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Wie sicher sind wir? Gefährder und politisch Verirrte in Zeiten des Terrors

Im Kampf gegen den Terrorismus verschärft der Staat die Gesetze und die Überwachung von Gefährdern. Nach Recherchen des Funkstreifzugs gibt es inzwischen auch Islamkritiker aus dem rechten Spektrum, die sich besorgter Bürger annehmen. Die Hintergründe sind fragwürdig.

Von: Joseph Röhmel und Carola Brand

Stand: 07.05.2017 | Archiv |Bildnachweis

Der Funkstreifzug: Gefährder und politisch Verwirrte in Zeiten des Terrors

Rund 650 Gefährder sind laut Bundeskriminalamt in Deutschland polizeibekannt. Der Generalbundesanwalt rechnet in diesem Jahr mit bis zu 600 Verfahren gegen Terroristen, Gefährder und IS-Sympathisanten. In der Bevölkerung schüren derartige Zahlen Ängste. Nach Recherchen des Funkstreifzugs ruft das auch Islamkritiker auf den Plan.

Islamkritiker aus dem rechten Spektrum mischen mit

Wir treffen eine besorgte Mutter aus Bayern, deren Tochter konvertiert ist und nach islamischem Recht einen IS-Sympathisanten geheiratet hat. Die Mutter erzählt, sie sei Teil einer neu gegründeten und deutschlandweit vernetzten Gruppe. Diese leiste Widerstand gegen den Islam.  

"Die Ziele dieser Gruppe sind einfach, Menschen wie mir zu helfen und andere aufzuwecken. Der Islam und die Scharia verträgt sich nicht mit dem deutschen Grundgesetz, und hat hier in Deutschland nichts verloren."

Frau aus Bayern, deren Tochter einen Islamisten geheiratet hat

Die Gruppe habe auch ein Interview der Mutter mit einem Magazin organisiert. Das Magazin gilt als rechtspopulistisch. Es verbreitet Verschwörungstheorien und verteufelt den Islam. Im Artikel wird das Bild einer verfolgten Frau gezeichnet, die sich vor ihrem Schwiegersohn, dem gefährlichen Islamisten, verstecken muss und die deshalb auf Personenschützer angewiesen ist. Der gesamte Text wirkt alarmistisch. Inzwischen hat es in der Gruppe Streit gegeben, erzählt die Frau.

Kampf gegen Terror: Wie der Staat seine Bürger schützt

Islamkritikern dient der Fall offensichtlich, um ihn zu instrumentalisieren. Zum Beispiel, um Justiz und Sicherheitsbehörden als machtlos im Kampf gegen den Terror darzustellen. Ist die Geschichte tatsächlich ein Beleg dafür, dass der Staat seine Bürger nicht wirksam schützt? Keineswegs, der islamistische Schwiegersohn der Frau sitzt inzwischen in Haft - wegen versuchter Ausreise in ein Terrorcamp des IS.

Elektronische Fußfessel für Gefährder

Hundertprozentige Sicherheit gibt es allerdings nicht und nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin wurde klar, dass bei der Überwachung des Gefährders Anis Amri Fehler gemacht wurden. Seitdem haben Bund und Ländern weitere Gesetze verschärft und die Überwachung von Gefährdern verstärkt. Ein Beispiel ist die elektronische Fußfessel für Gefährder.

Der Bundestag hat beschlossen, dass Gefährder künftig damit überwacht werden können. Ob das Anschläge verhindern kann, ist umstritten. Kritik kommt unter anderem von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die Fußfessel sei eine besseres Babyphone, sagt Bayern-Chef Herrmann Benker: "Der Anschlag auf eine Kirche in Frankreich konnte auch nicht verhindert werden, obwohl einer der Angreifer eine Fußfessel tragen musste."

Sicherheit: Bayern fährt eine andere Linie

Egal ob ohne oder mit Fußfessel: Alle Gefährder im Blick zu behalten, ist eine Mammutaufgabe für die Sicherheitsbehörden. Nicht alle Islamisten, die als Gefährder registriert sind, leben zwangsläufig in Deutschland. Beispiel Bayern, wo sich laut Innenministerium von 40 Gefährdern ungefähr nur die Hälfte im Freistaat aufhält. Auch die föderale Polizeistruktur macht die Überwachung zur Herausforderung, sagt Hermann Benker von der Deutschen Polizeigewerkschaft.

"Die Polizei in Bayern hat, was die politische Rückendeckung betrifft, aber auch die Vorgaben betrifft, eine andere Linie. Wir haben eine sehr niedrige Einschreitschwelle. Es gab bei uns noch nie rechtsfreie Räume. Ich halte diese Vorgehensweise für richtig, zumal sie durch die Polizeigesetze und Rechtsvorschriften in Bayern unterstützt wird."

