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Terrorverfahren und Deradikalisierung Bayerns schwieriger Umgang mit den Islamisten

In den letzten Monaten ist die Zahl der Islamisten in bayerischen Gefängnissen erheblich angestiegen. Der Verfolgungsdruck nimmt zu, für rund 35 Verfahren ist eine neugegründete Zentralstelle zuständig. Dabei bräuchte es auch hauptamtliche muslimische Seelsorger, sagen Experten.

Von: Joseph Röhmel

Stand: 27.02.2017 | Archiv |Bildnachweis

Symbolbild: Smartphone mit IS-Logo auf dem Display | Bild: mauritius-images

"Wer nicht zum Islam konvertiert, landet in der Hölle", sagt der 20-jährige Thomas (Name geändert) in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg. Gerade kommt Thomas vom Gebet. Er erzählt, dass er in der Jugend früher "viel Mist gebaut hat: räuberische Erpressung, Körperverletzung".

Beeinflussbar und gefährdet

"Wichtig ist, dass man bereut. Man kann Fehler machen", sagt Ali Nihat Koc. Er ist einer von fünf ehrenamtlichen Seelsorgern, die jeden Freitag die JVA in Nürnberg aufsuchen. Er betet mit den Gefangenen, spricht mit ihnen über ihre Sorgen und Ängste. So wie mit Thomas. Für den 20-Jährigen ist der Islam eine "Anleitung fürs Leben, eine Politik". Im Gefängnis habe er zum Glauben gefunden. Der Seelsorger hält Thomas für einen beeinflussbaren und deshalb gefährdeten jungen Mann:

"Ich denke, mit ihm hat man viel Gesprächsbedarf. Es ist ganz wichtig, dass die auch den Islam von der Quelle her kennen lernen. Dass der Islam eine friedliche Religion ist. Und auch die Gefahr, die besteht, wenn die rauskommen, wenn die in irgendwelche salafistischen Kreise oder Gruppen kommen. Da werden die zwar herzlich aufgenommen, aber in eine sehr einseitige Richtung gelenkt. Das ist uns allen ein Dorn im Auge."

Seelsorger Ali Nihat Koc

Einzelgespräche manchmal notwendig

Wettlauf gegen den IS B5-Reportage vom 26.2.17 hören

Koc kommt von der Begegnungsstube Medina in Nürnberg – ein Verein, der seit 1995 den Dialog zwischen Christen und Muslimen fördert. Und der erkannt hat, dass es in Gefängnissen an muslimischen Seelsorgern mangelt. Koc würde sich wünschen, dass es hauptamtliche muslimische Seelsorger gibt. Bisher ist das nicht der Fall.

Der Freistaat bastelt an einem flächendeckenden Seelsorge-Netz. Die Seelsorger erhalten laut Justizministerium eine Aufwandsentschädigung, "deren Höhe von den Umständen im Einzelfall und der jeweiligen Anstalt abhängt". In einzelnen Städten wie Nürnberg oder Augsburg gibt es inzwischen kleinere Seelsorge-Initiativen, aber diese können nicht den gesamten Freistaat abdecken. So ist die Arbeit von Ehrenamtlichen wie Koc zwar hilfreich, aber ein Tropfen auf den heißen Stein.   

Die Seelsorger sind Ansprechpartner in religiösen Fragen. Und auch um Radikalisierung zu bekämpfen. Wer wie in Nürnberg als Extremist auffällt, der darf nicht zum Gruppentreffen. Koc führt Einzelgespräche, um den Männern deutlich zu machen, dass der Islam eine friedliche Religion ist.

IS-Flagge in der Zelle

Rund 70 Islamisten befanden sich laut Justizministerium im Freistaat zum Stichtag 8. Februar in bayerischen Gefängnissen – 21 davon Verdachtsfälle, 15 davon in Untersuchungshaft. Nach einer BR-Anfrage vom Oktober waren es noch 30.

"Die Anzahl der Gefangenen mit islamistischen bzw. salafistischen Bezügen hat sich in den letzten Monaten insbesondere durch den sehr hohen Verfolgungsdruck der Sicherheitsbehörden stetig verändert", teilt das Ministerium mit. "Bei insgesamt 11.321 im bayerischen Justizvollzug inhaftierten Gefangenen (Stand zum Stichtag 31. Januar 2017) liegt der prozentuale Anteil an Gefangenen mit islamistischen bzw. salafistischen Bezügen damit bei ca. 0,6 Prozent."

