Arbeit an gemeinsamer Erklärung EU wegen Türkei unter Druck
Die EU will es im schwierigen Umgang mit der Türkei offenbar weiter mit Dialog versuchen: Heute traf sich das sogenannte "Politische und Sicherheitspolitische Komitee", kurz PSK, eigens zu einem Krisentreffen.
Im PSK sind alle 28 Mitglieds-Staaten der Europäischen Union vertreten. Derzeit ist man dabei, eine gemeinsame Erklärung abzustimmen. Die soll, wie das ARD-Studio Brüssel vorab aus Diplomatenkreisen erfuhr, durchaus klarstellen, dass die EU die jüngsten Vorgänge in der Türkei mit "ernster Sorge" verfolgt.
Und soll auch die Einschränkungen der Meinungsfreiheit sowie die Verhaftungen von Oppositionspolitikern kritisieren. Allerdings deutet derzeit wenig darauf hin, dass die Erklärung in einer direkten Drohung an die Adresse Ankaras münden wird, sondern vielmehr in einem Gesprächsangebot. Man dürfte die Türkei an die Achtung der parlamentarischen Demokratie und des Rechtsstaats erinnern und auch daran, dass das Land ja ein EU-Beitritts-Kandidat ist. Und wird wohl gleichzeitig klarstellen, dass man bereit ist, den politischen Dialog mit dem Land fortzusetzen.
Wirtschaftssanktionen als Druckmittel
Dass nun alle 28 EU-Staaten an einer gemeinsamen Erklärung sitzen, ist auch der Versuch, gegenüber der Erdogan-Regierung einen geschlossenen Eindruck zu machen. Denn natürlich ist es so, dass aus den einzelnen Mitglieds-Ländern nun allerlei Vorschläge kommen, wie man am besten mit der Türkei umspringen solle. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zum Beispiel brachte Wirtschafts-Sanktionen ins Gespräch:
Asselborn begab sich allerdings historisch auf sehr dünnes Eis, als er im selben Interview Erdogan vorwarf, sich derselben Methoden zu bedienen, die auch unter der Nazi-Herrschaft benutzt wurden. Jedenfalls ist derzeit nicht absehbar, dass sich die EU-Staaten auf die Verhängung wirtschaftlich schmerzhafter Maßnahmen verständigen werden.
Österreich will Beitrittsgespräche stoppen
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz machte einen anderen Vorschlag. Nämlich den, die Beitrittsgespräche mit der Türkei sofort zu stoppen. Schon im Sommer hatte Österreich dafür geworben, stand jedoch mit diesem Vorstoß relativ einsam auf weiter Flur.
"Ich finde es wichtig, dass jetzt kein Land vorprescht, sondern dass man sich hier gemeinsam abstimmt. Europa muss lernen, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben. Daher ist es nicht sachdienlich, dass jetzt die einzelnen Außenminister ihrerseits unterwegs sind."
SPD-Außenpolitik-Experte Arne Lietz
Andere weisen beständig darauf hin, dass die EU Gefahr laufe, sich bei einem Gesprächsabbruch auch noch des letzten verbliebend Rests Einfluss, den sie auf Präsident Erdogan hat, zu berauben.
Jedenfalls blicken nun alle gespannt auf den Mittwoch. Dann wird die EU-Kommission ihren sogenannten "Fortschritts-Bericht" zum Beitritts-Kandidaten Türkei vorlegen. Ersten Vorabberichten zufolge wird das - was wenig überraschend ist - eher ein Rückschritts-Bericht werden. Ob die Kommission daraus allerdings Konsequenzen zieht und rät, den vermutlich harten Worten auch Taten folgen zu lassen, ist derzeit noch nicht absehbar.
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Otto, Dienstag, 08.November 2016, 10:32 Uhr
2. Bleibt nichts anderes übrig als Regime Change nochmal zu versuchen.
Die CIA und die NATO werden nochmal einige Putschisten anwerben müssen. Ein Problem ist, dass die meisten Putschisten im Gefängnis sind. Deswegen muß die EU dafür sorgen, dass die Putschisten frei kommen.
Francesco, Dienstag, 08.November 2016, 08:42 Uhr
1. Realitätsferne und Schmusekurs...
..... sind sicher nicht die Voraussetzungen einem Herrn Erdogan bei zu kommen. Wenn ich lese, was ein "SPD-Außenpolitik-Experte Arne Lietz" sagt, so ist das für mich vergleichbar mit der 5. Feststellung des Herrn Schulz, dass "nun endgültig eine rote Linie überschritten ist".... Glaubt denn wirklich jemand, dass derartige Sprechblasen einen Erdogan beeindrucken ? Ich kann dieses Geschwafel nicht mehr hören. Konkrete Maßnahmen der EU (Abbruch der Beitrittsgespräche, Absage bzgl. Visafreiheit, Wirtschaftssanktionen, etc.) sind jetzt endgültig mal klar auszusprechen. Und wenn es einer EU nicht gelingt, i.S. Flüchtlingspolitik einen Plan zu erarbeiten, sollen sie doch bitte alle ihren Job zur Verfügung stellen. bzw. was ist denn dann die Aufgabe der EU ? Alleingänge einzelner Länder würden nicht passieren, wenn die entsprechenden Länder erkennen könnten, dass die EU-Größen "eine gute Idee" hätten. Das ist leider nicht der Fall.