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Rückblick Die Grundlagen der Einheit

Vor 25 Jahren besiegelten die Bundesrepublik Deutschland und die DDR zusammen mit den vier Alliierten die Geburt des geeinten Deutschlands. Der "Zwei-plus-Vier-Vertrag" gab Deutschland die volle Souveränität zurück. Der Weg zur Wiedervereinigung war damit frei.

Von: Christian Schaaf

Stand: 28.09.2015 | Archiv

Vertragsunterzeichnung in Moskau | Bild: picture-alliance/dpa

Das politische Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin. Kilometerweise Akten lagern hier. Viele Schätze sind darunter. Doch eine schmale graue Kiste mit der Signatur MULT - 781 enthält etwas ganz Besonderes: Den in rotem Leder eingebundenen sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990. Er gehört mittlerweile zum "Memory of the World" - also zum Weltgedächtnis der UNESCO - und auch für Historiker, wie Manfred Görtemaker, ist er etwas ganz Besonderes.

"Der Zwei-plus-Vier-Vertrag ist praktisch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland für die Außenpolitik. Insofern war es natürlich ein ganz entscheidender Vertrag für die Wiedervereinigung Deutschlands 1990. Es ist aber nach wie vor ein relevanter Vertrag für das heutige Deutschland, weil es ein sogenannter Statusvertrag war. D.h. hier wurden eben nicht nur die Grenzen geregelt, sondern auch der Status, den Deutschland eben nach der Wiedervereinigung haben sollte."

Manfred Görtemaker

Volle Souveränität für Deutschland

In ihm ist festgeschrieben, dass nach dem 3. Oktober 1990 das vereinigte Deutschland ein eigenständiger Staat sein soll - mit voller Souveränität. Unterschrieben haben das Dokument die Außenminister der Siegermächte UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich sowie der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland und der Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, der heute noch stolz auf diesen Vertrag ist.

"Ich glaube, die ganze Tragweite dieser Wirkung des Vertrages ist, dass er eigentlich die Voraussetzung für die Einigung Europas war und dass die osteuropäischen Staaten zu Europa kommen können. Dem stand ja immer die deutsche Teilung entgegen. Und letztendlich haben wir das Tor zu einem sich einigenden Europa aufgestoßen."

Lothar de Maizière

Bevor der Zwei-plus-Vier-Vertrag unterschriftsreif war, mussten die Alliierten des Zweiten Weltkrieges davon überzeugt werden, dass das neue, vereinigte Deutschland keine Gefahr mehr sei für den Weltfrieden. Und das gelang.

Deutschland darf Nato-Mitglied bleiben

Die Sowjetunion hatte zuvor zugestimmt, dass ein wiedervereinigtes Deutschland Mitglied in der NATO sein dürfe und dem westlichen Verteidigungsbündnis erlaubt, Truppen auf dem ehemaligen Gebiet der DDR zu stationieren, sobald die Rote Armee dort abgezogen sei. Ein Zugeständnis, das erkauft war, wie der ehemalige Kohl-Berater Horst Teltschick heute zugibt:

"Die wirtschaftlichen Probleme, mit denen Gorbatschow konfrontiert war, haben uns geholfen."

Horst Teltschick

Zunächst ein Fünf-Millarden-DM-Kredit und noch einmal zwölf Milliarden DM für den Abzug der Sowjet-Truppen aus Deutschland flossen dafür nach Moskau. Geld, das dringend gebraucht wurde, denn die UdSSR lag wirtschaftlich am Boden und war nun froh, die marode DDR nicht mehr weiter unterstützen zu müssen.

"Europäische Umarmung"

Die Westlichen Alliierten - Frankreich, USA und Großbritannien - wurden mit dem Zugeständnis überzeugt, Deutschland werde sich fest in eine Europäische Union integrieren. Altkanzler Helmut Kohl spricht heute von einer europäischen Umarmung durch die Wiedervereinigung.

"Also zunächst einmal muss man ja sagen, hat schon die Deutsche Einheit der Entwicklung in Europa einen ungeheuren Drive gegeben, weil eben nicht nur die Europabegeisterung plötzlich ausgebrochen ist, sondern die Erkenntnis, wenn wir die Deutschen ins Bett ziehen, liegen wir zusammen im Bett, das ist viel ungefährlicher als wenn sie nicht im Bett bei uns liegen und treiben sich draußen herum. Um es in einem Bild zu sagen. Und wir können sie dort umarmen, was ja auch geschehen ist."

Helmut Kohl

Die Europäische Einigung mit einer gemeinsamen Währung - sie wurde im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 vorweggenommen, so Historiker wie Manfred Görtemaker. Die Wiedervereinigung hat daher bis heute Auswirkungen auf die Tagespolitik.

"Alles das, was dort dann als Ergebnis zustande kam, beeinflusst unser heutiges Dasein ganz fundamental und wird auch die künftigen Generationen maßgeblich betreffen. Insofern ist das ein Vertrag, in dem nicht nur geregelt ist, was für uns heute wichtig ist, sondern es ist ein Vertrag, in dem auch die Zukunft bereits klar vorgezeichnet ist."

Manfred Görtemaker


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