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Radio-Event "Saal 101": Der NSU-Prozess als Dokumentarhörspiel

Unter Federführung der BR-Redaktion Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst im Programmbereich Kultur haben ARD und Deutschlandfunk den größten Rechtsterrorismusprozess der deutschen Geschichte als Dokumentarhörspiel aufbereitet: "Saal 101" heißt die 12-stündige Produktion, benannt nach dem Gerichtssaal des Oberlandesgerichtes München, in dem das Verfahren gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) von Mai 2013 bis Juli 2018 in München stattfand. Ab Freitag, 19. Februar 2021, werden die 24 Teile in den Kultur- und Informationsradios der ARD und im Deutschlandfunk zeitgleich ausgestrahlt.

Stand: 10.02.2021

KeyVisual zum Doku-Hörspiels "Saal 101" | Bild: picture alliance, dpa, Montage BR: Nadja Dall'Armi

"Saal 101" bietet ein facettenreiches und differenziertes Bild des NSU-Prozesses jenseits der Schlagzeilen und gibt beklemmende Einblicke in Abgründe der deutschen Gesellschaft. Alle Folgen "Saal 101" ab 19. Februar 2021 auch in der ARD Audiothek.

Präsentiert von David Mayonga

Präsentiert werden der Podcast sowie die Radioausstrahlung von dem Musiker, Moderator, DJ und Autor David Mayonga. Mayonga wurde 2019 mit dem Deutschen Radiopreis in der Kategorie "Bester Newcomer" ausgezeichnet. und veröffentlichte das Buch "Ein N**** darf nicht neben mir sitzen".

Der NSU-Prozess ist als wichtigster Strafprozess seit der Wiedervereinigung bezeichnet worden und als der größte und kostspieligste, der in Deutschland jemals gegen Neonazis geführt wurde. Das Dokumentarhörspiel beruht auf einer Sammlung von Prozess-Protokollen der ARD-Gerichtsreporterinnen und -reporter. Diese über 6.000 Seiten umfassenden Protokolle sind ein einzigartiges Stück Zeitgeschichte: Es existiert kein Prozess-Mitschnitt in Ton oder Bild, die Berichterstatterinnen und Berichterstatter der ARD protokollierten die mündliche Verhandlung an jedem der 438 Prozesstage. Die Länge des Prozesses wurde von Beobachtern als Tortur insbesondere für die Opfer und Angehörigen der NSU-Taten beschrieben. Im Hörspiel wird das Mammutverfahren plastisch; mosaikartig setzt sich ein Bild zusammen: die Sozialisation der Täter, ihre Radikalisierung in der Nachwendezeit, das Leben der Terrorgruppe im Untergrund, die rechten Netzwerke und die Unterstützerszene, die Rolle des Verfassungsschutzes, die Pannen bei den polizeilichen Ermittlungen (der Taten), die Hoffnung der Opferangehörigen auf Aufarbeitung und Aufklärung durch den Prozess und ihre Enttäuschung, die Verteidigungsstrategien sowie die Fragetechnik des Gerichts.

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) ...

... verübte zwischen 2000 und 2007 zehn Morde – die Opfer waren Geschäftsmänner mit türkischen und griechischen Wurzeln sowie eine deutsche Streifenpolizistin – zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle. Die Anklage gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe umfasste u. a. die Mittäterschaft an den zehn Mordfällen sowie eine besonders schwere Brandstiftung.

Jede der 24 Folgen von knapp 30 Minuten widmet sich einem Themenkomplex aus der Beweisaufnahme. Dabei folgt das Dokumentarhörspiel "Saal 101" nicht der Chronologie des Prozesses. Vielmehr bringt es Zeugenaussagen zusammen, die tatsächlich vielleicht weit auseinanderlagen, jedoch dieselbe Fragestellung behandeln. Das Hörspiel zoomt in die Mitschriften und über diese in den Gerichtssaal hinein.

"Das Dokumentarhörspiel ,Saal 101‘ ist ein ganz besonderes Projekt, auf das der Bayerische Rundfunk zurecht stolz sein darf. Fünf Jahre Langzeitbeobachtung, zwölf Stunden Programm: Man erlebt diesen Prozess einerseits in einer journalistischen Aufarbeitung, einer Tiefenschärfe, wie man das sonst nicht bekommt, und gleichzeitig ist das Projekt selbst schon ein Stück Zeitgeschichte. Sehr schön ist auch, dass alle ARD Kultur- und Infowellen und Deutschlandfunk dieses Projekt zeitgleich ausstrahlen."

Dr. Katja Wildermuth, Intendantin Bayerischer Rundfunk

"Unser Dokumentarhörspiel zum NSU-Prozess ergänzt auf einzigartige Weise die gesellschaftliche Aufarbeitung. Es erläutert unaufdringlich die Hintergründe und lässt den Prozess nacherleben. Je länger man es hört, desto mehr zieht es einen in den Bann, auch dank der großartigen Sprecherinnen und Sprecher wie nicht zuletzt Martina Gedeck, Bibiana Beglau und Thomas Schmauser. Dass alle Kultur- und Informationsradios der ARD zusammen mit der Ausstrahlung beginnen, macht das Hörspiel auch zu einem medialen Ereignis."

