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Teure Privatschulen Vereinbar mit dem Grundgesetz?

Privatschulen bieten vieles, was staatliche Schulen nicht haben. Immer mehr Eltern sind bereit, dafür viel Geld zu zahlen. Arme Familien dagegen schicken ihre Kinder auf öffentliche Schulen. Eine wissenschaftliche Studie sagt jetzt: Das ist verfassungswidrig.

Von: Gerhard Brack

Stand: 06.12.2016

Handzeichen eines Kindes im Klassenzimmer | Bild: picture-alliance/dpa

Verfasst haben die Studie die Professoren Marcel Helbig und Michael Wrase vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Für den Juristen Wrase wird eine wichtige Passage im Grundgesetz missachtet. Demnach dürfen Privatschulen keine Schulgelder erheben, die ärmere Kinder ausschließen.

"Wir haben festgestellt, dass aber genau das stattfindet. Das heißt also, dass die soziale Zusammensetzung, soweit wir die Daten vorliegen haben, an den Privatschulen, dass da eben jetzt hauptsächlich Kinder aus besser gestellten Familien sind. Also genau das, was eigentlich das Grundgesetz nicht möchte."

Professor Michael Wrase, Berlin

Es war eine alte Forderung der deutschen Sozialdemokraten, zwar reformpädagogische Schulen, aber keine Eliteschulen zuzulassen, wie es sie für reiche Familien in anderen Ländern wie Großbritannien oder Belgien gibt. Dafür, dass das Sonderungsverbot des Grundgesetzes eingehalten wird, müssten die Landesbehörden sorgen. Tun sie aber nicht, meint Wrase: Die Gesetze seien sehr uneinheitlich und würden kaum kontrolliert. Von Bundesland zu Bundesland verschieden ist auch die Höhe des Schulgeldes, die als zulässig angesehen wird. In Bayern sind das aktuell 300 Euro pro Monat und Schüler.

"Das muss man sich mal vorstellen! Schon mal bis 300 Euro! Das heißt, Sie können ganz legal ohne weitere soziale Staffelung in Bayern ein Schulgeld von 300 Euro pro Monat erheben. Dass das natürlich von vornherein eine Sonderung der Schüler bedeutet, das ist ganz klar, das kann sich nicht jeder leisten, vor allen Dingen, wenn er mehrere Kinder hat, selbst der Durchschnittsverdiener nicht."

Proessor Michael Wrase

Ein Beispiel: Das Privatgymnasium in Holzkirchen

Ortswechsel: Holzkirchen bei München. Heribert Zimmermann leitet die private Volksschule und das Privatgymnasium am Ort. Kinder können hier den ganzen Tag von 07.30 Uhr bis 17:00 Uhr im Ganztag zur Schule gehen. Das Schulgeld pro Monat liegt bei bis zu 295 Euro.

"Die Eltern geben gern von ihrem Nettoeinkommen, das dann ja höher ist als unser Schulgeld, einen Teil an unsere Schule ab als Zuschuss, um ihre Kinder den ganzen Tag zu beschulen: Sie sind aus der Straße weg, sie haben ihre Hausaufgaben erledigt am Abend, und die Eltern können in Ruhe arbeiten, sie können ihr Familieneinkommen erhöhen und somit beitragen, dass sie hier in dieser teuren Gegend um München herum mit ihrer Familie leben können."

Schulleiter Heribert Zimmermann

Auch Alleinerziehende können dadurch wieder zur Arbeit gehen, seine Schule sei keineswegs nur für Doppelverdiener und Reiche.

"Es wird bei der Aufnahme des Kindes überhaupt nicht nach dem Einkommen oder Vermögen gefragt. Das Kind wird aufgenommen rein aus anderen Überlegungen, was uns wichtig ist."

Schulleiter Heribert Zimmermann

Und wenn Eltern wegen einer Scheidung oder wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes den vollen Beitrag nicht bezahlen könnren, dann seien auch Ermäßigungen oder sogar Freiplätze möglich, sagt Zimmermann. Derzeit seien in jeder der zwölf Jahrgangsstufen zwei bis drei Kinder vom Schulgeld befreit:

"Kein Kind verlässt diese Schule in einer schwieriger werdenden Situation finanziell wegen der Eltern. Da sind wir eine Solidargemeinschaft!"

Schulleiter Heribert Zimmermann

Außerdem gehört zum Konzept, jedes Kind speziell zu fördern: Die Klassen sind klein, die Leistungen der Schüler im Abitur überdurchschnittlich hoch. Trotzdem verstehen sich die Schüler nicht als Elite, betont der 18-jährige Paul aus der 12. Klasse. Auch wenn einige seiner Mitschüler sehr reiche Eltern hätten, sei das Privatgymnasium vor allem eine Schule für Kinder aus der Mittelschicht:

"Mittelschicht ist meiner Meinung nach, dass die Kinder nicht von Tag zu Tag leben und sich jeden Tag darum sorgen müssen, dass sie am nächsten Tag noch genug zum Essen haben."

