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Reiche Terroristen Der IS hat viele Geldgeber

Der reiche IS profitiert von Öl- oder Steuereinnahmen und von millionenschweren Golfarabern. Die sind eigentlich Teil der Anti-Terror-Koalition unter Führung der USA.

Von: Sabine Rossi

Stand: 18.11.2015 | Archiv

Symbolbild: Militante Dschihad-Mitglieder | Bild: picture-alliance/dpa

Auf dem G-20-Gipfel im türkischen Antalya forderte der saudische König Salman die internationale Gemeinschaft auf, gemeinsam und entschlossen gegen den Terrorismus vorzugehen. Die Welt müsse sich von diesem Bösen befreien, zitiert die saudische Nachrichtenagentur den König. Saudi-Arabien ist selbst mehrfach Ziel von Anschlägen geworden, zu denen sich der IS bekannt hat. In schiitischen Moscheen im Land sprengten sich Selbstmordattentäter in die Luft. Abu Bakr al-Baghdadi, der Anführer der Terrororganisation, die sich selbst "Islamischer Staat" nennt, rief bereits vor einem Jahr dazu auf, das saudische Königshaus zu bekämpfen.

"Schärft eure Schwerter und fangt zuerst mit den Schiiten an, wo immer ihr sie findet! Dann richtet euren Kampf gegen die Familie der Saud und deren Soldaten, bevor ihr ihn gegen die Christen und deren Länder richtet."

Abu Bakr al-Baghdadi, IS-Chef

Saudisches Doppelspiel

Seit September vergangenen Jahres ist Saudi-Arabien Mitglied der internationalen Anti-IS-Koalition. Unter der Führung der USA fliegen saudische Piloten Angriffe auf IS-Ziele in Syrien. Doch gleichzeitig steht Saudi-Arabien in der Kritik: Von dort sollen Gelder von reichen Golfarabern und islamistischen Organisationen an den IS fließen - getarnt als Spenden für humanitäre Projekte. Auch Katar sieht sich mit diesem Vorwurf konfrontiert. Das kleine Emirat unterstützt ebenfalls den Kampf gegen den IS. Experten zufolge sollen die Geldkoffer, die in den Aufbaujahren des IS, 2012 und 2013, vom Golf über die Türkei nach Syrien gelangten, inzwischen kaum noch ihr Ziel erreichen. Erst Ende September haben die USA Sanktionen gegen mehrere Organisationen und Einzelpersonen verhängt, die Verbindungen zum IS haben. Ihre Konten in den USA wurden eingefroren.

IS milliardenschwer?

Flagge des IS

Dennoch gilt der IS als die reichste Terrororganisation der Welt. Über wie viel Geld sie genau verfügt, ist nicht bekannt. Internationale Experten gehen von bis zu zwei Milliarden US-Dollar aus. Wo immer Dschihadisten auftauchen, verbreiten sie nicht nur Schrecken, sondern besetzen unverzüglich die wichtigen Positionen in der lokalen Wirtschaft: Mühlen, Bäckereien, Wasserversorgung. Damit bringt der IS die Menschen vor Ort in eine Abhängigkeit, treibt von ihnen Steuern und Zölle ein, verhängt Bußgelder, wenn jemand nur minimal gegen die Regeln verstoßen hat. Nicht-Muslime zahlen Sondersteuern, sofern sie nicht konvertieren.

Steuereinnahmen, Lösegeld, Bankenplünderungen ...

Neben den Steuern verdient der IS an Entführungen und Geiselnahmen, erpresst Lösegeld und plündert Banken. Außerdem verkauft er antike Funde auf dem Schwarzmarkt. Damit nehme der IS enorme Summen ein, sagte der irakische Minister für Tourismus und Altertümer, Adel Fahd al-Schirschab, auf einer Konferenz im Sommer in Kairo.

"Bei der Plünderung von antiken Stätten durch Terrorgruppen hat der Irak einen sehr hohen Preis bezahlt. Der Handel mit den Kulturgütern brachte den Terrorgruppen bislang etwa sechs Milliarden Dollar ein."

Adel Fahd al-Schirschab, irakische Minister für Tourismus und Altertümer

... und Öl-Einnahmen

Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Das Rohöl, das IS im Osten Syriens aus dem Boden holt, wird entweder sofort geschmuggelt oder in kleinen primitiven Raffinerien weiterverarbeitet. Erst am Sonntag hat die Anti-IS-Koalition nach Angaben des Pentagons 116 Tanklastwagen bei einem Luftangriff zerstört. Am Handel mit Erdöl verdient der IS doppelt: Von den Lastwagenfahrern lässt er sich zusätzlich Schutzzölle zahlen, damit sie durch sein Gebiet fahren dürfen. Mit Beginn der internationalen Luftangriffe vor gut einem Jahr soll der Ölschmuggel jedoch in deutlich kleinerem Stil verlaufen. Von Zwischenhändler zu Zwischenhändler über Schleichwege gelangt das Öl in die Kurdengebiete, in den Iran und in die Türkei.

Putins Rolle

Über die türkische Grenze zurück kamen und kommen Waffen, aber auch IS-Kämpfer, die in den Heiligen Krieg ziehen. Saudi-Arabien und Katar unterstützen diverse islamistische Gruppen in Syrien, die gegen Präsident Baschar al-Assad kämpfen. Etliche davon dürften zum IS übergelaufen sein - angelockt vom Geld und von seinen Erfolgen. Das wiederum spielt Assad und seinem engsten Verbündeten, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, in die Hand. In ihrer Logik sind alle Gegner Assads Terroristen. Auch wenn Putin auf dem G-20-Gipfel nun verkündete, dass es Gruppen in Syrien gibt, mit denen er sich eine Zusammenarbeit gegen IS vorstellen könne.

"Ein Teil der syrischen Opposition hält es für möglich, militärisch gegen die Terrorgruppen vorzugehen, allen voran gegen IS. Wir sind bereit, sie mit Luftschlägen zu unterstützen. Das würde bedeuten, dass Assad Truppen und die Opposition einen gemeinsamen Feind bekämpfen. Für uns sieht das nach eine guten Basis aus, um zu einer politischen Lösung zu gelangen."

Wladimir Putin

Der Westen hat Russland bislang vorgeworfen, mit seinen Luftangriffen deutlich weniger Stellungen des IS anzugreifen und vielmehr andere Assad-Gegner ins Visier zu nehmen. Die Terroranschläge in Paris, aber vor allem die Bombe, die ein russisches Flugzeug mit Urlaubern an Bord über dem Sinai zum Absturz brachte, haben Russlands Position gegenüber IS jedoch verändert: Seit gestern beschießt die russische Armee mit Langstreckenbombern und Marschflugkörpern verstärkt Ziele in der IS-Hochburg Raqqa in Syrien.


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