Ost und West Der "kleine" Unterschied
Auch 25 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es noch einige Unterschiede zwischen Ost und West. Manche sind marginal, andere wirken sich deutlich auf die Strukturen ostdeutscher Städte aus. Mit einem ist aber Schluss - dem Klischee von den Besser-Wessis und den Jammer-Ossis.
Ostdeutsche Frauen haben am meisten aufgeholt. Sie leben heute im Schnitt nur noch einen Monat weniger als ihre westdeutschen Geschlechtsgenossinnen. Männer hinken noch vierzehn Monate hinterher. Gäbe es die Einheit nicht, dann würde der durchschnittliche Mann Ost laut dem "Max-Planck-Institut für Demografie" in Rostock sechs Jahre, die Frau Ost vier Jahre früher sterben als Mann und Frau West. Einer anderer Unterschied hat ebenfalls mit den Frauen zu tun.
Abwanderung von Frauen bedroht Städte
"Nach unserer Projektionsrechnung sind das schon etwa 100.000 Geburten, die der Osten nicht hatte, dadurch dass Frauen viel häufiger als Männer abgewandert sind."
Prof. Steffen Kröhnert, Lehrstuhl für Demografischen Wandel Hochschule Koblenz
"Damit sind die Strukturen einer Stadt bedroht, wir haben eine ungesunde Struktur. Und daraus folgt, dass in den Vereinen, in den Kindergärten, in den Schulen diese Entwicklung abgebildet wird."
Thomas Firmenich, Bürgermeister Frankental
Einkommensschere schließt sich
Der Anteil der Älteren wächst im Osten viel dramatischer als im Westen. Eine andere Schere dagegen schließt sich: Im vergangenen Jahr betrug das Pro-Kopf-Einkommen in den neuen Bundesländern 17.700 Euro: Immerhin 84 Prozent des Einkommens im alten Bundesgebiet. Vor zwanzig Jahren verdienten Ostdeutsche gerade mal die Hälfte.
Reichtumsvorsprung des Westens
"Je nachdem wie wir gewachsen sind und gewachsen sind, sind dann weitere Bürogebäude dazugekommen. Die Türmchen über dem Sechseck entstanden, dann kam die Montagehalle dazu. Also es zeigt, die Analytik Jena AG ist eigentlich immer gewachsen und heute haben wir hier einen repräsentativen Standort."
Klaus Berka, Gründer Analytik Jena AG
Der Ingenieur Klaus Berka hat die Analytik Jena AG als eines der ersten Unternehmen überhaupt auf ostdeutschem Boden in der Nachwendezeit gegründet, als Dreimannklitsche wie er sagt. Heute hat sie einen Umsatzerlös von mehr als 120 Millionen Euro und 1.100 Mitarbeiter.
"Es geht weiter in Ostdeutschland, nur in Westdeutschland auch. Und wenn ich da fast doppelt so viele Steuereinnahmen habe wie in Ostdeutschland und das gleiche Wachstum generiert wird, heißt das in absoluten Zahlen, die Schere geht wieder auseinander. Der sogenannte Reichtumsvorsprung wächst und deswegen sind der Bundesfinanzausgleich und der Länderfinanzausgleich noch einmal auf einem Prüfstand."
Reiner Haseloff (CSU), Ministerpräsident Sachsen-Anhalt
Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, ist sich mit den ostdeutschen Länderchefs von SPD oder Linkspartei einig: es fehlen die Milliardenerbschaften, die im Westen derzeit von Generation zu Generation gehen. Im Osten gibt es viele Werkbänke, aber zu wenige Konzernzentralen, wo Steuern, hohe Gehälter gezahlt und Kunst, Sport und Soziales gesponsert werden.
Kleine feine Unterschiede bleiben
Und sonst? Die kleinen, feinen Unterschiede, wie dass Ostdeutsche vor 25 Jahren um drei Grad höher heizten als Westdeutsche, jedem im Raum zur Begrüßung die Hand schüttelten und die Klischees von den die Besser-Wessis und den Jammer-Ossis – davon wissen die Soziologen kaum noch etwas. Etwas anders bleibt aber - bis zum Ende des Lebens: Im Westen gehören 70 Prozent der Menschen einer Kirche an, im Osten, wo Bürgermeister Thomas Firmenich, gebürtiger Rheinländer, von Amtswegen oft auf Beerdigungen geht, nur 25 Prozent.
"Dann wir der Verstorbene in den Mittelpunkt gestellt, aber es gibt keinen Weg und auch keine Aussicht auf irgendetwas danach. Es ist ja auch kein Pfarrer da. Das ist so ein endgültiges Ende."
Thomas Firmenich, Bürgermeister Frankental