US-Wahlkampf und Medien Zwischen Objektivität und Parteinahme
Seit Wochen gibt es in den USA fast nur noch ein Thema: den Wahlkampf zwischen Trump und Clinton. Anders als in früheren Wahljahren erfüllen die US-Medien nicht mehr nur ihre klassische Rolle als Berichterstatter: sie ergreifen zunehmend auch Partei.
Bis zur Wahl am 8. November sind es weniger als drei Monate. Donald Trump hat in diesem Wahlkampf schon gegen viele Verhaltensregeln für Präsidentschaftskandidaten verstoßen. Sein Motto: Hauptsache, es wird über mich berichtet. Auch Negativ-Schlagzeilen sind nützliche Publicity.
Genau so unbekümmert verstößt Trump gegen ein ehernes Gesetz in der amerikanischen Politik: "Bloß keine Medienschelte - die schadet nur Dir selbst!" Darum schere sich Trump nicht, sagt Margaret Sullivan, die Medienjournalistin der "Washington Post", im Sender NPR:
"Im Zentrum seines Wahlkampfes steht die Behauptung: die Medien sind unser Feind. Und er hat dies sehr effektiv eingesetzt."
Margaret Sullivan, Medienjournalistin
Trump als Unterhaltungsfaktor
Zumindest im Vorwahlkampf der Republikaner konnte Trump mit seinen Vorwürfen gegenüber der "lügenden Presse" und den linksliberalen "Mainstream-Medien" punkten. Zumal ihm damals nur wenige Medien in den USA Kontra gaben.
Vor allem die Fernsehsender sahen in Trump anfangs einen willkommenen Unterhaltungsfaktor, weil er den etablierten Vorwahlkampf der Republikaner aufmischte und für gute Einschaltquoten sorgte. Fast täglich konnte Trump seine Überzeugungen ungefiltert von sich geben. Seit er der offizielle Präsidentschaftskandidat der Republikaner ist, so der Herausgeber des konservativen Magazins "Federalist", sind die Fernsehsender deutlich kritischer geworden:
"Sie haben endlich gemerkt, dass man ihm nicht einfach Sendezeit geben darf. Diesen Fehler haben viele Fernsehsender im Vorwahlkampf gemacht."
Ben Domenech, Herausgeber
60 Prozent von Trumps Aussagen sind falsch
Die großen Sender CBS, NBC und ABC, aber auch die Nachrichtensender CNN und FoxNews, hinterfragen nun Trumps Behauptungen viel kritischer. Viele setzen jetzt regelmäßig sogenannte "Fact-Checker" ein, die sowohl Trumps als auch Clintons Reden auf falsche Behauptungen hin überprüfen.
Das Magazin "Politico" hat kürzlich Bilanz gezogen und festgestellt: Bei Trump erwiesen sich nach Überprüfung der Fakten 60 Prozent seiner Aussagen in Wahlkampfreden als falsch - bei Clinton waren es nur knapp 15 Prozent.
Trump und seine Anhänger fühlen sich dadurch in ihrer Verachtung für die etablierten Medien nur noch mehr bestätigt. Die "Mainstream-Medien" ergriffen ständig Partei für Hillary Clinton. Das will Jim Rutenberg von der "New York Times" so nicht stehen lassen:
"Wir gehen Clinton genauso kritisch an. Aber Trump stellt einfach mehr Behauptungen in den Raum, die überprüft werden müssen. Das ist der Unterschied."
Jim Rutenberg, New York Times
Unliebsamen Medien wird Zutritt verweigert
Anders als in Deutschland veröffentlichen die Zeitungen in den USA - je näher die Wahl rückt - eine Wahlempfehlung. Für Trump haben sich bislang nur einige konservative Publizisten und mehrere rechtspopulistische Talk-Radios ausgesprochen.
Clinton hingegen hat bereits die Unterstützung von 25 Zeitungen aus allen Regionen Amerikas. Auch von den Fernsehsendern hat Trump nach seinen Angriffen auf die Eltern eines gefallenen Soldaten heftigen Gegenwind bekommen. Trump ist dennoch überzeugt, dass er die Wahl ohne - ja sogar gegen - die etablierten Medien gewinnen kann. Wer "unliebsam" berichtet, wie "Washington Post" und "New York Times", erhält keine Akkreditierung mehr zu seinen Veranstaltungen.
Wahlkampf via Twitter
Dennoch nutze Trump die etablierten Medien weiter mit schlagzeilenträchtigen Aussagen für seine Zwecke, meint der Medienexperte von CNN, Brian Stelter, selbstkritisch.
"Trump sagt: Obama ist der Gründer des IS. Wenn wir diese Aussage zitieren, selbst wenn wir sie mit Fakten widerlegen, dann gibt es doch viele, die das trotzdem glauben."
Brian Stelter, CNN
Geschickt nutzt Trump den Kurznachrichtendienst Twitter, um seine Ansichten unter das Volk zu bringen. Fast elf Millionen Follower hat er - drei Millionen mehr als Clinton. Und die etablierten Medien merken, dass es für sie trotz aller Faktenchecks immer schwieriger wird, gegen Twitter-Botschaften, Verschwörungstheorien im Netz und die Aussagen angeblicher Experten in den sozialen Medien durchzudringen.