Umstrittenes Atman-Yoga Neuer "Seelenfänger"-Podcast "Toxic Tantra"
Eingeweiht werden in die Geheimnisse des Lebens, der Liebe, des Sex – mit Mitteln des traditionellen Yogas: So lockt die internationale Yoga-Bewegung Atman Yoga-Schülerinnen und -Schüler. Der BR-Storytelling-Podcast "Seelenfänger – Toxic Tantra" blickt hinter die Fassade: Frauen berichten in acht Folgen von einem Geflecht aus Manipulation, Machtmissbrauch und Heilsversprechen durch Yoga-Lehrerinnen und -Lehrer. Und von einer "tantrischen Initiation" bei ihrem Guru. Die Bewegung Atman weist viele Vorwürfe zurück – und hält ihren spirituellen Lehrer für unschuldig.
Die Mitgliedsschulen des Dachverbands Atman heißen fast überall anders: In Skandinavien kennt man sie als NATHA, in Rumänien als MISA, in Großbritannien als Tara – und bei uns ist es die "Deutsche Akademie für traditionelles Yoga", kurz DAtY, mit Zentren in derzeit neun Städten, unter anderem in München, Berlin und Freiburg.
Die BR-Reporterinnen Christiane Hawranek und Katja Paysen-Petersen haben mit mehr als 20 Frauen und Männern gesprochen, die an Schulen von Atman erst Yoga gemacht und dann immer mehr verstörende Dinge mitbekommen und erlebt haben.
Da sind zum Beispiel Eva und Nathalie. Sie waren auf der Suche nach Orientierung, Sinn und einem erfüllten Sexleben. Eva hat Tantra-Kurse in München belegt, Nathalie in Indien und Bukarest. Beide Frauen landeten irgendwann in Frankreich. In "Toxic Tantra" erzählen sie, wie sie an den geheimen Aufenthaltsort ihres Gurus, Gregorian Bivolaru, gebracht wurden. Bivolaru, der Begründer der Yogabewegung, stand zu diesem Zeitpunkt auf der Interpol-Liste, gesucht wegen des Verdachts des Menschenhandels. Eva und Nathalie beschreiben ihre "tantrische Initiation" mit ihm als sehr langen Sex. Sie sagen, sie seien zwar jeden Schritt "freiwillig" mitgegangen, fühlten sich aber manipuliert.
Und da ist Liz: Sie ist dabei auszusteigen; gerade ist sie noch gefangen in einer Gedankenwelt aus Dämonen, Engeln und spirituellen Tests. In "Toxic Tantra" begleiten die Reporterinnen sie dabei, wieder Fuß zu fassen im Leben. Und sie erfahren immer mehr aus Liz' Alltag an ihrer Yoga-Schule: wie sie sich für ihren Guru bekreuzigt, Fasten-Challenges gemacht und an Treffen von Frauengruppen teilgenommen hat, die sie heute als Sex-Training bezeichnet.
Sex-Training wofür? Auch dieser Frage gehen Christiane Hawranek und Katja Paysen-Petersen in "Toxic Tantra" nach. Sie haben ein gutes Jahr lang im Umfeld der Yogabewegung recherchiert. Ihre Recherchen führen sie bis nach Rumänien, in das Gründungsland der Bewegung. In einen Stripclub, in dem Frauen angeblich fürs Karma an der Stange tanzen. Und auf einen Friedhof. Hier erfahren die Reporterinnen: Es geht in dieser Bewegung nicht "nur" um Sex – es geht für manche um Leben und Tod.
Während der Recherche zu diesem Podcast wurde der spirituelle Lehrer der Bewegung, Gregorian Bivolaru, in Frankreich verhaftet, unter anderem wegen des Verdachts der Vergewaltigung, des Menschenhandels und der Entführung in einer organisierten Bande. Bis zu einem Gerichtsurteil gilt die Unschuldsvermutung.
Die Deutsche Akademie für traditionelles Yoga (DAtY) schreibt dem BR, in derartige Aktivitäten nicht involviert zu sein. Dass Yoga-Schülerinnen der DAtY nach Paris gefahren seien, dazu habe man keine Kenntnis. Einige Kursleiter und Kursteilnehmerhaben Gregorian Bivolaru als spirituellen Lehrer gewählt. Dies sei jedoch eine freie Entscheidung.
Über das Projekt:
Die 4. Staffel des Storytelling-Podcasts "Seelenfänger" trägt den Titel "Toxic Tantra"; sie ist ein gemeinsames Projekt der Redaktionen "Religion und Orientierung", "Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst" und "BR Recherche/BR Data".