Holocaust-Dokumentation "Die Quellen sprechen"
Mit einer Auftaktveranstaltung im Jüdischen Gemeindezentrum in München startete gestern Abend (24.1.) das umfassende Langzeitprojekt zur Holocaust-Dokumentation "Die Quellen sprechen". Schauspieler und Zeitzeugen lesen Hunderte von ausgewählten Dokumenten zur Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten. Historiker erläutern die politischen Hintergründe und diskutieren Forschungsfragen.
25. Januar
Freitag, 25. Januar 2013
Pressekontakt: Dr. Detlef Klusak
Detlef.Klusak@br.de
Die Produktion folgt in ihrer Auswahl der Quellenedition "Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945", die im Oldenbourg Verlag erscheint. Die auf 16 Bände angelegte Edition gilt als die weltweit umfassendste Sammlung und wissenschaftliche Aufarbeitung von Dokumenten zur Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten. Sie macht viele der Dokumente erstmals zugänglich.
Mit der Höredition "Die Quellen sprechen" werden die Texte, darunter Briefe, Tagebucheintragungen, Verordnungen, Befehle und Zeitungsberichte, auch für ein breiteres Publikum aufbereitet. Sie werden von Schauspielern wie Matthias Brandt und Bibiana Beglau gesprochen, außerdem von Zeitzeugen und Holocaust-Überlebenden wie Max Mannheimer, Anita Lasker-Wallfisch, Marcel Reich-Ranicki und Ruth Klüger.
Die Höredition entsteht im Zeitraum von 2013 bis 2017 in mehreren räumlich und zeitlich gegliederten Staffeln. Im Januar und Februar 2013 wird die erste Staffel mit den ersten vier von insgesamt 16 Teilen in Bayern 2 gesendet und im Internet zur Verfügung gestellt. Die zweite Staffel folgt 2014.
Auftaktveranstaltung am 24. Januar
Stimmen zur Holocaust-Dokumentation von Charlotte Knobloch, Ulrich Wilhelm und Andreas Wirsching
Zum Start der Höredition fand am gestrigen Donnerstagabend (24.1.) im Hubert-Burda-Saal des Jüdischen Gemeindezentrums in München eine Auftaktveranstaltung mit Lesung, Konzert und Gespräch statt. Der Abend wurde von Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sowie von BR-Intendant Ulrich Wilhelm eröffnet. In einem Gespräch erläuterte Prof. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, das Projekt. Der Schauspieler Matthias Brandt las eine Auswahl von Dokumenten der Judenverfolgung 1933 bis 1945. Renommierte Solisten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks spielten Olivier Messiaens „Quatuor pour la fin du temps“ (Quartett für das Ende der Zeit). Die Auftaktveranstaltung wurde von BR-KLASSIK live übertragen. BR-alpha sendet eine Aufzeichnung am Samstag, 26. Januar 2013, um 22.30 Uhr in der „Denkzeit“.
"Die Höredition ist ein Langzeitprojekt, denn erst in der Fülle unterschiedlichster Quellen wird das ganze Ausmaß des Schreckens deutlich. Niemand, der an diesem Projekt beteiligt ist, konnte und kann sich der emotionalen Wucht des Themas, den zutiefst berührenden Schicksalen, entziehen. Entstanden ist eine Dokumentation europäischen Ausmaßes. Die Höredition hält für immer fest, was es für die Opfer bedeutet hat, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt zu sein."
Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks
"Wir stehen an einer Schwelle der Zeit, da die dunkle Epoche des Nationalsozialismus seiner Genossenschaft entschwindet. In wenigen Jahren wird kein Zeitzeuge mehr den jüngeren Generationen berichten können. Diese Quellen – Zeugnisse der Vergangenheit – haben die Zeugen überlebt. Es ist wichtig, dass diese Quellen weiterhin Zeugnis ablegen und ich bin froh, dass sie nun auch für ein breites Publikum hörbar und erlebbar werden. Über das Radio bahnen sich Erinnerung und Erkenntnis einen neuen Weg in das Bewusstsein der Menschen."
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
"Diese Edition und ihre Vertonung kommen genau zur rechten Zeit. Sie konfrontieren das Publikum zwar schmerzhaft, aber höchst lehrreich mit der komplexen Realität des Holocaust und zwar diesseits einer ritualisierten und daher manchmal auch allzu bequemen Erinnerungskultur. Wer die Quellen liest oder hört, erkennt nicht nur das systemische Ineinandergreifen der kalten Bürokratie mit der Gewalt der Täter, sondern hört auch die Stimmen der Opfer. In der Zusammenschau solch unterschiedlicher Perspektiven wird die mörderische Dynamik des Holocaust sichtbar, die gerade in ihren Details auch den Fachmann immer wieder sprachlos werden lässt."
Prof. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte
"Die Quellen sprechen" in Hörfunk und Internet
Die vom BR (Redaktion Hörspiel und Medienkunst) in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte realisierte dokumentarische Höredition wird ab 25. Januar 2013 in Bayern 2 gesendet und dauerhaft im Internet angeboten (www.die-quellen-sprechen.de und www.br.de/hoerspiel).