20. Todestag Warum 2Pac immer noch der Rap-Gott schlechthin ist
Bis heute ist Tupac Shakur Idol und Legende. Auch 20 Jahre nach seinem Tod umgibt ihn ein Mythos, wie man es sonst nur von Elvis kennt. Wir verraten euch, warum der Westcoast-Rapper der Che Guevara der Kopfnicker-Generation ist.
Ein Leben voller Widersprüche: Auf der einen Seite war Tupac Shakur Poet, Intellektueller und Shakespeare-Vergötterer. Auf der anderen Seite standen Drogenhandel, zahlreiche Gerichtsverfahren und ein fast einjähriger Gefängnisaufenthalt wegen sexueller Belästigung. Mit nur 25 Jahren starb Tupac am 13. September 1996 – bis heute umgibt ihn eine ganz besondere Aura. Seitdem er vor 20 Jahren niedergeschossen wurde, ist er zum Che Guevara des HipHop geworden. Seine Fans haben ihn schon längst heiliggesprochen und führen auch im digitalen Zeitalter ihren Götzendienst fort. Aber warum hat Tupac bis heute diesen Stellenwert?
Der Tod als Mystifizierung
Was Kurt Cobain für Grunge, Amy Winehouse für Soul und Jimi Hendrix für Rock ist, symbolisiert Tupac Shakur für die Kopfnicker-Generation. Ähnlich wie diese Musikerkollegen starb der gebürtige New Yorker in der Blüte seines Lebens – inmitten einer außergewöhnlich einflussreichen Schaffensphase als Rapper, Schauspieler und Poet. Fans und Kollegen empfanden seinen Tod als etwas ganz Spezielles. Speziell, weil das frühe Ableben von Idolen zu einem künstlerischen Intensitäts-Beschleuniger mutiert: War er während Lebzeiten ein bedeutender Künstler, wurde er mit seinem Lebensende zur Legende: zum Mythos Tupac.
Das kommerzielle Produkt Tupac Shakur
Was folgt, ist die Geburtsstunde einer zweiten "Karriere" - die des toten Rapgottes. Jahrelang war Tupac in der Forbes-Top 10-Liste der prominenten toten Spitzenverdiener. Tupac verkaufte über 75 Millionen Alben - nach Eminem ist er damit der zweiterfolgreichste Rapper aller Zeiten. Die Zahl seiner posthum veröffentlichten Alben übersteigt die fünf Studio-LPs deutlich, die er noch zu Lebzeiten releaste. Der Musikindustrie und den Medien kann man den Vorwurf machen, dass sie den Rapper bis aufs Letzte kommerzialisieren: dutzende Dokumentarfilme, Biographien, DVDs, posthume Auszeichnungen durch fast alle großen Musikmedien und eine eigene Modelinie. Tupac-Graffitis zieren öffentliche Mauern von New York bis Rio de Janeiro. Selbst im nordrheinwestfälischen Herford steht neben dem Marta Museum die Statue "Tupacproject". Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sind es die Fans, die Tupac aus dem Jenseits ins Diesseits holen.
Hologrammme und Internet Memes: Tupac 2.0
Vor allem die Generation Internet trägt dazu bei, Tupac Shakur selbst 20 Jahre nach dessen Tod präsent zu halten: Milliarden Aufrufe auf Youtube, über 20 Millionen Facebook-Fans und Millionen Instagram-Bilder. Erst vor kurzem tauchte mal wieder ein angebliches Selfie auf.
Tupac ist ein Idol und hat seine Legendenbildung allen voran seinen Anhängern zu verdanken, die ihn bis heute mit Bildern, Hashtags und Postings huldigen. Zu seinen prominenten Fans zählen die Rap-Superstars von heute: 50 Cent, Dr. Dre oder Snoop Dogg – sie alle haben von Tupac eine sehr hohe Meinung.
"Every rapper who grew up in the Nineties owes something to Tupac"
50 Cent
2012 ließen Snoop Dogg und Dr. Dre während ihrer Headliner-Show auf dem Coachella Festival Tupac als Hologramm wieder auferstehen – ein mehrere Millionen Dollar teures Unterfangen, an dem ein Team von Titanic-Regisseur James Cameron arbeitete. Meme-Fans sind auch häufig – zumindest indirekt – mit Tupac in Kontakt gekommen: Meme Generator, Reddit, Memebase und Co. wurden mit Bildern zu Tupacs Aussage “I didn't choose the thug life, the thug life chose me” überschwemmt.
Ein moderner Volksheld
"The only way I've been practicing my whole life, to live my life is to be responsible for what I do. I don't know how to be responsible for what every black male did, I don't know. And yes, I am gonna say that I'm a thug, that's because I came from the gutter and I'm still here."
Tupac, 1994
Tupac ist für seine Fans ein Revolutionär, ein Soldat, eine Legende – wegen seiner leidenschaftlichen und authentischen Art, Themen anzusprechen – unangenehme, für die Gesellschaft relevante Themen. Themen, die ihn selbst bewegten und auch Millionen andere Afro-Amerikaner: Gewalt, Rassismus oder das innerstädtische Elend. Tupac ist der Che Guevara des HipHop, ein moderner Volksheld und Sprachrohr für die Armen. Im Top-10-Hit "Changes" rappt der Sohn von Aktivisten der BlackPanther-Bewegung beispielsweise:
"I see no changes, wake up in the morning and I ask myself: / 'Is life worth living? Should I blast myself?' / I'm tired of being poor and, even worse, I'm black / My stomach hurts so I'm looking for a purse to snatch"
Tupac - Changes
Er beklagt auf einem emotionalen Piano-Sample seine Chancenlosigkeit und den täglichen Überlebenskampf. Tupacs Songtexte waren und sind relevant und spiegeln die harten Umstände wider, denen viele ausgesetzt sind. Die Thematik ist aktueller denn je und Millionen fühlen sich in ihrer Ausweglosigkeit durch seine Worte verstanden.
A "brotha" who understands "brotha's"
Seine Worte, das sind Songtexte, die sich zwischen Poesie und Straßensprache bewegen und Ausdrücke des African American Vernacular English, kurz AAVE, enthalten. Das AAVE weicht im Vergleich zum Hochenglisch vor allem in der Grammatik und Aussprache ab. Der Shakespeare-Vergötterer war vielmehr Poet als Rapper. Ein Intellektueller, der die Sorgen einer größeren Gruppe mit einem außergewöhnlich sensiblen Sprachgefühl ausdrückte.
Der Poetryslammer Saul Williams ist einer der Hauptdarsteller des Broadway-Musicals "Holler If Ya Hear Me", einer Hommage an Tupac. Williams interpretiert den poetischen Streetslang des Rappers, indem er den gleichnamigen Track a capella vorträgt. So klingt dieser wie ein Poetry-Slam-Gedicht – bis der Beat einsetzt. Damit macht Williams deutlich, was viele schon seit Jahren behaupten: Tupac ist ein literarisches Genie.
Tupac wuchs selbst in ärmlichen Verhältnissen auf. Er kam von der Straße, sprach für die Straße und brachte die Straße in die Mainstream-Gesellschaft. Menschen außerhalb dieser sozialen Brennpunkte erkennen die Probleme und Schmerzen, die ein Ghetto-Leben auslösen können. Und Leute, die selbst aus so einem sozialen Brennpunkt stammen, fühlen sich verstanden: "Here's a brotha' who understands brotha's."