Deutschtürken skeptisch Nur wenige rechnen mit NSU-Aufklärung
In München findet derzeit der Prozess um die mutmaßlichen NSU-Morde statt. Acht der zehn Opfer waren türkischstämmig. Laut einer aktuellen Studie, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegt, haben die Deutschtürken mehrheitlich kein Vertrauen in deutsche Politik und Justiz. Viele der Befragten glauben sogar, dass sich die Mordserie auf ihr privates Leben auswirke.
Die erste deutsche, repräsentative Studie, die zu diesem Thema durchgeführt wurde, stammt vom Dortmunder Futureorg-Institut. Demnach glauben zwei Drittel der Deutschtürken nicht an eine lückenlose Aufklärung der Morde, die der rechtsextremen und ausländerfeindlichen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zugeschrieben werden. Das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe muss sich derzeit unter anderem deswegen vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) verantworten.
Politischer Wille zur Aufklärung fehlt
Wird der Prozess Klarheit über die sieben Jahre andauernde Mordserie bringen? Die Deutschtürken sind da sehr skeptisch. Laut Futureorg-Studie glauben nur zehn Prozent der Befragten, dass das OLG den Prozess fair gestaltet. Gerade mal neun Prozent seien der Meinung, dass die NSU-Untersuchungsausschüsse die Rolle der Sicherheitsbehörden einwandfrei aufklären. Gar nur sieben Prozent glauben, dass die Bundesregierung über ausreichend politischen Willen verfügt, um die Morde aufzuklären.
"Das niederschmetternde Ergebnis hat uns sehr überrascht."
Kamuran Sezer, Leiter des Futureorg-Instituts
Pläne zur Auswanderung
Fast 70 Prozent gaben an, dass die Morde auch ihre private Lebensplanung beeinflussen. So würden sie Sicherheitsvorkehrungen wie Kameras in ihren Wohnungen installieren, Geld in die Türkei transferieren und Auswanderungspläne schmieden. Nur die Unter-25-Jährigen vertrauen noch mehrheitlich der deutschen Politik und deutschen Institutionen.