Gegen die Altersarmut Statt Rentengarantie mehr Betriebsrenten
165 statt 154 Euro Zulage für Riester, mehr Steuergeld für Betriebsrenten - nicht nur die gesetzliche Säule soll in Zukunft für mehr Alterssicherung sorgen. Soweit steht der erste Teil der geplanten Rentenreform.
Arbeitnehmer sollen ab 2018 bessere Möglichkeiten haben, durch eine Betriebsrente zusätzlich fürs Alter vorzusorgen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll nach Angaben aus Regierungskreisen noch in diesem Jahr ins Kabinett und 2018 in Kraft treten. Vorgesehen sind steuerliche Förderung und die Möglichkeit, Arbeitgeber von der Haftung zu befreien. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will zudem drei Millionen Selbstständige in die Rente einbeziehen.
Volle Rentenkasse
Die Finanzlage der Rentenkasse bezeichnete Nahles als gut. Trotzdem mache sie sich für eine "doppelte Haltelinie" stark. Das Rentenniveau dürfe auch nach 2030 nicht zu tief sinken und die Beiträge nicht zu stark steigen. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung von derzeit 18,7 Prozent solle erst 2022 angehoben werden, berichtete die "Bild" am Montag unter Berufung auf Angaben der Deutschen Rentenversicherung. Im Gespräch ist demnach ein Anstieg um 0,1 Punkte auf dann 18,8 Prozent.
Sieben Rentenmodelle im Überblick
FÖRDERMODELL
Der Staat fördert laut Entwurf Betriebsrenten bei Einkommen von bis zu 2000 Euro im Monat mit einem neuen Modell. Arbeitgeber bekommen 30 Prozent von Beiträgen von 240 bis 480 Euro, also 72 bis 144 Euro im Jahr - und zwar dadurch, dass der Betrag von der Lohnsteuer abgezogen wird. Mit der bereits gewährten Steuerfreiheit oder der Riester-Förderung wird das nicht verrechnet.
STEUERFÖRDERUNG
Ein höherer Anteil der Arbeitgeber-Zahlungen für die Betriebsrente wird von der Steuer freigestellt (sieben Prozent von der Beitragsbemessungsgrenze statt vier Prozent plus 1800 Euro für Zusagen ab 2004)
RIESTER-RENTE
Die Grundzulage für die Riester-Rente soll von 154 auf 165 Euro steigen. Die Anhebung der jährlichen Zulage soll vor allem der Verbreiterung der Betriebsrenten dienen, wenn in deren Rahmen geriestert wird. Sie soll aber allen Riester-Rentnern zugute kommen.
ZIELRENTE
In Tarifverträgen sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren können, dass nur noch Beiträge zugesagt werden. Die Haftung der Arbeitgeber für Betriebsrenten entfällt dann. Zugleich kann vereinbart werden, dass Versorgungseinrichtungen keine Garantien/Mindestleistungen mehr versprechen. Arbeitgeber müssen aber 15 Prozent des umgewandelten Entgelts als Zuschuss an die Pensionseinrichtung zahlen. Aufgefordert sind die Sozialpartner, im Tarifvertrag zusätzliche Zuschüsse der Arbeitgeber zur Absicherung der Zielrente vorzusehen. Die Zielrente soll das Unternehmensrisiko zum Angebot von Betriebsrenten in der Niedrigzinsphase mindern.
OPT-OUT
Ganze Belegschaften sollen in die betriebliche Altersvorsorge einbezogen werden können. Der Einzelne hat dann die Möglichkeit, sich dagegen zu entscheiden und «opt-out» zu wählen.
GRUNDSICHERUNG
Wenn man selbst Betriebs- oder Riester-Renten aufgebaut hat, sollen 200 Euro nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden, wenn man im Alter Grundsicherung braucht. Das soll Geringverdiener die Sorge nehmen, dass am Ende die sauer ersparte Zusatzabsicherung wieder weggenommen wird.
DOPPELVERBEITRAGUNG
Wollen Arbeitnehmer eine Riester-Förderung über das System der Betriebsrente bekommen, geht das nur über Entgeltbestandteile, die schon versteuert und mit Sozialbeiträgen belastet wurden. Wird die Riester-Rente später ausgezahlt, werden ein zweites Mal Beiträge fällig. Noch ist aber unklar, ob diese sogenannte Doppelverbeitragung abgeschafft wird - das wird geprüft.
Neue Wege
Mit mehr staatlicher Förderung und dem Wegfall von Rentengarantien will die Koalition die Betriebsrenten in Deutschland ausbauen. Der Gesetzentwurf von Sozial- und Finanzministerium solle in dieser Woche in die Abstimmung zwischen den Bundesministerien gehen, hieß es am Montag in Regierungskreisen. Betriebsrenten sollen vor allem bei Geringverdienern und in kleineren Betrieben weiter verbreitet werden. Der Anteil von 60 Prozent der Beschäftigten mit betrieblicher Altersvorsorge stagniert seit Jahren. Bei den Niedrigverdienern sind es nur 47 Prozent.
Pläne der CSU
Auf eine "doppelte Haltelinie" setzt auch die Union. Nach Angaben von CSU-Chef Seehofer soll mit der SPD auf dieser Grundlage über Einzelfragen wie die umstrittene Ausweitung der Mütterrente gesprochen werden.