Hermann Benker, Deutsche Polizeigewerkschaft

Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Vorratsdatenspeicherung. Bundesweit nutzen Polizei und Strafverfolgungsbehörden dieses Instrument. Als einziger Verfassungsschutz in Deutschland darf die bayerische Behörde seit vergangenem Sommer Telefonate bis zu zweieinhalb Monate zurückverfolgen. Auf diese Weise lassen sich Rückschlüsse ziehen, wann wer wie lange mit wem telefoniert hat. Aus ermittlungstaktischen Gründen ist das wertvoll, wenn es darum geht, die Vernetzung von Gefährdern zu rekonstruieren.

Verfassungsschutz: Hassprediger tragen zur Radikalisierung bei

Wie die Sicherheitsbehörden inzwischen arbeiten, lässt sich auch am Fall eines extremistischen Predigers ablesen, der in ganz Deutschland unterwegs ist und in Bayern immer wieder in Moscheen aufgetreten ist, die der Verfassungsschutz als salafistische einstuft. Dutzende Youtube-Videos hat der Prediger Abul Barra in den letzten Jahren produziert. Unter anderem bezeichnet er die in Deutschland strafbare Beschneidung von Frauen als "Ehre":

"So normalisiert sich das Verhältnis dieser Frau zur Intimität."

Abul Baraa, Salafist, über die Beschneidung von Frauen

Reden Abul Baraas können eine Radikalisierung befördern, sagt der Verfassungsschutz. Im März sollte Abul Baraa in München auftreten. Aber auf der Facebook-Seite der Salafisten-Moschee findet sich der Hinweis:

"Leider müssen wir euch mitteilen, dass der Unterricht aufgrund einiger Komplikationen abgesagt werden muss."

Facebook-Eintrag einer Münchner Salafisten-Moschee

Haben die Sicherheitsbehörden Druck ausgeübt? Der Funkstreifzug hakt nach. Der bayerische Verfassungsschutz teilt schriftlich mit, hinsichtlich extremistischer Moscheen finde ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden statt.

"Durch diesen konsequenten Ansatz gibt es in Bayern nur noch sehr selten Moscheen, die salafistischen Predigern eine Plattform bieten."

Antwort des Verfassungsschutzes

Die Münchner Polizei sagt auf Anfrage des Funkstreifzugs, sie pflege über Kontaktbeamte einen Dialog mit Moscheen - auch mit jenen, die als salafistisch gelten. Es ist gut vorstellbar, dass die Polizei den Verantwortlichen der Moschee gesagt hat, dass sie Abul Baraa kritisch sieht. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit: Am Ende können die Sicherheitsbehörden nicht verhindern, dass der radikale Prediger wiederkommt. Denn dazu fehlen Gesetze, die ein Auftreten von Hasspredigern unmöglich machen. Gegen ihre Aktivitäten kann laut Bundesinneministerin nur dann eingeschritten werden, wenn sie sich gegen Strafgesetze richten. Das ist bei Abul Baraa nicht der Fall.

Ein Syrien-Rückkehrer als Deradikalisierer?

Um salafistischen Predigern entgegenzutreten, braucht es Deradikalsierung. Mit Strafverfolgung allein könne man den Terrorismus nicht bekämpfen, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière kürzlich in Berlin. Das betrifft auch Gefängnisse - bekannt als Orte der Radikalisierung. Wie umgehen mit Gefährdern im Knast?

"Erst dann anzusetzen durch Kontrollen, wenn die draußen sind – elektronische Fußfessel, Gebotszonen, also, dass man nur bestimmte Bereiche aufsuchen darf oder eben nicht aufsuchen darf. Örtlicher Hausarrest oder sonst was. Das ist ein Ansatz, der aus meiner Sicht zu spät erfolgt", sagt Adam Ahmed, ein Münchner Rechtsanwalt, der immer wieder Dschihadisten vor Gericht betreut. Er fordert, schon im Gefängnis brauche es einen besonderen Umgang mit Islamisten. Der Anwalt denkt an einen Syrien-Rückkehrer aus München, den er vor Gericht vertreten hat und der zu elf Jahren Haft verurteilt wurde - wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Der junge Mann gilt als geläutert, ist ein wichtiger Zeuge in vielen Dschihadisten-Prozessen.

"Dass jemand, so wie mein Mandant, der sich distanziert hat, sich mit diesen Personen im Rahmen von Gruppengesprächen unter Aufsicht auseinandersetzt."

Adam Ahmed

In der Tat wird darüber nachgedacht, den Syrien-Rückkehrer in der sogenannten Deradikalisierungs-Arbeit einzusetzen. Noch ist es aber zu früh zu sagen, ob das wirklich funktioniert. Ganz allgemein heißt es aus Sicherheitskreisen, dass auch davon abhängt, wie sich eine Person in einem noch nicht abgeschlossenen Deradikalisierungsprozess entwickelt.