Dr. Reinhard Scolik, BR-Programmdirektor Kultur und ARD-Koordinator für Wissen und Kultur:

"Das Vorhaben, aus den Protokollen ein Dokumentarhörspiel zu machen, stand schon 2015 fest, während der Prozess noch lief. Im Januar 2016 begannen die Aufnahmen, die dann erst mal wieder auf Eis gelegt wurden, als absehbar war, dass sich kein rasches Ende abzeichnen würde. Als ich die Protokolle las, haben mich vor allem die Befragungen der Zeugen sofort in den Bann geschlagen. Wir möchten diesen Jahrhundert-Prozess – natürlich in stark geraffter Form – in seiner Gesamtheit abbilden und dadurch dem versiegenden Interesse der Öffentlichkeit nach dem Urteilsspruch ein nachhaltiges Denk- und Informations-Angebot entgegensetzen."

Katarina Agathos, BR-Redaktion Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst

Informationen zur Produktion

Bibiana Beglau

"Saal 101", Dokumentarhörspiel auf Grundlage der ARD-Mitschriften aus dem NSU-Prozess 2013-2018
24 Teile

Die Autorinnen und Autoren der Mitschriften: Christoph Arnowski, Tim Aßmann, Mira Barthelmann, Oliver Bendixen, Heike Borufka, Frank Bräutigam, Gunnar Breske, Rolf Clement, Gigi Deppe, Eva Frisch, Marcel Fürstenau, Sebastian Hesse, Paul-Elmar Jöris, Ludwig Kendzia, Ina Krauß, Jana Lange, Julian Löwis von Menar, Thies Marsen, Alf Meier, Hans Pfeifer, Eckhart Querner, Matthias Reiche, Holger Schmidt, Stefan Schölermann, Ayca Tolun, Wolfgang Vichtl, Lisa Weiß

Die Sprecherinnen und Sprecher: Bibiana Beglau, Katja Bürkle, Florian Fischer, Martina Gedeck, Gonca de Haas, Ercan Karacayli, Barbara Nüsse, Gabriel Raab, Michael Rotschopf, Thomas Schmauser, Thomas Thieme, Kathrin von Steinburg

Bearbeitung: Katarina Agathos, Julian Doepp, Katja Huber, Ulrich Lampen
Beratung: Tim Aßmann, Ina Krauß, Holger Schmidt
Besetzung: Andrea Fenzl
Komposition: Jakob Diehl und Sven Pollkötter
Ton und Technik: Susanne Herzig, Marcus Huber, Josuel Theegarten und Gerhard Wicho
Regie: Ulrich Lampen, Regieassistenz: Stefanie Ramb
Redaktion: Katarina Agathos, Katja Huber
Produktion: Bayerischer Rundfunk für die Hörspielabteilungen der ARD und Deutschlandfunk 2015-2021

Sendetermine, Podcast und ergänzendes Angebot

In den Kultur- und Informationsradios Bayern 2, hr2-kultur, MDR KULTUR – Das Radio, NDR Kultur, rbbKultur, SR 2 KulturRadio, SWR2,WDR 5 und Deutschlandfunk:

  • Freitag, 19. Februar 2021, 20.05 Uhr bis 2.00 Uhr (Teile 1-12)
  • Samstag, 20. Februar 2021, 20.05 Uhr bis 2.00 Uhr (Teile 13-24)

Radio Bremen:

  • Freitag, 19. Februar 2021, 20.05 Uhr bis 23.00 Uhr. Danach in weiteren Blöcken

Alle Teile ab 19. Februar in der ARD Audiothek, bei BR Podcast und auf allen gängigen Podcast-Plattformen.

Flankierend erscheint zeitgleich der Podcast "Rechter Terror in Deutschland". Die Reihe geht der Spur der Anschläge von Rechtsextremen in Deutschland nach – vom Oktoberfest-Attentat über die Morde des NSU bis zum Anschlag von Halle. In fünf Teilen schildern Überlebende, was ihnen widerfahren ist und Experten zeigen Kontinuitäten und Brüche in den rechtsextremen Strukturen in Deutschland auf. Eine Produktion der BR-Redaktion Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst. Fünf Teile á 50 Minuten. Autorinnen und Autoren: Elisabeth Veh, Anna Bühler, Thies Marsen, Christian Alt, Christian Schiffer. Redaktion: Till Ottlitz und Johannes Berthoud. Sprecherin: Verena Fiebiger. Regisseurin: Alexandra Distler

Service für Journalistinnen und Journalisten

Die Folgen 2 (Der NSU fliegt auf), 3 (Die NSU-Morde 2000-2001), 13 (Das Trio im Untergrund, Fehmarn) und 20 (Das Bekennervideo) sind für akkreditierte Journalistinnen und Journalisten ab sofort im BR-Vorführraum zu hören.


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