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Die Türkei und die Todesstrafe Erdogan bringt die EU in die Zwickmühle

Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Nacht von Freitag auf Samstag denkt die Türkei laut über die Wiedereinführung der Todesstrafe nach und bringt die EU damit in die Zwickmühle. Jetzt braucht es mehr als klare Worte seitens der EU.

Von: Kai Küstner

Stand: 18.07.2016

Recep Tayyip Erdogan spricht auf der Istanbul Konferenz für EU Angelegenheiten am 7. Juni 2013 | Bild: picture-alliance/dpa/ Tolga Bozoglu

Die EU hat ihre rote Linie gezogen: "Kein Land, das die Todesstrafe einführt, kann Mitglied der Europäischen Union werden", so drückt es die für Außenpolitik in der EU zuständige Federica Mogherini aus. Es ist erfrischend, dies nochmal in aller Deutlichkeit so zu hören. Und klug ist es auch: Da die Brüsseler Botschaft sich mit der aus Berlin an die Adresse der Türkei deckt, erweckt die EU hier den Eindruck der Geschlossenheit.

Ist damit aber - roter Linie sei Dank – alles klar? Und der "rote Faden" für die künftigen Beziehungen mit Präsident Erdogan, an dem man sich entlang hangeln kann, erkennbar? Leider überhaupt nicht.

Harte Ansage der EU ist Selbstverständlichkeit

Was die Europäische Union mit ihrer vermeintlich "harten Ansage" zum Thema Todesstrafe tut, ist nichts weiter, als eine Selbstverständlichkeit zu Protokoll zu geben. Dass die Beitritts-Gespräche mit der Türkei vor über 10 Jahren begonnen wurden, war überhaupt nur dem Umstand zu verdanken, dass Ankara diese moralisch und juristisch verwerfliche Form der Bestrafung 2004 abschaffte. Die rote Linie zogen die Europäer also vor mehr als einem Jahrzehnt. Nicht heute.

Erdogan zuletzt mit Oberwasser

Jenseits dessen lenkt der von der EU eingesetzte "Rotstift" von der unangenehmen Tatsache ab, dass der türkische Präsident sie bald auch an anderer Stelle zwingen könnte, Farbe zu bekennen: Schon in den letzten Monaten hatte Erdogan mit seinem auf persönlichen Machtzuwachs ausgerichteten Kurs auf Seiten der "europäischen Partner" einen hässlich anzusehenden Gesichtsverlust bewirkt. Weil ziemlich offensichtlich wurde, wer derzeit wen mehr braucht.

Wer braucht hier wen mehr?

Sowohl zur Lösung der Flüchtlings-Krise als auch bei der Bekämpfung der mordendenden Terror-Milizen vom "Islamischen Staat" setzen die Europäer auf den syrischen Nachbarn Türkei. Daran hat sich auch nach dem vereitelten Militär-Putsch nichts geändert. Sollte der machtverliebte Erdogan aber das, was er unheilverkündend selbst "Säuberung" nennt, übertreiben, bringt er damit die EU noch mehr in Bedrängnis. Weil er sie damit vor die Wahl stellt: Entweder ihren bisherigen Partner oder aber das Gesicht vollends zu verlieren.

Will man dem Lauf der Dinge, was schwerfällt, unbedingt etwas Positives abgewinnen, ließe sich sagen: Hier eröffnet sich den Europäern die Chance, aus dem von Anfang an anrüchigen Flüchtlings-Pakt mit der Türkei auszusteigen. Denn schon bei Abschluss des Tauschgeschäfts war klar: Sich einem Herrn Erdogan auszuliefern, ist heikel. Mit ihm im Gespräch zu bleiben, ist dagegen unerlässlich.

Fingerspitzen-Gefühl statt harter Ansagen

Flüchtlings-Deal hin oder her: Die EU wird mit der Türkei weiter reden, mit dem Präsidenten weiter umgehen müssen. Und mit den Menschen im Land sowieso, die sich teilweise so tapfer den Panzern entgegen gestellt haben. Genauso wenig, wie ein Brexit bedeutet, dass die Briten vom europäischen Festland Richtung Polarkreis abdriften und damit die Beziehung beendet wäre - genauso wird die Türkei ewig ein Schlüssel-Land für Europa und ein Brücken-Land in Richtung Asien bleiben. Und ein NATO-Staat sowieso. Da wird die EU viel Fingerspitzen-Gefühl benötigen. Was oft deutlich schwieriger ist, als rote Linien zu ziehen.


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