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Fragwürdige Methoden Wie Spanien seine Grenzen schützt

Nach wie vor machen sich Tausende Menschen auf den gefährlichen Weg von Afrika nach Europa – in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Spanien ist unmittelbar von dieser Migrationsbewegung betroffen. Das Land reagiert mit fragwürdigen Methoden.

Von: Stefan Schaaf

Stand: 12.12.2015 | Archiv

Mit Stacheldraht gesicherte Grenze zwischen dem marokkanischen Beni Ensar und der spanischen Nordafrika-Enklave Melilla | Bild: dpa/picture-alliance; Stephanie Schuster

Kilometerlange Zäune, sieben Meter hoch, bewacht von der Guardia Civil: In der spanischen Exklave Melilla schottet man sich seit langem martialisch ab – anscheinend  mit Erfolg. Vor einem Jahr war das noch anders. Da stürmten hunderte Migranten an einem Tag den Zaun, viele konnten ihn überwinden, meist mit schweren Verletzungen. Doch nun hat der Ansturm merklich nachgelassen. 2015 haben es nur noch 4.000 Flüchtlinge auf die spanische Seite geschafft. Die Abschreckung, unter anderem mit extrem scharfen Klingen, scheint zu wirken.

Hilfsorganisationen kritisieren die Situation

Spanien besitzt zwei Exklaven auf marokkanischem Gebiet – die beiden Städte Ceuta und Melilla. Hier verlaufen Europas Außengrenzen mit Afrika. In der Kommandozentrale der Guardia Civil in Madrid werden die Grenzen per Kamera ständig überwacht.  Entscheidend sei die Kooperation mit dem Land auf der anderen Seite, mit Marokko – nur gemeinsam könne man die Grenze sichern.

Von Melilla aus sieht man auf den Berg Guruguru in Marokko. Hier haben sich früher die Migranten auf den Weg zur Grenze gemacht, doch in diesem Jahr wurden ihre Lager von Marokkos Polizei einfach niedergebrannt. Auch so sieht die Zusammenarbeit mit Nordafrika aus: Marokkos Grenzpolizei kesselt die Flüchtlinge ein, trägt sie vom Zaun fort und verfrachtet sie ins Landesinnere.

Und auch das geschieht: Flüchtlinge, eigentlich schon auf spanischem  Boden, werden unter Schlägen durch eine Hintertür nach Marokko zurückgebracht. Mit dieser Praxis befasst sich nun der Europarat. Spanische Hilfsorganisationen kritisieren diese Situation. Länder wie Marokko besorgten doch für Europa das schmutzige Geschäft und hielten die Migranten auf.

"Marokko verletzt ständig die Menschenrechte, Flüchtlinge werden schikaniert und misshandelt, so treibt man sie in die Hände von Schleppern."

Paloma Favierez Ruiz, Flüchtlingsorganisation CEAR

Zurück in die Kommandozentrale der Guardia Civil: Hier blickt man noch weiter südlich, nach Westafrika. Die Regierung hat dort mit mehreren Ländern gemeinsame Kontrollen vereinbart, die den Flüchtlingsstrom begrenzen. Und so ist man im Senegal und auch in Mauretanien vertreten – ein Brennpunkt ist die Stadt Nouadhibou im Norden Mauretaniens. Von hier aus kamen noch vor zehn Jahren tausende Migranten in Booten auf die Kanarischen Inseln.

Europäischer Vorposten in Afrika

Nun geht im Hafen von Nouadhibou die spanische Guardia Civil zusammen mit mauretanischen Kollegen auf Streife. Europäische Grenzschützer mitten in Afrika – ein ungewöhnliches Bild. Täglich überprüfen Patrouillen der Guardia Civil Fischerboote vor der Küste. Vor zehn Jahren ging es hier zu wie heute im Mittelmeer. Zehntausende Afrikaner versuchten die gefährliche Überfahrt auf die Kanaren. Doch in diesem Jahr waren es nur noch ganze dreihundert – der Seeweg nach Spanien ist blockiert.

"Wir haben den Flüchtlingsstrom an dieser Stelle in der Tat bremsen können. Und wir helfen den einheimischen Behörden, Maßnahmen vor allem gegen die Schlepper-Organisationen zu ergreifen."

Pablo Formigo, Capitan Guardia Civil

Ein europäischer Vorposten in Afrika: Operation Seepferdchen nennt sich das Programm, das auch von der EU-Behörde Frontex mitfinanziert wird. Mauretanien erhält Geld und militärische Ausrüstung, damit es seine Grenzen sichert – obwohl es nach westlichen Vorstellungen nicht wirklich eine echte Demokratie ist.

Der Traum von Europa

"Früher waren es noch tausende Illegale, die nach Europa wollten, doch dank der Zusammenarbeit mit den Spaniern kommt das heute so gut wie gar nicht mehr vor."

Djop Saidou, Kommandant von Nouadhibou

Der Auftrag der dreißig Beamten von der Guardia Civil ist eindeutig – sie sollen die Grenzen dicht machen. Seit etwa einem Jahr gehören dazu auch Patrouillen an Land. Die Gespräche mit den Fischern sind für die Beamten wichtig, so bildet sich Vertrauen. Migranten aus ganz Westafrika  verdingen sich hier als Tagelöhner, doch die meisten von ihnen wollen weiter nach Norden. "Mein Traum ist Europa", sagt ein Senegalese, "dort hilft man doch den Afrikanern."

Präsenz vor Ort und Gelder der EU

Und so hat, fast unbemerkt von der großen Öffentlichkeit, Spanien ein Netzwerk in Afrika geknüpft und dort seine Grenzschützer positioniert. Mit den Patrouillen vor Mauretaniens Küste wurde die Fluchtroute über den Atlantik erfolgreich gekappt. Die Guardia Civil verteidigt Europas Grenzen – in Afrika.

"Ja, das ist so. In dieser Uniform steckt doch ein Europäer, der die EU repräsentiert. Wir schützen hier die Interessen jedes Mitglieds der Europäischen Union."

Pablo Formigo, Capitan Guardia Civil

Enge Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern, Präsenz vor Ort und Gelder von der EU: So sichert Spanien seine Außengrenzen.


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