on3-Lesereihe 2012 Mariola Hatalski gewinnt im Würzburger Hexenkessel
Bergfest bei der on3-Lesereihe. Das Publikum im Würzburger Cairo macht ordentlich Stimmung und kürt eine Siegerin, die bis dato noch nie auf einer Lesebühne stand. Und ihren Gewinn gar nicht fassen kann.
"Sind die Würzburger nett zu dir?", fragte on3-radio-Moderator Laury Reichart seine Kollegin Kaline Thyroff zum Start des dritten Lesereihen-Abends. Nett? Das ist wirklich untertrieben: Würzburg ist großartig, quasi Lesereihen-Homebase. So stapelten sich die Menschen im übervollen Cairo auch auf Stühlen, Bänken und am Boden, um unsere Autoren und Musikerin Gustav live zu erleben.
Der ersten Autorin verschlug es angesichts des Menschenauflaufs fast die Sprache: Die 25-jährige Bambergerin Kristina Pfister hatte am Vorabend schon bei der Lesereihe in Regensburg zugeschaut. Ihre Nervosität vor dem eigenen Auftritt hat das aber nicht besänftigt, im Gegenteil: "Heute ist’s noch schlimmer" – gestand sie Moderatorin Kaline und wagte sich dann doch tapfer ans Lesepult. Ihr Text "Farmer Hoggett sein Auto kaputt hauen" gehört schließlich genau da hin! Eine Gruppe von Schülern rächt sich darin an ihrem verhassten Mathelehrer – oder versucht es zumindest. In den Hauptrollen: ein Baseballschläger und eine Windschutzscheibe. Für Kristina ist die Geschichte auch eine kleine persönliche Traumabewältigung. Denn sie hatte "scheiß Mathelehrer von der 5. bis zur 13. Klasse".
Von der Lesedebütantin zur Städtefinalistin
Weniger aus dem Leben gegriffen war der Beitrag von Sebastian Heider. Der Fürther hatte frei zum Motto "Kamikaze" recherchiert und war schließlich bei Carboplatin gelandet, einem Medikament, das bei der Krebsbehandlung verwendet wird. Dieses war dann auch titelgebend für Sebastians Geschichte über einen Vater, der medienwirksam Selbstmord begeht, nachdem seine Tränenfabrik pleite gegangen ist – ein Text, der nur so strotzte vor Ideen, aber den man in seiner Härte und Direktheit auch erst einmal sacken lassen musste.
Als Drittes fieberte Mariola Hatalski ihrem Auftritt entgegen. Die 24-Jährige hatte vor der on3-Lesereihe noch nie vor Publikum gelesen, geschweige denn ihr Geschriebenes anderen Menschen gezeigt. Auch für die Lesereihe brauchte sie einen längeren Anlauf: Die Fürther Studentin hatte sich schon 2011 beworben und wurde von uns ausgewählt - ein Auslandsstipendium kam jedoch dazwischen. Ein Jahr später gab's für Mariola keine Ausrede mehr. Ihr Text "Seifenblase" handelt von einem Mädchen, bei dem Asperger diagnostiziert wird. Eine Geschichte, die einfach viel zu gut ist, als dass sie in einer Schublade versauern sollte. Das sah das Publikum im Cairo genauso und wählte die überraschte und nahezu fassungslose Mariola ins Finale. Kommenden Freitag wird Mariola also zum zweiten Mal vor Publikum lesen – besser kann man Schüchternheit gar nicht bekämpfen.
Würzburg wummert
Dass eine solche "Schocktherapie" durchaus Wunder bewirkt, zeigte auch unsere Lesereihen-Künstlerin Gustav. Beim Auftakt in München las die Sängerin zum ersten Mal vor Publikum – am heutigen dritten Tag präsentierte sie sich schon als souveräner Profi. Singen mag Eva Jantschitsch dann aber doch lieber – am liebsten neue Songs. Als Vorboten zum kommenden Gustav-Album – das den schönen Arbeitstitel "Hallo Knallo" trägt – präsentiert sie mit ihrer Band jeden Abend brandaktuelles Material in immer wieder neuen Kombinationen. Da hielt es auch die Würzburger nicht mehr auf den Stühlen und die Bühne kam beim Gustav'schen Tanzreigen ganz schön ins Wackeln.