Paul, Schüler, 18 Jahre

Der Schulleiter räumt ein: Gäbe die öffentliche Hand mehr Geld für Privatschulen, dann könne er auch mehr Freiplätze für Bedürftige anbieten. Der Verband der Privatschulen betont, durch ihre Einrichtungen würden Kinder in keiner Weise nach Vermögensverhältnissen gedrennt. Private Förderschulen und Berufsfachschulen sind komplett vom Schulgeld befreit, kirchliche Schulen kassieren oft nur 50 Euro im Monat. Wieder an anderen Schulen wird das Schulgeld gestaffelt, um auch für einkommensschwächere Familien offen zu sein. Außerdem gebe es in Bayern viel weniger bedürftige Kinder als beispielsweise in Berlin:

"Die Sozialhilfequote bei Schülern weicht in Berlin um 500 Prozent mehr gegenüber den bayerischen Schülern ab. Das heißt, bei uns sind ungefähr fünf bis sechs Prozent Schüler, die in einer Sozialhilfesituation leben, und in Berlin ist es ungefähr jedes dritte Kind – also ein Riesenunterschied."

Bernd Dietrich, Vorsitzender des Verbands Bayerischer Privatschulen e.V.

"Privatschule" geht aber auch anders

Allerdings gibt es eben auch einige wenige internationale Schulen, die tatsächlich "teuer" seien. Bayernweit seien das aber nur vier von insgesamt 1.300 Privatschulen, so Verbandsvorsitzender Bernd Dietrich. Die Klientel dafür: Kinder international gefragter Arbeitsmigranten:

"Die kommen zu uns, müssen in so einer Schule in mehreren Muttersprachen beschult werden, in mehreren Jahrgangsstufen, in mehreren Schwierigkeitsstufen und verlassen oftmals nach ein, zwei oder drei Jahren die Schule wieder, um irgendwo anders auf der Welt wieder eine vergleichbare Schule zu finden. Das ist teuer."

Bernd Dietrich, Vorsitzender des Verbands Bayerischer Privatschulen e.V.

Das Schulgeld dafür übernehmen in der Regel die Firmen, auch da gebe es also keine Sonderung nach dem Einkommen. Das Kultusministerium teilt auf Anfrage mit, in Bayern sei generell kein Höchstbetrag für das Schulgeld festgeschrieben, jede Schule werde überprüft und es komme immer auf den Einzelfall an. Der allerdings müsse viel stärker kontrolliert werden, verlangt Forscher Michael Wrase: Der Staat solle nur noch Schulen bezuschussen, die ganz klar das Sonderungsverbot einhalten, so seine Forderung:

"Dass man also sagt, wenn eine Schule wirklich nur Schüler von Besserverdienenden aufnimmt, dann muss sie entsprechend mit der staatlichen Förderung gekürzt werden, oder man muss eben – das sagt das Bundesverfassungsgericht – in diesen Fällen strikt kontrollieren und im Notfall auch die Genehmigung entziehen."

Sozialforscher und Jurist Michael Wrase

So weit allerdings will es in Bayern niemand kommen lassen.


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Kommentieren

Otto, Dienstag, 06.Dezember 2016, 12:00 Uhr

7. Staatliche Schulen mit hohem Ausländeranteil werden nur Handwerker und Harz 4

Empfänger produzieren. Staatliche Schulen mit vielen Flüchtlingskindern werden keine gute Basis für Hochschulstudium sein. Die deutschen Eliten, Reiche und Politiker werden auf teuere Privatschulen nicht kampflos verzichten.

  • Antwort von Manfred, Dienstag, 06.Dezember, 12:04 Uhr

    So ein Schmarrn.... - Reine Hetze, wie so oft halt.

  • Antwort von Lyn, Dienstag, 06.Dezember, 12:32 Uhr

    @Manfred, Dienstag, 06.Dezember, 12:04 Uhr

    nein. Eine Tatsache.

  • Antwort von Helmut, Dienstag, 06.Dezember, 12:40 Uhr

    @Lyn: Das ist keine Tatsache, sondern eine unzulässige Pauschalierung. Genau diese Abhängigkeit von der sozialen Herkunft prangert die Pisa-Studie seit jahren an. Das betrifft übrigens auch Kinder ohne Migrationshintergrund. Wird Zeit, daß wir unser Schulsystem auch für solche Kinder fit machen.

  • Antwort von Sozi, Dienstag, 06.Dezember, 12:41 Uhr

    Otto
    Nur Handwerker !
    Was ist an Handwerkern schlecht ?

