on3-Lesereihe in Regensburg Sibylla Hirschhäuser begeistert Regensburg
Weltuntergänge, Ausbruchsgelüste, eine schwanzlose Katze – in der Alten Mälzerei in Regensburger schwappte uns eine gute Portion Wahnsinn entgegen. Am Ende obsiegte weiblicher Wortwitz.
Alles ist so neu und aufregend – auch am zweiten Tag der on3-Lesereihe. Im obligatorischen Kreisch-Contest zur Eröffnung des Abends gab sich das Regensburger Publikum gegenüber München jedenfalls keine Blöße. Und unsere Autoren entfachten ein wahres Feuerwerk an Text- und Erzählkunst. Da passte es, dass es mit einem losging, der ein Faible für Themen mit Zündstoff hat – auch wenn er sich für die on3-Lesereihe vergleichsweise zurückhielt: "Ich bin nicht so verrückt und schreib nur über brennende Frösche, sondern manchmal auch über den Weltuntergang", verriet Armin Wühle vorab. Na dann eben so. In seiner Geschichte ließ der 20-Jährige die Sonne nur noch alle paar Tage aufgehen und Vögel tot vom Himmel fallen. Das Publikum lauschte dem nahenden Weltende mit gespannter Stille.
Mit Wortwitz und Katze
Einen Kontrastpunkt dazu setzte Sibylla Hirschhäuser. Die gebürtige Münchnerin, die wie Armin Kreatives Schreiben in Hildesheim studiert, ist schon ein alter Hase auf der Lesebühne und konnte das bei ihrem Auftritt auch voll ausspielen. Für sie müssen Texte vor Publikum vor allem Spaß machen und unterhalten. Das gelang ihr auch vorzüglich mit ihrer Geschichte über die Ausbruchsfantasien einer lebenslustigen Studentin. Mit viel Wortwitz und Verve in der Stimme trug Sibylla ihren Text vor. Das hatte sie auch intensiv geübt und sich Tipps bei ihrer schauspielenden Mitbewohnerin geholt. Mit Erfolg: Sybillas Schreib- und Leselust überzeugte das Publikum und bescherte ihr den Etappensieg. Die Studentin darf am Freitag beim Finale in Nürnberg also noch einmal ihre ganze Vortragskunst auspacken.
Last but not least setzte sich in Regensburg Marco Frohberger ans Lesepult, der Mann mit der schwanzlosen Katze. Abgesehen von seinem außergewöhnlichen Haustier vereint der Fürther auch noch einige andere Gegensätze in sich. Studiert hat er Literaturwissenschaften, beschäftigt ist er aber als Servicebereichsleiter bei der Deutschen Bahn. Auf der Bühne stellte er dazu gleich klar: Für Zugverspätungen ist er nicht verantwortlich. Sehr wohl aber für gute Texte! Seine Geschichte von einem ungleichen Schwesternpaar – geschrieben aus weiblicher Perspektive – kam sichtlich an bei den Regensburgern.
Falsche Brillen und echtes Burgtheaterdeutsch
Auch unsere Lese-Debütantin Gustav hatte sofort alle Sympathien auf ihrer Seite. Als die Wienerin die Bühne betrat, wurde sie von tosendem Beifall empfangen. Mit Kamikaze-Brille auf der Nase präsentierte sie ihren Text und erklärte, dass so eine Fake-Brille auch generell ganz hilfreich im Kulturkosmos sei – bei ihrer Bewerbung für die Kunstakademie hat ihr dieses "Special Feature" jedenfalls geholfen. Brille hin oder her: Gustav überzeugte sowohl mit ihrem Text als auch beim musikalischen Teil des Abends. Dieser schlug einen weiten Bogen vom herzzerreißenden Eröffnungssong "Alles renkt sich wieder ein" bis zu den wild pluckernden Tanz- und Gesangsperformances am Ende der Show.