Datenabgleich erbringt: Viele Rechtsextreme besitzen Waffen
Aus einem Datenabgleich bayerischer Behörden geht hervor: Sehr viele Rechtsextreme besitzen ganz legal Waffen. Wie viele Waffen aber tatsächlich in der Szene kursieren, darüber fehle der Staatsregierung der Überblick. Das kritisiert der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter. Von Thies Marsen
Vergangenen Mittwoch im Münchner Stadtteil Obergiesing: Polizisten stürmen die Wohnung eines 58-Jährigen, der im Internet durch volksverhetzende Hass-Mails aufgefallen ist. Die Beamten finden jedoch nicht nur Computer, sondern auch ein immenses Waffenarsenal: Messer, Samurai-Schwerter, Dolche, Elektroschockgeräte, Schlagringe, Schlagstöcke, Armbrust, Pfeil und Bogen, Vorderladergewehre, Pistolen sowie zwei vermutlich funktionsfähige Langwaffen samt Munition. Für den Münchner SPD-Landtagsabgeordneten und Fachmann für Rechtsextremismus, Florian Ritter, keine Überraschung:
Florian Ritter hat unlängst mehrere Anfragen an die Staatsregierung gestellt, um herauszukommen, wie viele Waffen die Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren in den verschiedenen extremistischen Szenen beschlagnahmt haben - von links bis rechts, von Salafisten bis zu Rockern. Doch die Antwort lautete meistens: "Umfassende statistische Daten zu den Fragen liegen der Staatsregierung nicht vor."
Viele Neonazis besitzen legal Waffen
Beunruhigend ist jedoch das Ergebnis eines Datenabgleichs zwischen dem Landesamt für Verfassungsschutz und den Waffenbehörden. Dabei kam heraus, dass zuletzt drei Rechtsextremisten einen Waffenschein besaßen, 115 eine Waffenbesitzkarte und 59 einen Kleinen Waffenschein. Laut Innenministerium handelte es sich dabei vor allem um ältere Männer, insbesondere aus der inzwischen aufgelösten Neonazi-Partei DVU. Inzwischen seien mehrere Dutzend Verfahren eingeleitet worden, um Waffenerlaubnis-Scheine rückgängig zu machen. Insgesamt wurden seit 2010 bei 20 Rechtsextremisten und drei sogenannten Reichsbürgern die Waffenerlaubnis wieder entzogen.
Auch viele Rocker bewaffnet
Im Bereich organisierter Kriminalität registrierten die Behörden Ende vergangenen Jahres 110 Waffenerlaubnisse für sogenannte Rocker. Auch hier laufen mehrere Verfahren, diese Erlaubnisse wieder zu entziehen. Salafisten und Linksextremisten mit Waffenerlaubnis-Schein sind den bayerischen Behörden dagegen nicht bekannt. Auch größere Waffenfunde gab es in diesem Bereich nicht.
Anschläge bereits geplant
Ganz im Gegensatz zur Neonazi-Szene: Dort wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Waffenarsenale ausgehoben - bei Einzelpersonen - und bei Organisationen wie der Kameradschaft Süd in München, bei Wehrsportgruppen in den Landkreisen Rosenheim und Neuburg-Schrobenhausen. Und erst im vergangenen Oktober bei fränkischen Neonazis rund um Erlangen, Nürnberg und Bamberg, die schon konkrete Anschläge geplant haben sollen. Doch die Ergebnisse solcher Razzien werden nicht zentral erfasst - und das sei nach Meinung des bayerischen Innenministeriums auch nicht nötig.
"Wer sich wo wann bewegt, was die Extremisten angeht, welche legalen Waffen sie besitzen, da sind wir gut informiert, wenn wir Erkenntnis erlangen, dass jemand illegale Waffe besitzt, schreiten wir ein, von daher tun die Sicherheitsbehörden alles Mögliche, dass die Sicherheit in diesem Land gewährleistet ist."
Stefan Frey, Sprecher des bayerischen Innenministeriums.
SPD-Politiker Florian Ritter dagegen fordert ein zentrales Meldesystem. So könnten Bayerns Sicherheitsbehörden einen besseren Überblick gewinnen über die tatsächliche Gefahr, die von Extremisten ausgehe.