Im Verhältnis zu allen muslimischen Gefangenen ist der Prozentsatz der religiösen Extremisten also gering. Aber die wenigen fallen auf. Ein Häftling der JVA Nürnberg berichtet dem Bayerischen Rundfunk von einem Insassen mit einer IS-Flagge in der Zelle: "Ich habe es gehört und gesehen. Ich hab paar mal mit ihm geredet, ihm gesagt, dass er sich auf der falschen Seite befindet. Aber wollte nichts verstehen. Dann habe ich ihn in Ruhe gelassen."

Die Zentralstelle

Der Staat zeigt Härte gegen diejenigen, die Bevölkerung und Staat schaden wollen. Seit Anfang Januar gibt es in der Münchner Generalstaatsanwaltschaft eine "Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus".

Oberstaatsanwalt Andreas Franck ist einer von vier Juristen, die sich mit dem Thema Extremismus befassen. Ganz oben auf der Agenda: Verfahren aus dem islamistischen Spektrum.

"Das sind aufwendige Fälle, die selten unter zehn Leitzordnern zu haben sind. In denen Strukturen ermittelt werden müssen, bei denen es Auslandsvermittlungen gibt, bei denen Massen an Kommunikationsdaten, Chatverkehre ausgewertet werden müssen."

 Andreas Franck, Oberstaatsanwalt

14 Fälle vom Generalbundesanwalt

Kürzlich hat der Generalbundesanwalt in Karlsruhe in einem Brief an die Justizminister der Länder mehr Personal gefordert – aufgrund der Vielzahl an Terrorverfahren. Bald, so glaubt Andreas Franck, wird es deutschlandweit noch mehr Zentralstellen für Extremismus wie die München geben.

Auch um die Kompetenzen im eigenen Bundesland zu bündeln: "Das ist geradezu Leitidee dieser ganzen Zentralstelle, dass wir nicht auf irgendwelche regionalen Bereiche beschränkt sind, sondern zuständig sind für ganz Bayern", sagt Franck. 14 Verfahren aus dem islamistischen Milieu hat der Generalbundesanwalt den Münchner Kollegen übertragen. Insgesamt kümmert sich die Stelle um rund 35 Fälle. Darunter Personen, denen eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorgeworfen wird. Sie sollen zum Beispiel einen Anschlag geplant oder in Syrien für eine islamistische Gruppen gekämpft haben.

Alles Verfahren aus Bayern, gemeinsam ermittelt von Generalstaatsanwaltschaft und Polizei. "Beim ersten Auftreffen eines Anfangsverdachtes sind wir dabei und sprechen mit der Polizei, wie wir da vorgehen wollen, welche Maßnahmen wir ergreifen. Das ist eine eine starke Einbindung in die Ermittlungen der Polizei, was die Aufgabe sehr reizvoll und interessant macht", schwärmt Franck.







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Cosi, Montag, 27.Februar 2017, 16:59 Uhr

9. Nicht Sozialisierung!

Salafisten wollen sich nicht in unsere Gesellschaft Sozialisieren.
Wenn man das Buch gelesen hat"Nur der Teufel ist mit links"Dann weiß man was diese Leute wollen.
Für diese Leute gibt es nur die Härte des Gesetzes.Eine andere Sprache verstehen die nicht.
Ausländische Salafisten sofort ausweisen und deutsche S. die straffällig werden ins Gefängnis.
Die kann man auch nicht therapieren. , das ist vergebene Liebesmühe.
Die Hochburg der Salafisten ist NRW besonders Mönchengladbach.Köln und Duisburg.
In Bayern werden sie gut beobachtet und in Schach gehalten.
Salafistenprobleme kann ich hier nicht erkennen.

bunter Rheinländer, Montag, 27.Februar 2017, 15:19 Uhr

8. Islamisierung

Mit dem ISlam hat sich Europa enorme Probleme aufgehalst.
Die dafür verantwortlichen Politiker und ihre Familien sind dank Polizeischutz nicht gefährdet, aber die/der einfache BürgerIn.

Das ist eine Riesensauerei und niemand beendet diesen Spuk.

