332. Verhandlungstag, 21.12.2016 Zschäpe-Gutachten erneut verschoben
Nach stundenlangem juristischen Gezerre muss das Gericht die Aussage des psychiatrischen Sachverständigen erneut verschieben. Die Zschäpe-Verteidigung gewinnt so Zeit.
Der bundesweit renommierte Psychiater Henning Saß, der ein Gutachten über Beate Zschäpe erstellt hat und dieses nun im Prozess vorstellen sollte, wird im nächsten Jahr erneut anreisen müssen. Das Gericht hat seine Befragung verschoben - mindestens bis zum 10. Januar, wenn das Verfahren fortgesetzt wird. Die Zschäpe-Verteidigung hatte zunächst das methodische Vorgehen von Gutachter Saß heftig kritisiert und beantragt, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. Das Gericht lehnte den Antrag allerdings ab. Daraufhin stellten die Zschäpe-Anwälte eine Befangenheitsantrag gegen das Gericht. Darüber muss nun ein anderer Senat entscheiden.
Vorläufiges Gutachten ist Desaster für Zschäpe
Hintergrund des Streits ist, dass das vorläufige Gutachten des Sachverständigen für Zschäpe einem juristischen Desaster gleich kommt. Der Gutachter hält die Hauptangeklagte für voll schuldfähig und für ihn kommt im Falle einer Verurteilung Zschäpes sogar eine Sicherungsverwahrung in Frage. Dann käme Zschäpe möglicherweise nie mehr frei. Deshalb kämpfen die Zschäpe-Verteidiger nun verbissen gegen das Gutachten. Für sie hat die Einschätzung des Experten die zentrale Schwäche, dass Saß mit Zschäpe nicht selbst gesprochen hat. Das liegt allerdings daran, dass Zschäpe sich weigerte. Das Gutachten ohne Befragung der Betroffenen erstellt werden, ist in Strafprozessen in Deutschland durchaus üblich.
Beweisaufnahme kurz vor dem Ende
Die Befragung des psychiatrischen Gutachters steht in Prozessen klassisch am Ende der Beweisaufnahme, die im NSU-Prozess voraussichtlich im Januar oder Februar nächsten Jahres abgeschlossen wird. Dann würden die Plädoyers und schließlich - nach knapp vier Jahren - Urteile im Mammutverfahren folgen. Zschäpe droht eine Verurteilung im Sinne der Anklage - wegen Mittäterschaft an allen NSU-Morden und Anschlägen. Ihre eigene Schilderung, wonach sie die Taten ablehnte, erscheint vielen Prozessbeteiligten als überhaupt nicht glaubwürdig.