BR-/SZ-Recherche Eier der Firma Bayern-Ei verursachen offenbar Salmonellen-Ausbruch
Vergangenen Sommer waren in Europa Hunderte Menschen an Salmonellose erkrankt, mindestens zwei Männer starben. Schuld daran sollen nach Recherchen des BR-Politikmagazins Kontrovers und der Süddeutschen Zeitung verseuchte Eier aus Niederbayern sein.
Einer der größten Eierproduzenten Deutschlands, die Firma Bayern-Ei, hat offenbar einen Salmonellen-Ausbruch in vielen Ländern Europas ausgelöst. Vergangenen Sommer waren in Deutschland, Großbritannien, Österreich, Frankreich und Luxemburg Hunderte Menschen an Salmonellose erkrankt, mindestens zwei Männer starben. Die Infektionen lassen sich nach Recherchen des BR-Politikmagazins "Kontrovers" und der Süddeutschen Zeitung zu verseuchten Eiern der Firma Bayern-Ei aus dem niederbayerischen Aiterhofen zurückverfolgen. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Regensburg gegen Eigentümer Stefan Pohlmann.
Die Behörden in Großbritannien und Österreich sehen eine direkte Verbindung von jeweils einem Todesfall zur Firma Bayern-Ei und berufen sich dabei auf eine Rekonstruktion der Lieferwege und eine Art genetischen Fingerabdruck der Bakterien. Dieser sei nahezu identisch mit den Proben, die bei Bayern-Ei genommen wurden.
Die bayerischen Behörden reagierten zögerlich
Beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gingen vergangenen Juli erstmals Salmonellose-Warnmeldungen aus dem Ausland ein. Die bayerischen Behörden reagierten jedoch auffällig zögerlich. Proben wurden teilweise erst nach mehreren Wochen an die zuständigen Labore geschickt. Mutmaßlich verseuchte Eier wurden offenbar zunächst nicht zurückgerufen.
Außerdem haben die bayerischen Experten ihre ausländischen Kollegen nur "rudimentär" informiert, wie es in einer internen E-Mail des Bundesamts für Verbraucherschutz heißt, die BR und SZ einsehen konnten. Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC sowie die Lebensmittelaufsicht EFSA kritisierten, dass es "auffällig" sei, dass die Eier aus Bayern trotz strenger Vorschriften überhaupt in den Handel gelangten. Das LGL beharrt darauf, "sachgerecht und korrekt" gehandelt zu haben. Nach Informationen von BR und SZ wurde vergangenen Herbst zugesichert, dass es in Bayern "angemessene Kontroll-Maßnahmen" gebe.
Verendete Hühner wurden offenbar nicht aus Ställen entfernt
Heimlich gedrehte Videoaufnahmen aus einem Stall der Firma Bayern-Ei, an die der Verein "Soko Tierschutz" gelangt ist, zeigen jedoch auch Monate später zerrupfte Hühner, dazu Dreck, sterbende Hennen - und immer wieder Tierkadaver. Was auf dem Video zu sehen ist, sei ein "ganz klarer Rechtsverstoß", sagt Cornelie Jäger vom Tierschutzausschuss der Bundestierärztekammer. Es sei eindeutig zu erkennen, dass verendete Hühner nicht wie vorgeschrieben täglich aus den Ställen entfernt worden seien. Vielmehr seien regelrecht "mumifizierte Kadaver" zu sehen, die nach Einschätzung der Tiermedizinerin eine "exzellente Quelle für die Weiterverbreitung von Keimen unterschiedlichster Art" darstellen.
Die Firma Bayern-Ei hält an vier Standorten in Deutschland etwa eine Million Hühner. Für Tierschützer ist Eigentümer Stefan Pohlmann eine Reizfigur, er stand bereits in der Vergangenheit wegen illegaler Methoden in der Eierproduktion vor Gericht. Zudem hält er sämtliche Legehennen in sogenannter Kleingruppenhaltung - der umstrittensten Haltungsform in Deutschland. "Die Firma Bayern-Ei steht seit Jahrzehnten für grausamste Tierausbeutung", sagt Friedrich Mülln von "Soko Tierschutz". "Dass es nun dennoch zu diesem Lebensmittelskandal kommen konnte, zeigt, wie nutzlos die Kontrollen der Behörden sind." Bayern-Ei-Eigentümer Stefan Pohlmann antwortete nicht auf Anfragen von BR und SZ.
Das Politikmagazin Kontrovers berichtet heute Abend (Mittwoch, 20. Mai) um 21.00 Uhr im Bayerischen Fernsehen über den Fall.
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