15

Zwischen Ethik und Recht Beim Sterben helfen?

Sollen Ärzte beim Sterben helfen dürfen? Und wenn ja, wie? Mehr als ein Jahr lang hat Deutschland darüber kontrovers debattiert. Jetzt hat der Bundestag entschieden. Die Hintergründe dazu.

Von: Ariane Stürmer

Stand: 06.11.2015 | Archiv |Bildnachweis

Arzt hält Hände einer Patientin | Bild: colourbox.com

Wir alle wissen: Jeder muss irgendwann sterben. Wir wissen auch: Wir wollen nicht mit Schmerzen aus diesem Leben scheiden. Und wenn es doch so weit kommen sollte, wollen wir selber bestimmen können, wann und wie Schluss ist. Soweit die Theorie. Denn in der Praxis ist die Sache mit dem Sterben deutlich komplizierter - zumindest dann, wenn der Tod nicht einfach über Nacht kommt, sondern sich über Wochen, Monate und vielleicht sogar Jahre anschleicht. Mal in Gestalt eines Krebsgeschwürs, schmerzhaft und unausweichlich, mal als stiller Geist des Altzheimers, mal als Kerkermeister Wachkoma. Viele Menschen wünschen sich in solchen Fällen sterben zu dürfen, Umfragen machen immer wieder klar: Die Deutschen möchten, dass Ärzte ihnen legal beim Sterben helfen dürfen.

Aktiv? Passiv? Indirekt? Die Unterschiede:

Aktive oder direkte Sterbehilfe

Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten und steht nicht zur Diskussion. Bei der aktiven Sterbehilfe gibt eine dritte Person dem Patienten ein tödliches Medikament.

Welche Art der Sterbehilfe bei unseren europäischen Nachbarn erlaubt ist, darüber gibt diese Grafik einen Überblick:

Darum geht es bei der Bundestagsabstimmung

Bislang aber hatte der Gesetzgeber die Beihilfe zum Suizid nicht geregelt. Bereits jetzt nehmen viele Patienten einen letzten Weg nach Belgien, Luxemburg oder in die Niederlande auf sich. Sie gelten als die weltweit liberalsten Länder, wenn es um die Sterbehilfe geht.

Verboten ist und bleibt die aktive Sterbehilfe. Jetzt soll die gesetzliche Neuregelung für mehr Klarheit sorgen, und zwar für alle Betroffenen: Patienten, Sterbehilfe-Organisationen und Ärzte.

Fraktionsübergreifend haben sich Bundestagsabgeordnete zusammengefunden, um eigene Vorschläge für eine Neuregelung der Sterbehilfe in einen Gesetzestext zu fassen. Die Spannweite reicht von einem generellen Verbot der Sterbehilfe bis zur Zulassung unter bestimmten Bedingungen.

Vier Vorschläge zur Sterbehilferegelung

CDU + SPD

Die Parlamentarier um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sowie die SPD-Politiker Carola Reimann und Karl Lauterbach wollen es Ärzten erlauben, sterbenskranken und extrem leidenden Patienten beim Suizid zu helfen. Ihr Ziel: Rechtssicherheit für Ärzte und Patienten. Die Regeln sind streng: So muss der Patient an einer unheilbaren Krankheit leiden, zudem volljährig und einwilligungsfähig sein. Er muss über die Möglichkeiten der Palliativmedizin beraten worden sein. Ein zweiter Arzt muss die Entscheidung bestätigen.

Gestritten wurde aber nicht nur über die Form der Sterbehilfe, sondern auch über ihre möglichen kommerziellen Auswüchse. Denn einige Organisationen haben in der Sterbebegleitung ein einträgliches Geschäftsfeld entdeckt. Bislang arbeiten sie in einer gesetzlichen Grauzone.

Die dritte Interessensgruppe bilden die Ärzte. Die "Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung" von 2004 lehnen die "gezielte Lebensverkürzung" als aktive Sterbehilfe ab. Zulässig ist dagegen zum Beispiel der Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. Der Gesetzgeber aber hat für die Ärzte noch keinen rechtlichen Rahmen geschaffen.

Das sagen Politiker und Kirchenvertreter

Meinungen aus Politik und Kirche

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin

"Tod und Sterben dürfen nicht durch sogenannte Vereine oder Personen organisiert werden. (....) Wir sollten sehr, sehr vorsichtig sein zu definieren, ab wann irgendetwas nicht mehr menschenwürdiges Leben ist."







15