NSU-Prozess


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398. Verhandlungstag, 14.12.2017 Nebenkläger kritisiert Nebenkläger

Rechtsanwalt Mustafa Kaplan, der im NSU-Prozess eines der Opfer des Nagelbombenanschlages in der Kölner Keupstraße vertritt, übt in seinem Schlussvortrag deutliche Kritik an vielen seiner Kollegen. Gleichzeitig bescheinigt er dem Gericht eine hervorragende Verhandlungsführung.

Von: Christoph Arnowski

Stand: 14.12.2017 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

14 Dezember

Donnerstag, 14. Dezember 2017

Was hat der NSU-Prozess geleistet und was nicht? Diese Frage spielt seit vielen Verhandlungstagen in den Plädoyers der Opferanwälte eine zentrale Rolle. Und die meisten Nebenklage-Vertreter haben ihren Schlussvortrag zu teils heftiger Kritik an Bundesanwaltschaft und dem Gericht genutzt.

Sie bemängelten immer wieder, dass in diesem Prozess zu wenig getan wurde, um das staatliche Versagen von Verfassungsschutz und Ermittlern zu thematisieren. Auch die These der Bundesanwaltschaft, der NSU habe nur aus Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe und ganz wenigen Unterstützern bestanden, war in vielen der Plädoyers heftig kritisiert worden.

Ein Nebenklagevertreter nach dem anderen bemängelte, dass viel zu wenig dafür getan worden sei, die rechte Szene in Deutschland aufzuklären und damit weitere Helfer des NSU zur Verantwortung zu ziehen. Rechtsanwalt Mustafa Kaplan vertrat heute eine gänzlich andere Sicht.

Ein Strafprozess, kein Untersuchungsausschuss!

Natürlich stelle sich die Frage, so Kaplan, ob die Verfassungsschutzbehörden weggeschaut hätten, als der NSU seine Verbrechen beging. Doch das müsse in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden. In einem Strafprozess gehe es einzig darum, den Angeklagten ihre persönliche Schuld nachzuweisen. Dass die Angehörigen der Opfer vor Gericht Aufklärung verlangt hätten, sei völlig in Ordnung. Sie, so der Rechtsanwalt aus Köln, hätten das Recht, emotional zu reagieren und vieles "schwarzweiss" zu sehen. Aber Anwälte, so Kaplan in seiner Abrechnung mit der Mehrheit der Nebenklagevertreter, sollten als Organe der Rechtspflege wissen, dass ein Strafverfahren niemals der gesellschaftlichen Aufklärung dienen könne.

"Den Unterschied zwischen einem Untersuchungsausschuss und einem Strafprozess sollten Sie ihren Mandanten schon erklären können."

Mustafa Kaplan, Nebenklagevertreter

Keine Zweifel an der Schuld

Mit den Angeklagten ging der Kölner Anwalt ebenso hart ins Gericht. Unmissverständlich stellte er fest, dass es keine vernünftige Zweifel an ihrer Schuld gebe. Und dass sie kein Recht hätten, ihre Taten mit politischen Motiven zu rechtfertigen.

"Unschuldige Menschen hinzurichten, ist keine politische Handlung."

Mustafa Kaplan, Nebenklagevertreter

Das gleiche gelte für Banküberfälle und Bombenanschläge. Immerhin, in diesen Punkten dürften sich alle Anwälte der Nebenklage einig sein.

Das andere Plädoyer des Tages

Zuvor hatte der Berliner Rechtsanwalt Eberhard Reinecke in seinem Plädoyer ganz andere Akzente gesetzt. Er ließ immer wieder Kritik an Bundesanwaltschaft und Gericht anklingen. Merkte an, dass zwar viele Unterstützungsstraftaten verjährt seien. Aber die, die sie begangen und im Prozess als Zeugen dazu ausgesagt hätten, eigentlich wegen Falschaussagen zur Rechenschaft gezogen werden müssten.

Reinecke gab sich erstaunt, dass "leicht überprüfbare Angaben" nicht überprüft wurden. Ausführlich legte er auch dar, dass er die stets schriftlich erstellten Antworten der Hauptangeklagten Beate Zschäpe auf die Fragen des Gerichts nicht für glaubwürdig halte. Er kritisierte, dass sie viele hundert Fragen der Nebenkläger überhaupt nicht beantwortet und dafür auch keine nachvollziehbare Begründung geliefert habe. Reinecke wertete das als "Teilschweigen", das auch Rückschlüsse erlaube.  Zschäpe wolle damit lediglich vermeiden, sich in "weitere Widersprüche" zu verwickeln.

Bald haben die Verteidiger das Wort

Mittlerweile haben die meisten Nebenklaganwälte ihren Schlussvortrag gehalten. Einige wenige stehen noch aus, kurz nach der Weihnachtspause dürften dann die Verteidiger das Wort haben. Die letzte große Etappe in diesem Mammutprozess ist damit in Sichtweite. Das machte auch der Vorsitzende Richter Manfred Götzl deutlich, als er erstmals fragte, ob sich die Verteidiger der insgesamt fünf Angeklagten bereits abgesprochen hätten, in welcher Reihenfolge sie ihre Schlussvorträge halten wollen.


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