on3-Lesereihe 2012 And the winner is... Julius Braun!

Was war das für ein Herzschlagfinale! Im pickepackevollen Club Stereo in Nürnberg saßen, standen, knieten die Leute auf dem Boden, der Bühne, der Treppe und bereitetet unseren vier Lesereihen-Finalisten einen mehr als gebührenden Empfang. Eröffnet wurde der Finalabend von Matthias Tonon. Der schreibende Medizinstudent – oder wie ihn Moderatorin Kaline Thyroff so schön nannte: "Der Gottfried Benn der Lesereihe" – hatte schon in der Vorrunde in München überzeugt. Jetzt zeigte er noch einmal, warum: Mit unglaublicher Autorität las er seinen Text "Jonathan" - eine eindringliche Schilderung über einen Epileptiker und die Versuche dessen besten Freundes, seine Krankheit zu greifen. Das Publikum lauschte so gespannt, dass man während seines Vortrags eine Stecknadel hätte fallen hören können. Gut, dass sich Matthias fürs Lesen entschieden hat – hatte er im Interview mit Kaline doch noch gescherzt, er habe überlegt, ob er seinen Text beim Finale nicht tanzen solle. Das wäre sicherlich auch amüsant geworden. Mit Rücksicht auf die Zuhörer im Radio hat Matthias sich dann aber doch für die klassische Variante entschieden.

Lesedurchstarter und Publikumslacher

Danach war es Zeit für Sibylla Hirschhäuser, die erste der beiden Damen im Nürnberger Finale. Die 24-Jährige hatte sich beim Vorentscheid in Regensburg durchgesetzt und für die Lesereihe gleich mal eine Woche Uni geschwänzt. Sibylla, wir schreiben dir natürlich gerne eine Entschuldigung. Aber wer Kreatives Schreiben in Hildesheim studiert, hat mit einem Wettbewerb wie der Lesereihe ohnehin die beste Ausrede zur Hand. Zum Beweis toppte Sibylla noch einmal ihre Performance vom Dienstag und erntete für ihren Text "Abgefahren" herzliche Lacher. Wir sagen: Lehreinheit bestanden. In der Kategorie "Lustigste Geschichte des Abends" gibt's für Sibylla und ihre ausbruchslustige Protagonistin noch mal drei Fleißsternchen dazu!

Mariola Hatalski, der Gewinnerin aus Würzburg, verleihen wir hiermit den inoffiziellen Titel "Lesereihen-Durchstarterin 2012": Am Mittwoch in Würzburg stand die Fürtherin zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer Lesebühne. Zwei Tage später las die Studentin mit dem Faible für Bauchtanz ihren Text "Seifenblase" erneut vor Publikum. Klar, dass da die Aufregung groß war. Während Mariolas Vortrag war davon aber nichts zu spüren: Souverän präsentierte sie ihre Geschichte über ein Mädchen mit der Diagnose Asperger-Syndrom und wiegte sich beim Lesen wie ein alter Profi im Rhythmus ihrer Worte.

Ein frustrierter Beamter und ein freudiger Gewinner

Als vierter und letzter Finalist setzte sich der spätere Lesereihen-Gesamtsieger Julius Braun ans Leselämpchen. Erst 24 Stunden zuvor hatte er den Sieg in Passau davongetragen. Jetzt erzählte Julius zum zweiten Mal die Geschichte eines frustrierten Kreis- verwaltungsreferatsbeamten, der zwischen Arbeitsalltag, Akten und Anträgen minutiös seinen Selbstmord plant. Bevor Julius seinen Text bei uns einreichte, hatte er ihn niemandem gezeigt. Vor seinem Lesereihen-Auftritt bekam ihn dann zumindest seine Mutter zu sehen. Mit dieser Bescheidenheit ist jetzt Schluss, das Publikum in Nürnberg kürte Julius Beitrag zur besten Geschichte des Abends und damit der gesamten Tour. Der 23-jährige Journalistikstudent darf sich jetzt mit der Krone der on3-Lesereihe 2012 schmücken und sollte sich schon einmal das dritte Märzwochenende freihalten. Da geht's nämlich auf die Leipziger Buchmesse und zu einem Schreibworkshop am Deutschen Literaturinstitut.

Musik aus, Literatur raus!

Den Abend und damit unsere ganze Tour beschloss unsere mitreisende Musikerin Gustav. Bevor es ans Musizieren ging, wurde natürlich noch einmal gelesen. Nach fünf Abenden am Autorenpult war Eva Jantschitsch schon etwas wehmütig, dass sie ihr frisch entdecktes Lesetalent jetzt erst einmal wieder ruhen lassen wird. Aber texten wird sie ja weiter. Denn es steht ein neues Album an. Und das wird großartig – auf der Lesereihe hat Gustav schon den ein oder anderen Song daraus gespielt und wir haben auch einen kleinen Smash-Hit ausgemacht. Vielleicht der Soundtrack zur Lesereihe im nächsten Herbst? Würde passen, denn da soll das Gustav-Album erscheinen.

Die Zeit bis dahin überbrücken wir mit Erinnerungen an fünf tolle Leseabende mit einer bezaubernden Band und zwölf fantastischen Autoren und Autorinnen, die gezeigt haben, dass Literatur auch mal Rampensau sein kann und sich nicht im dunklen Kämmerlein verstecken, sondern raus muss – in die Welt, zu den Menschen, zu uns! Wir sehen und wir hören uns bei der on3-Lesereihe 2013.