dpa BR-Intendantin: Sender soll mehr und mehr Kommunikationsraum werden
Die neue Intendantin des Bayerischen Rundfunks kennt den Sender seit ihrer Kindheit in Oberbayern. Als erste Chefin in der BR-Geschichte steht sie nun vor großen Aufgaben: Sparen und Innovation zugleich.
München (dpa) – Seit ihrer Wahl im Herbst hat sich die neue Chefin des Bayerischen Rundfunks (BR), Katja Wildermuth, kaum öffentlich zu ihrem Amt an der Spitze der viertgrößten ARD-Anstalt geäußert. Zum Antritt sprach sie mit der Deutschen Presse-Agentur über ihre Ziele bei dem öffentlich-rechtlichen Sender.
Frage: Was sind die größten Herausforderungen für den BR jetzt und längerfristig?
Antwort: Oberstes Ziel muss sein, dass die Leute quer durch die Gesellschaft sagen: Es ist gut, dass es den Bayerischen Rundfunk gibt, und wir sind bereit, dafür auch einen finanziellen Beitrag zu leisten. Daneben müssen wir vor allem dafür sorgen, dass der BR weiterhin die Vielfalt der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten widerspiegelt und somit die immer differenzierter werdende Gesellschaft abbildet.
Frage: Wie wollen Sie diese Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Angebots und die Vielfalt konkret fördern?
Antwort: Ich wünsche mir, dass der BR immer mehr zu einem Kommunikationsraum jenseits des Sendens - des klassischen Programmangebots - wird und in den Dialog mit den Leuten geht. Dieser Raum soll ganz bewusst auch in Abgrenzung zu algorithmus-getriebenen Echokammern der sozialen Netzwerke stehen und verlässlich sein, auch gegen Fake News.
Wir brauchen eine medienmündige Gesellschaft. Sie muss die Inhalte auf ihren Smartphones nicht nur bedienen, sondern vor allem auch beurteilen können. Da kann der BR viel dazu beitragen, indem er transparent macht, wie wir arbeiten, indem er Leute in Redaktionen einlädt und zeigt: Wie funktioniert Recherche? Was sind Quellen? Wie entsteht mein Newsfeed?
Frage: Die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Euro wird von Sachsen-Anhalt blockiert - nun soll das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Was passiert beim BR, wenn das Plus nicht kommt?
Antwort: Wir schauen uns das erst einmal genau an. Ich werde versuchen, keine vorschnellen Kürzungen im Programm vorzunehmen. Sondern das aufgreifen, was das Bundesverfassungsgericht angeraten hat. Nämlich, dass wir für die fehlenden Mittel erstmal in Vorleistung gehen. Aber das geht nur eine gewisse Weile - sicher nicht zwei, drei Jahre lang.
Was wir als BR entschieden haben ist, dass wir die bereits 2020 zum April 2021 ausgehandelte Tariferhöhung, die eigentlich an die Beitragsanpassung gekoppelt war, dennoch durchführen. Das sind wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einfach schuldig, nach allem, was sie im letzten Jahr geleistet haben.
Frage: Was werden Sie am Osten vermissen?
Antwort: Joggen im Rosental und die Thomaner-Sänger in Leipzig auf der Straße. Sie kommen an Heiligabend ins Viertel und singen, und die Leute kommen runter und wünschen sich Frohe Weihnachten. Das ist einfach zauberhaft.
Frage: Was lieben Sie am BR?
Antwort: Ich habe von Kind auf eine emotionale Bindung zum BR. Ich habe früher immer auf dem Kassettenrekorder die Lieder von der Sendung «Pop nach 8» aufgenommen. Teilweise habe ich die Kassetten auch noch. Am schlimmsten war es beim Aufnehmen, wenn der Moderator reingeredet hat. Ich kann auch die BR-Fernsehserie «Irgendwie und Sowieso» auswendig. Oder «Monaco Franze» und den «Pumuckl». Das alles ist für mich ganz viel Daheimsein.
Frage: Was wollen Sie an Weihnachten geschafft haben?
Antwort: Ich glaube, dass die erste Phase sehr stark von Zuhören geprägt sein wird. Gut wird sein, wenn ich das Gefühl habe, ich habe die Menschen im BR wirklich kennenlernen können. Wir haben uns wirklich, niederschwellig und unkompliziert auf Augenhöhe austauschen können und uns gemeinsam Dinge vorgenommen. Perspektivisch halte ich auch Off Air für ganz wichtig, für unsere Kultur, für die bayerischen Regionen. Also Festivals oder Programm-Events und natürlich die Auftritte unserer Klangkörper. Ich hoffe, dass wir möglichst bald auch wieder raus können. Dass wir wirklich neben dem Senden und digitalen Begegnungen den Kontakt zu den Menschen im Realen wieder stärker pflegen können.
ZUR PERSON: Katja Wildermuth ist Journalistin, Medienmanagerin und Programmmacherin. Die 55-Jährige hat Erfahrungen in mehreren ARD-Anstalten gesammelt. Nach journalistischen Stationen war sie im Norddeutschen Rundfunk zwischen 2016 und 2019 Programmbereichsleiterin Kultur und Dokumentationen beim NDR Fernsehen. Zuletzt hatte sie beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) die Position der Programmdirektorin am Standort Halle inne. Die studierte Historikerin wuchs in Bayern auf und studierte auch dort. Sie promovierte ebenfalls in München.
Interview: Roland Freund