Edeka & Tengelmann Streit um Gabriels Ministererlaubnis
Der Übernahmepoker um Kaiser’s Tengelmann geht in die nächste Runde. Und zwar vor dem Bundesgerichtshof. Unterdessen bekommt der Bundeswirtschaftsminister politische Rückendeckung aus der CSU. Dafür wettern die Grünen umso lauter gegen die umstrittene Ministererlaubnis.
Es kommt nicht oft vor, dass sich CSU-Politiker für einen SPD-Minister in die Bresche schmeißen. Bei der umstrittenen Ministererlaubnis, die der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Übernahmepoker um Kaiser’s Tengelmann ausgesprochen hat, ist das aber der Fall. Der Hintergrund: Edeka will rund 450 Supermärkte von Kaisers’s Tengelmann übernehmen. Gabriel hatte die Fusion der Unternehmen unter bestimmten Bedingungen erlaubt und mit seiner Ministererlaubnis ein Verbot des Bundeskartellamts ausgehebelt. Doch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Fusion mit einer Eilentscheidung im Juli gestoppt. Und zwar aufgrund der Beschwerden der Edeka-Konkurrenten Rewe und Markant. In der Urteilsbegründung heißt es: „Gegen den Bundeswirtschaftsminister ist die Besorgnis der Befangenheit begründet.“
Gabriel: Erhalt von Arbeitsplätzen ist wichtig
Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Sigmar Gabriel juristisch und zieht vor den Bundesgerichtshof (BGH). Er habe nur zulässige und übliche Gespräche geführt, so der Bundeswirtschaftsminister. Und Gabriel geht es auch um eine grundsätzliche Entscheidung: Er will ein höchstrichterliches Urteil darüber bewirken, ob der Erhalt von Arbeitsplätzen in einem Unternehmen ein ausreichender Grund für eine Sondererlaubnis ist. Rückendeckung für seine umstrittene Ministererlaubnis kommt von der CSU. „Die Richter dürfen die Ministererlaubnis so nicht stoppen“, sagt der CSU-Rechtsexperte Hans-Peter Uhl. Und der rechtspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Michael Frieser, attestiert Sigmar Gabriel zwar ein ungeschicktes, aber durchaus rechtmäßiges Vorgehen.
"Das Vorgehen von Sigmar Gabriel war etwas ungeschickt. Er hätte besser kommunizieren und protokollieren sollen, welche Gespräche er geführt hat und genauere Aktenführung betreiben sollen. Aber natürlich war sein Vorgehen absolut legal. Und ich glaube auch, dass der Bundeswirtschaftsminister richtig liegt. Nicht nur zum Schutz von Arbeitsplätzen und Arbeitssicherheit, sondern auch im Gesamtblick auf die Einzelhandelssituation in Deutschland."
Michael Frieser, rechtspolitischer Sprecher der CSU im Bundestag
Scharfe Kritik von den Grünen
Neue Schlappe für Gabriel
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat heute einen weiteren Antrag des Wirtschaftsministeriums zurückgewiesen. Gabriel hatte gefordert, das Gericht solle einige Feststellungen und Schlussfolgerungen aus seiner Eilentscheidung im Juli korrigieren. Der zuständige Senat des Oberlandesgerichts hält diese Forderung für unzulässig.
Im Hauptsacheverfahren will der Senat nun am 16. November über die von den Konkurrenten Rewe, Markant und Norma eingelegte Beschwerde gegen die Ministererlaubnis verhandeln.
Ganz anders sehen das die Grünen. Gabriels Verhalten sei undurchsichtig und unglaubwürdig, so der Vorwurf. Der Bundeswirtschaftsminister verheddere sich in immer mehr Widersprüche. Es habe gemeinsame Treffen mit den Vertretern von Edeka und Kaiser's Tengelmann gegeben, die nicht protokolliert wurden. Und er habe zwei Unternehmen, Edeka und Tengelmann, zum Nachteil aller anderen bevorteilt. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen räumt das Bundeswirtschaftsministerium ein, dass Sigmar Gabriel den Kaiser's Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub und den Edeka-Chef Markus Mosa doch schon im September 2014 persönlich getroffen hat.
"Am 23. September 2014, also vor Verfahrensbeginn und der mündlichen Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens beim Bundeskartellamt am 7. Oktober 2014, haben Herr Markus Mosa und Herr Karl-Erivan Haub Bundesminister Gabriel in einem Gespräch über ihre Absicht informiert, den Zusammenschluss von Edeka und Kaiser’s Tengelmann beim Bundeskartellamt zu beantragen. An diesem Gespräch hat auch eine Referentin des Bundesministers teilgenommen."
Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf Kleine Anfrage der Grünen:
Bedenken auch im Bundeswirtschaftsministerium
Außerdem schreibt das Bundeswirtschaftsministerium in der Antwort auf die Anfrage, alternative Angebote seien zu einem späteren Zeitpunkt nicht geprüft worden, weil Verkaufsverhandlungen in einem Ministererlaubnisverfahren unzulässig seien. Einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge gab es jedoch auch Bedenken im eigenen Haus. Ein Referatsleiter im Wirtschaftsministerium soll Gabriel darüber unterrichtet haben, dass es an einer wesentlichen Voraussetzung für die Ministererlaubnis fehle, da der Edeka-Konkurrent Rewe ein ebenfalls verbindliches Angebot abgegeben habe.
Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, spricht von Gemauschel, das eines Bundeswirtschaftsministers nicht würdig sei.
"Wir haben ohnedies sehr wenige Konzerne im Lebensmittelmarkt. In Neuhausen in München beispielsweise, wo ich herkomme, da liegt die Konzentration von Rewe, Edeka und Tengelmann bei über 90 Prozent. Da haben Sie gar keine Auswahl mehr. Und es werden am Ende in Deutschland nur noch zwei oder drei Lebensmittelkonzerne sein, die alles dominieren. Das ist schlecht für die Landwirte, die kriegen kein Geld mehr für ihre Milch. Das ist aber am Ende auch nicht gut für den Verbraucher, denn wenn ich nur noch zwei oder drei Unternehmen habe, dann werden am Ende auch die Preise steigen."
Dieter Janecek, Wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag
Aussage von Gabriel vor dem Wirtschaftsausschuss im September
Die Opposition hat also viele Fragen an den Wirtschaftsminister: Zum Beispiel wann er mit wem gesprochen hat und ob er also tatsächlich in seiner Entscheidung unabhängig war. Die Grünen hatten deshalb bereits für die Sommerpause eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses beantragt. Der Antrag wurde von Union und SPD abgelehnt mit dem Hinweis, es gebe keinen dringenden Handlungsbedarf. Rede und Antwort wird Sigmar Gabriel dem Ausschuss also voraussichtlich erst im September stehen. Dann wird er sicherlich auch nochmals sein Hauptargument vortragen: Wenn Edeka den Konkurrenten Kaiser's Tengelmann übernimmt, könnte das die rund 16.000 Jobs bei der schwächelnden Supermarkt-Kette sichern.
Wie lange hält eine Jobgarantie ?
Ein Argument, das Kritiker so nicht stehen lassen. Zwar hat Gabriel eine zeitlich begrenzte Jobgarantie als Bedingung für die Fusion gestellt. Doch die gelte nur für die Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann. Edeka könnte nach dem Zusammenschluss also auch Mitarbeiter in den Edeka-Filialen einsparen oder eigene Filialen schließen. Und auch Konkurrenten wie Rewe könnten unter Edekas Marktmacht leiden - und müssten dann gegebenenfalls Mitarbeiter entlassen.
"Sigmar Gabriel gibt vor, Arbeitsplätze zu schützen. In Wirklichkeit wird er aber welche vernichten. Der Anschein dieses Verfahrens ist, dass es gleiche Regeln nur für zwei gab, nämlich für Edeka und für Kaiser’s Tengelmann. Und das benachteiligt andere. Das benachteiligt aber auch die Arbeitsplätze, die wir bei Edeka haben, die sind nämlich nicht geschützt. Es sind nur die geschützt, die von Kaiser’s Tengelmann dazukommen."
Dieter Janecek, Wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag
Auswirkungen in Bayern
In Bayern ist Tengelmann mit 187 Filialen vertreten. Es geht um rund 5.500 Arbeitsplätze. Die wären bei einer Übernahme durch Edeka erst einmal gesichert. Und zwar für fünf Jahre. So steht es im Tarifvertrag, den Verdi und Edeka ausgehandelt haben. Der greift aber nur, wenn die Übernahme tatsächlich kommt. Für die Beschäftigten wäre das von Vorteil, sagt der CSU-Bundestagsabgeordneten, Michael Frieser.
"Auch in Bayern geht es selbstverständlich um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Ich sehe nicht, dass es zu einer unglaublichen Marktmacht käme bei dieser Art von Zusammenschluss. Die Fusion muss natürlich rechtlich in Ordnung und gerichtlich voll überprüfbar sein. Aber letzten Endes glaube ich, dass der Zusammenschluss den Standort Bayern durchaus stärken könnte."
Michael Frieser, Rechtspolitischer Sprecher der CSU im Bundestag
BGH kann sich Zeit lassen
Jetzt liegt der Ball aber erst einmal beim Bundesgerichtshof. Neben dem Bundeswirtschaftsminister hat auch Edeka gegen den Eilentscheid des Oberlandesgerichts Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Eine Frist für die Entscheidung über die Beschwerden gibt es nicht. Unterdessen dürfte die politische Debatte über die umstrittene Ministererlaubnis weiter andauern. Spätestens wenn Sigmar Gabriel sich den Fragen der Opposition im Wirtschaftsausschuss stellt.
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wm, Donnerstag, 11.August 2016, 17:55 Uhr
1. Erneute Schlappe für Gabriel
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat einen,von seinem Ministerium gestellten Antrag, ABGEWIESEN!
Der große Zampano tritt von einen Fettnapf in den anderen!
Antwort von Erich, Freitag, 12.August, 00:00 Uhr
Er tritt nicht von einem Fettnapf in der anderen, er ist der Fettnapf!