Christl.Bürger, Montag, 27.Februar 2017, 12:56 Uhr

7. Jeder soll vor seiner eigenen Tür kehren

Wenn jeder zunächst sich selber seiner eigenen selbstgeschaffenen Probleme annimmt, dann wäre vielleicht wieder etwas mehr Hoffnung für eine friedlichere Zukunft.
Dies bedeutet für mich, dass man hier in D gegen jeden Extremismus auch konsequent vorgeht. Nach Außen eine glaubwürdige konsequente Politik der Nichteinmischung in die Belange anderer Islam. Länder (keine Waffenliefg. (=Kurden), keine Support für Regime (Saudi-Arabien) und Diktatoren (= Erdogan durch Merkel). Das bedeutet, dass auch dort die Bevölkerungen ihre Verantwortung für ihr Land u. Gesellschaft in die Hand nehmen müssen. Und der ständige Export und Import (Kreislauf) von negativen Prozessen unterbrechen werden muss. Nur dann wird auch wieder die Verantwortung für Fehlentwicklungen deutlich werden und eine ständige Vermischung der Akteure unterbrochen, und Schuldzuweisungen gehen ins Leere. Die islam. Länder können sich nur selbst ihre gewaltigen Probleme lösen, um in die Moderne zu gelangen.

  • Antwort von Leo Bronstein, Montag, 27.Februar, 15:38 Uhr anzeigen

Christl. Bürger, Montag, 27.Februar 2017, 09:56 Uhr

6. Islam = friedliche Religion?

Wie immer soll die Religion Islam eine friedliche Religion sein, und es liegt nur am Menschen, und der soll "therapiert" werden. Woran macht man überhaupt fest, ob eine Religion friedlich oder nicht friedlich ist. Genauso falsch wäre es den Menschen als friedlich zu bezeichnen.Bis auf wenige moslemische Länder wie Malaysia (mit fernöstlicher Kultur!) etc. gibt es im Nahen Osten u. Afrika nur islam. Länder mit Bürgerkrieg oder wo ihre eigene Bevölkerung undemokratisch regiert wird. Die Zentren des Islam sind bezeichnenderweise in Saudi-Arabien und Iran, beides absolut undemokratische u. unfreie Länder. Pauschale Aussagen wie hier von Moslems dazu zeigen deutlich, dass eine ehrliche selbstkritische öffentl. Diskussion innerhalb ihrer Religionsgruppe in D nicht stattfindet. Aber wir als christlich geprägtes Land sollen alles Mögliche tun um Auswüchse des Islams zu therapieren, und um uns ein Problem einer Religion kümmern, dass sowieso hier in D nicht lösbar ist.

  • Antwort von thorie, Montag, 27.Februar, 10:57 Uhr anzeigen

  • Antwort von R.B., Montag, 27.Februar, 11:05 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leonia, Montag, 27.Februar, 11:09 Uhr anzeigen

  • Antwort von Oliver S, Montag, 27.Februar, 11:29 Uhr anzeigen

  • Antwort von R.B., Montag, 27.Februar, 11:51 Uhr anzeigen

  • Antwort von Hallo, Montag, 27.Februar, 11:54 Uhr anzeigen

  • Antwort von civis ignobilis, Montag, 27.Februar, 12:24 Uhr anzeigen

  • Antwort von Oliver S., Montag, 27.Februar, 12:41 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leo Bronstein, Montag, 27.Februar, 13:55 Uhr anzeigen

  • Antwort von K.E., Montag, 27.Februar, 15:31 Uhr anzeigen

  • Antwort von winfried, Montag, 27.Februar, 16:13 Uhr anzeigen

  • Antwort von civis ignobilis, Montag, 27.Februar, 17:05 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leo Bronstein, Montag, 27.Februar, 17:20 Uhr anzeigen

Wolfgang Schönfelder, Montag, 27.Februar 2017, 09:52 Uhr

5. Salafisten und andere...

Hallo,
auch bitte den finanziellen Aspekt denken, alle straffälligen Salafisten als Ausländer sofort abschieben und auf Strafvollzug hier verzichten, egal welche Strafen und Behandlung im Heimatland drohen, Doppelstaatsbürgen die Deutsche entziehen, das erlaubt das aktuelle GG und auch unverzüglich abschieben... Rechtmittel gegen die sofortige Abschiebung ohne aufschiebendne Wirkung und ohne Gerichtskostenhilfe nur von Ferne aus dem Heimatland.

  • Antwort von Leonia, Montag, 27.Februar, 11:11 Uhr anzeigen

  • Antwort von winfried, Montag, 27.Februar, 11:23 Uhr anzeigen

  • Antwort von Leo Bronstein, Montag, 27.Februar, 14:06 Uhr anzeigen