Rimo, Dienstag, 06.Dezember 2016, 11:15 Uhr

6. "Parteiprogramm"

Nach diesem Artikel verstehe ich doch gleich besser, warum eine Partei sinngemäß "kostenlose Bildung für alle" (wieder) in ihr Programm aufgenommen hat.
Dieser Punkt löste nämlich beim ersten Lesen des Programm(entwurf)s bei mir eher Unverständnis aus.
Doch jetzt ist mir "kostenlose (gute) Bildung für alle" begreiflich geworden.

Und deshalb:
Danke für diesen Artikel.
Jetzt wären noch einige Hintergrund- oder Zusatz-Infos super - ohne, dass ich eeewig meine Suchmaschine bemühen muss.
[Aber meine Suchmaschine und ich, wir schaffen das auch 'alleine' ... ]

Stefan maier, Dienstag, 06.Dezember 2016, 11:08 Uhr

5. Tendentiöser Bericht, Normale Privatschule kostet 500-700€

Unser Kind war in Holzkirchen auf der Privatschule. Aber das war die absolut günstigste Schule im weiten Umkreis. Jede andere Privatschule hätte über 500€ gekostet, meistens 700€. Deshalb vermittelt ihr Bericht ein sehr falsches Bild der Situation.
Auf jeden Fall können sich nur gut bemittelte Eltern eine Privatschule leisten !

Rimo, Dienstag, 06.Dezember 2016, 11:06 Uhr

4. Bedenklich und bemerkenswert ...

... finde ich die "Definition" des 18-jährigen Schülers Paul von "Mittelschicht":

«Mittelschicht ist meiner Meinung nach, dass die Kinder nicht von Tag zu Tag leben und sich jeden Tag darum sorgen müssen, dass sie am nächsten Tag noch genug zum Essen haben.»

Ich glaube zwar, dass diese ausgewählte Zitat spontan geäußert wurde, + Paul keine tief schürfende Absicht damit verband ... doch es löst bei mir Stehhaare aus.

Wie weit an den unteren Rand kann die Begrifflichkeit "Mittelschicht"+deren Inhalt ( = Menschen!) noch geschoben werden?
Nach Pauls Aussage gehört jeder zur Mittelschicht, der derartig an der Erfüllung seiner Bedürfnisse knausern kann, dass er auch am Monatsletzten nicht hungern muss - nachdem er Miete+NK, Strom+Versicherungen bezahlt hat. Wenn derjenige dann noch das Ziel hat, dass er auch am letzten Kalendertag des Folgemonats nicht hungern möchte, dann hat er ja f. den kommenden Monat ebenfalls 1ne "Perspektive".
Er gehört also unfraglich zur "Mittelschicht".

Leserin, Dienstag, 06.Dezember 2016, 10:53 Uhr

3. Eliteschule für Reiche ?

Die im Bericht genannten Beträge in Höhe bis 295 € pro Monat sollen als verfassungswidrig gelten .
Soll dieses mal wieder eine Neiddebatte lostreten? Nur weil der Nachbar ein Luxusauto besitzt muss die ganze Straße das gleiche Auto besitzen ?

Bei uns kostet der Kindergarten für 5 Std. über die Mittagszeit schon 200 €. Wir gehören sicherlich nicht zu den sogenannten Reichen. Aber wenn es die Möglichkeit gibt, die beste Schulbildung für mein Kind für 300 € pro Monat zu bekommen, sind wir dabei. Dafür würde ich sogar auf vieles Verzichten, den die Bildung meiner Kinder sind mir jeden Cent wert.

  • Antwort von Manfred, Dienstag, 06.Dezember, 12:06 Uhr

    Sie haben nicht ganz richtig gelesen oder verstanden. - Bis 300 Euro gilt als akzeptabel, oft kostet es deutlich mehr.

  • Antwort von klimt, Dienstag, 06.Dezember, 19:32 Uhr

    Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Eltern den Privatschulen FREIWILLIG viel Geld zukommen lassen möchten, um Zusatzangebote o.ä zu finanzieren, die über den von Schulen geforderten "GLEICHWERTIGEN Pflichtschulbetrieb" hinausgehen!!

    Es ist skandalös, dass die staatliche Schulaufsicht (GG Art. 7 I) die Bürger WIEDER nicht vor Forderungen der Privatschulen schützt, die sich NICHT mit der Rechtsprechung und dem GG vereinbaren lassen!! (s.a. die jahrelangen Missbräuche, die vom Staat zu verantworten sind.)

    Aus dem Grundgesetz lässt sich nur das Recht auf Ersatzschulen ableiten. Eine staatliche Verpflichtung, diese zu finanzieren oder sogar finanziell besserzustellen*, als das staatliche Bildungswesen, fehlt logischerweise. S.a. Zitat des Gründervater des GG Th. Heuss im Urteil BVerfGE 75, 40 Rn. 79.

    Die staatlichen Finanzhilfen UND die von Behörden geduldeten Schulgelder bedeuten für Privatschulen erhebliche Mehreinnahmen.

    Für Bayern s.a http://hpd.de/artikel/11399