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Richtig!, Montag, 08.Mai 2017, 07:13 Uhr

30. @26 Endlosschleife

Da müßten einfach viele mal ihr ehrenamtliches Engagement bei der Willkommenskultur aufgeben, dann würde dies bei unserer Regierung schon anders aussehen. Viele, auch meine Freundin fühlen sich nämlich ausgenützt und überfordert mit dieser Arbeit.
Vor kurzem erfuhr ich auch von einem Professor für Ingenieurwesen, daß er einige männliche Studenten aus Afrika habe, die seien alle sowohl sprachlich als auch inhaltlich so schlecht (es fehlen anscheinend grundlegende Dinge für ein Ingenieursstudium) und die wollen sich dann auch noch in französisch unterhalten, so daß er starke Zweifel hegt, wie die dieses Studium durchziehen wollen. Zum Vergleich: Dafür hat er noch 2 südostasiatische junge Frauen, deren Deutsch auch nicht brillant ist, aber inhaltlich seien die supergut und bienenfleißig.
Da frage ich mich, wie diese Leute hier Fuß fassen wollen, was für ein Schulniveau deren Schulabschlüsse haben und wie die überhaupt zu diesem Studiengang kamen.

  • Antwort von R.S., Montag, 08.Mai, 11:08 Uhr anzeigen

  • Antwort von R.B., Montag, 08.Mai, 20:42 Uhr anzeigen

Povax, Montag, 08.Mai 2017, 02:45 Uhr

29. Klasse Bericht mit vielen Aspekten

Und sicher ist auf alle Fälle, dass der Rechtsstaat geeignete Antworten finden wird. Leider zwar meist zu spät, aber sie werden gefunden.

Ich würde besonders auf befristete Gesetze setzen. Ist die Bedrohung besonders hoch, müssen die Sicherheitsbehörden deutlich stärkere Eingriffsrechte bekommen. Wenn es in 10 Jahren keinen islamistischen Terrorismus geben sollte, dann müssen auch die Eingriffsrechte wieder abgesenkt werden. Die Vorratsdatenspeicherung war für mich schon lange eine Notwendigkeit, aber im konkreten Bezug zur Bedrohung. Oder stört sich jemand daran, daß die Polizei nach einem Einbruch Spuren sichert?
Allerdings hinkt die Rechtsverfolgung ins Ausland noch weit hinterher. Türkische Callcenter Betrüger haben freie Hand. Das Internet ist grenzenlos, die Justiz quält sich mit langwierigen Rechtshilfeabkommen. Völlig unhaltbar ist dieser Zustand. Länder sollte der Zugang zum Netz gesperrt werden, wenn Mindeststandards nicht eingehalten werden.

  • Antwort von Inge, Montag, 08.Mai, 12:11 Uhr anzeigen

Haderner, Sonntag, 07.Mai 2017, 23:54 Uhr

28. Kommentar1 Antwort von Leo Bronstein/Obdachlose

@ Leo Bronstein: Ihre Aussage - in der DDR gab es keine Obdachlosen - .

Ist es das was sie für ihre Obdachlosen wollen ?
Ihre Obdachlosen auch ?

Gab es, aber in verschwindend geringem Maße. Grund dafür war, dass bereits bei Anzeichen überdurchschnittlichen sozialen Abstiegs Maßnahmen staatlicher Beaufsichtigung und Betreuung griffen. Rechtliche Grundlage war die sog. "Gefährdeten-Verordnung" aus dem Jahr 1979, welche die Abteilungen Inneres der Räte der Kreise, Städte und Gemeinden berechtigte und verpflichtete, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Das reichte über das Zurverfügungstellen von Wohnraum und Arbeitsplatz bis zu regelmäßigen Meldeterminen und "Erziehungsgesprächen".

Bei Leuten, die sich dem absichtlich entzogen, konnte am Ende ein Strafverfahren wegen krimineller Asozialität gem. § 249 StGB (DDR) stehen.


  • Antwort von Inge, Montag, 08.Mai, 12:06 Uhr anzeigen

  • Antwort von Clochard, Montag, 08.Mai, 13:39 Uhr anzeigen

El Gringo, Sonntag, 07.Mai 2017, 23:03 Uhr

27. Islam

Wenn man die Kommentare und Antworten so liest , kann man nur sagen " Armes Deutschland " . Dabei geht es mir um unsere Kinder und Enkel!! Denn die Typen , die das , was heute abläuft , zu verantworten haben , sind ja jetzt schon nicht mehr in der Lage zu sehen , was sie angerichtet haben , bzw was sie anrichten. Wie soll das erst in einigen Jahren sein! Da schreibt eine Gabi , daß sie gerne das Christentum mit dem Islam tauschen würde?! Da fällt einem normalen Mitteleuropäer nichts mehr ein! Ein e Frage hätte ich noch ! " lebt eigentlich die Alice Schwarzer noch ? " Mich würde interessieren, was sie zur sharia sagt! Burka , Beschneidung etc.

  • Antwort von Inge, Montag, 08.Mai, 12:23 Uhr anzeigen

Endlosschleife , Sonntag, 07.Mai 2017, 21:02 Uhr

26. Ich habe Angst. Diese Willkommenskultur wird schlecht enden.

An dem großen Brocken Asyl wird Deutschland ersticken !
Das finden Antifa, Proasyl, Grüne, Linke und einige von der SPD offensichtlich gut.
Deutschland wird nach und nach im Chaos, Armut, Kriminalität und Terror versinken.

  • Antwort von Leonia, Montag, 08.Mai, 09:39 Uhr anzeigen