet, argumentiert Nahrath. Es habe sich vielmehr um Psychopaten gehandelt, die nur aus Spaß am Töten und zur eigenen Selbsterhöhung Menschen umbrachten. Ralf Wohlleben könne man diese Taten nicht zurechnen. Er habe das nicht ahnen können, Gewalt immer abgelehnt. Es fehle daher bei der vorgeworfenen Beihilfe zum Mord schon am Vorsatz.
Klemke zitiert Göring
Bereits am Vormittag hatte Wohlleben-Verteidiger Olaf Klemke Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als psychopatische Serienkiller bezeichnet, die sich bei ihren Untaten das „Mäntelchen der Ideologie umhängten“, um sie vor sich selbst zu rechtfertigen. In einer nahezu beleidigenden Weise nannte Klemke Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten in einem Atemzug mit Hermann Göring. Weingarten nehme frei nach einem Zitat Görings über Juden für sich in Anspruch „Wer Nazi ist, bestimme ich“.
Verteidiger zweifeln an Objektivität des Gerichts
Klemke und auch Nahrath forderten den 6. Strafsenat auf, ihren Mandanten freizusprechen und ihn unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Ralf Wohlleben habe keine Mordwaffe beschafft. Den Richtern warfen sie vor befangen zu sein und das Urteil längst geschrieben zu haben. Ralf Wohlleben solle für die Taten von Mundlos und Böhnhardt zur Rechenschaft gezogen werden und dafür büßen, dass er seiner Ideologie treu geblieben sei.
Übrigens: Nahraths Nazi- Provokation zeigte keine Wirkung. Entgegen seiner Vermutung verließ niemand während seines Vortrages den Gerichtssaal. Die Richter, die Anwälte der Nebenklage, Bundesanwaltschaft und Verteidiger demonstrierten stoische Gelassenheit.