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BR-Recherche mit netzpolitik.org Handel mit Standortdaten: Gefahr für die Innere Sicherheit

Recherchen von Bayerischem Rundfunk und netzpolitik.org zeigen, wie fremde Nachrichtendienste Mitarbeitende deutscher Sicherheitsbehörden ausspähen können – mit kommerziell gehandelten Standortdaten aus Smartphone-Apps. Der BR berichtet über das Thema am Dienstag, 16. Juli 2024, ab 6 Uhr im Radio, online – unter anderem in einem ausführlichen Web-Special, sowie abends um 21.45 Uhr im Politikmagazin „report München“ im Ersten.

Stand: 16.07.2024

Symbolbild: Ausspionieren von Standortdaten | Bild: BR

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Zur Verwendung frei bei Nennung der Quelle: BR bzw. Bayerischer Rundfunk

Viele Smartphone-Apps wie Navigations-, Dating-, oder Wetter-Apps, in denen Nutzer die Standortfreigabe aktiviert haben, senden diese Informationen an den jeweiligen App-Anbieter. Diese Daten sind wertvoll und werden von kommerziellen Datenhändlern weiterverkauft. Typischerweise kaufen Firmen diese Informationen, etwa, um personalisierte Werbung auf den Handys zu schalten.

Ein Reporterteam von BR Recherche/BR Data und dem Online-Medium netzpolitik.org hat nun anhand eines frei verkäuflichen Datensatzes die Bewegungsprofile von zahlreichen Personen rekonstruiert, die ausweislich der Standortdaten regelmäßigen Zugang zu sicherheitsrelevanten Orten hatten. Die Recherchen legen nahe, dass sich mit den Daten die Bewegungsprofile von mehreren Zehntausend Personen rekonstruieren lassen, die an Standorten von Bundeswehr, Bundesministerien, Geheimdiensten und Rüstungsunternehmen ein- und ausgehen. In vielen Fällen war es möglich, ganze Tagesabläufe nachzuzeichnen und dadurch beispielsweise Wohnort, Arbeitsweg, Familienverhältnisse oder Arztbesuche zu ermitteln. Ein Einfallstor für Spionage, das laut Experten in Deutschland noch zu wenig Beachtung findet.

Fachpolitiker Konstantin von Notz: "Relevantes Sicherheitsproblem" 

Im Interview mit BR und netzpolitik.org spricht Konstantin von Notz, der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, das die Nachrichtendienste überwacht, von einem "relevanten Sicherheitsproblem". Der Grünen-Politiker warnt, dass feindlich gesinnte Staaten solche Daten zu Spionagezwecken nutzen könnten: "Wenn man weiß, wie Menschen sich verhalten und bewegen, dann sind sie ausspionierbar." Auch sein Stellvertreter, der Unions-Politiker Roderich Kiesewetter, hält das Spionagerisiko für "extrem hoch". Durch kommerziell gehandelte Daten entstünden Einfallstore für Spionage durch ausländische Nachrichtendienste oder Kriminelle: "Wir sollten da unsere Blauäugigkeit ablegen." 

Datensatz umfasst 3,6 Milliarden Standortdaten

Konfrontiert mit den ausgespähten Bewegungsprofilen hieß es in den betroffenen Ministerien, Inneres und Verteidigung, die Beschäftigten würden regelmäßig für das Gefährdungspotenzial sensibilisiert. Dass fremde Nachrichtendienste kommerziell gehandelte Daten zu Spionagezwecken einsetzen, ist beiden Ministerien bekannt.

Die im Zuge der Recherche rekonstruierten Bewegungsprofile basieren auf einem umfangreichen Probedatensatz eines kommerziellen Datenhändlers: 3,6 Milliarden einzelne Standortinformationen aus Smartphone-Apps wurden dem Reporterteam über eine Online-Plattform kostenfrei übermittelt.

Designierte Bundesdatenschutzbeauftragte sieht eine Regulierungslücke

Die designierte Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider sagt, man könne derzeit nur schwer gegen derartige Datenhandelsplätze vorgehen: "Der Datenmarktplatz ist ja im Prinzip ein Makler, der verarbeitet keine personenbezogenen Daten selbst. In gewissem Sinne ist das eine Regulierungslücke." Hier sei der Gesetzgeber dringend angehalten, Lösungen zu finden.

Zur Verwendung frei bei Nennung der Quelle: BR bzw. Bayerischer Rundfunk

Der BR berichtet am Dienstag, 16. Juli 2024 über das Thema, u.a.:


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