Presse - Intendantin


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Mittelbayerische Zeitung / Passauer Neue Presse / Donaukurier "Unsere Antwort ist Qualitätsjournalismus"

Stand: 28.06.2024

Dr. Katja Wildermuth (Intendantin, Bayerischer Rundfunk), Juli 2021. | Bild: BR/Markus Konvalin

Intendantin Katja Wildermuth spricht über 75 Jahre BR und die Zukunft des linearen Fernsehens

München. Ein dreiviertel Jahrhundert feiert der Bayerische Rundfunk (BR) in diesem Jahr – vor Ort mit den Menschen, die täglich die Programme in Radio, Fernsehen und im Web konsumieren. Intendantin Katja Wildermuth, die seit drei Jahren der Rundfunkanstalt als Intendantin vorsteht, sieht den BR in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Traditionelle Stärken des Senders müssten in die digitale Welt transformiert werden. An erfolgreichen Formaten wie „Unter unserem Himmel“ oder „Landfrauenküche“ werde man aber auch in einer sich verändernden Art des TV-Konsums festhalten, sagt sie im Interview mit der Mediengruppe Bayern.

Frau Wildermuth, den Bayerischen Rundfunk gibt es seit 75 Jahren. Wie feiern Sie dieses Jubiläum?
Katja Wildermuth: Wir haben uns bewusst entschieden, unser Jubiläum mit Highlights in den Regionen zu begehen, statt eine große Gala in München zu veranstalten. Wir wollen mit den Menschen vor Ort, unserem Publikum, feiern. Die Veranstaltungen haben ein breites Spektrum, in der Oberpfalz zum Beispiel von einer Lesung mit Durs Grünbein bis zum Bayern 3 fresh Festival mit Sängerin Leony. Wir wollen abbilden, was der Bayerische Rundfunk zu bieten hat. Sogar die BR-Radltour wurde 2024 passend zum Jubiläum gestaltet. Sie führt diesmal durch alle sieben Regierungsbezirke.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den BR?
Wildermuth: In einem wachsenden und dynamischen Medienmarkt mit Anbietern von Instagram bis Netflix ist die größte Herausforderung für uns als Medienanbieter, unsere traditionellen Stärken in die digitale Transformation zu übertragen. Eine unserer Antworten darauf ist politisch und ökonomisch unabhängiger, verlässlicher Qualitätsjournalismus. Insbesondere auch mit besonderem Blick auf unsere Verankerung in den Regionen. Wir konzentrieren uns darauf, was uns von anderen unterscheidet: nicht die schnelle kurze Nachricht, sondern das Einordnende, das Hintergründige. Wir werden mehr Live-Berichterstattung im Web liefern, auch aus den Regionen. Dabei möchte ich aber betonen, dass für uns das Regionale und nicht das Lokale im Vordergrund steht. Wir werden den Fokus künftig noch intensiver auf einzigartige BR-Formate legen, wie etwa die „Landfrauenküche“, „Unter unserem Himmel“ oder – im Bereich der Fiktion – auf Serien wie „Himmel, Herrgott, Sakrament“ oder „Oktoberfest 1905“. In der ARD-Mediathek sind wir mit unseren BR-Angeboten übrigens inzwischen die erfolgreichste Anstalt.

Welchen Stellenwert haben die öffentlich-rechtlichen Sender noch?
Wildermuth: Unser Ziel ist, dass die Menschen sagen: Es ist gut, dass es den BR gibt, und dafür zahle ich gern meinen Rundfunkbeitrag. Das schaffen wir durch hervorragende und einzigartige Programmangebote und eine enge gesellschaftliche Vernetzung, etwa im Bereich der Kulturpartnerschaften. Verankerung und Akzeptanz in der Gesellschaft hat auch viel damit zu tun, dass die Menschen verstehen, wie wir arbeiten. Hier investieren wir viele Ressourcen in Medienkompetenz-Projekte, öffnen unsere Studios, laden die Menschen zum Mitmischen ein. Die Vielfalt der Presselandschaft in Deutschland ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass wir weiterhin einen so hohen demokratischen Zuspruch haben. Man sieht in anderen Ländern, wo die Presselandschaft ausgedünnt ist, wie Polarisierung noch viel stärker zunimmt. Denken Sie etwa an Amerika.

Aktuell wird über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags debattiert. Was passiert, wenn die Erhöhung nicht kommt?
Wildermuth: Wir reden hier über einen Betrag, der nicht mal einer Brezn im Monat entspricht: 58 Cent. Wenn die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) so umgesetzt wird, dann hätten wir eine Beitragserhöhung in den letzten 15 Jahren von nicht mal einem Euro. Wer auf die Inflation, auf die aktuellen Tarifforderungen schaut, der sieht, dass das de facto nicht die reale Kostensteigerung ausgleicht. Das heißt, wir müssen seit Jahren und weiterhin reduzieren. Denn klar ist, dass selbst mit der Beitragserhöhung die Mehrkosten auf keinen Fall abgedeckt sind.

Auch die Struktur der Landesrundfunkanstalten ist immer wieder Thema.
Wildermuth: Die ARD ist ein föderaler Verbund, wie die Bundesrepublik Deutschland. Föderalität ist, wenn es um Effizienz und Standardisierung geht, eine Herausforderung. Aber sie hat auch sehr viele Stärken. Innerhalb Europas werden wir um diese Aufstellung der ARD beneidet. Weil wir eben so dezentral arbeiten können, nah an den Menschen. Mit Audiothek und Mediathek gibt es in der ARD neben bewährten Angeboten wie dem Gemeinschaftsprogramm Das Erste oder der Tagesschau nun auch weitere gemeinsame Gefäße, in die sich alle Landesrundfunkanstalten einbringen. Die Chancen für Effizienz liegen deshalb vor allem im nicht-programmlichen Bereich, etwa in der Technik oder der Verwaltung. Hier können noch mehr Standardisierungen geschaffen werden – und das packen wir gerade an.

Welche Zukunft hat das lineare Fernsehen noch?
Wildermuth: Experten zufolge wird Ende des Jahrzehnts der Kipppunkt erreicht sein. Dann werden insgesamt mehr Zuschauer nicht lineare Angebote nutzen als lineare. In den jungen Zielgruppen ist das jetzt schon so, dass mehr zeitsouverän geschaut wird. Die Corona-Zeit hat den Mediatheken einen Schub gegeben, auch bei den über 70-Jährigen. Linear ist das Fernsehen dann noch stark, wenn es einen Live-Moment hat. Etwa in den kommenden Wochen bei der Fußball-Europameisterschaft oder in unserer Hochwasser-Berichterstattung der letzten Tage.

Das Interview führten Andrea Rieder, Martin Wanninger und Isolde Stöcker-Gietl.
Mittelbayerische Zeitung, Passauer Neue Presse & Donaukurier vom 12.06.2024


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