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Plattenkritik Brandt Brauer Frick – Miami

Brandt Brauer Frick - diese drei Nachnamen stehen für Elektronik mit klassischen Instrumenten. Ihr neues Album "Miami" ist endlich mal wieder ein Album – nicht bloß eine Ansammlung einzelner Songs.

Von: Philipp Laier

Stand: 08.03.2013 | Archiv

Brandt Brauer Frick | Bild: Nico Stinghe & Park Bennett

Winter 2010: Drei junge Herren in zerknitterten Anzügen veröffentlichen ihr Debütalbum "You Make Me Real". Ein großes Raunen geht durch das Feuilleton und die Pop-Presse, denn Brandt Brauer Fricks Hybrid aus Klassik und Techno funktionierte für den Pillenraver im Techno-Bunker genauso wie für das Hochkultur-Publikum im Opernhaus. Paul Frick und Jan Brauer erzählen im on3-Interview, dass sie selbst von dieser Erfolgswelle am meisten überrascht waren:

"Als wir angefangen haben, lag unser Hauptfokus doch eher auf Rave. Dass uns Klassik-Leute auch wahrnehmen würden, war erstmal gar nicht abzusehen. Wir hatten zwar diese Einflüsse, haben uns aber erstmal gedacht, wir zeigen anderen Techno-Leuten, was man vielleicht noch machen könnte. Wir haben uns einfach mit Anlauf zwischen die Stühle gesetzt."

- Paul Frick und Jan Brauer

Scheint bequem zu sein, denn genau dort sitzen die Jungs auch heute noch und haben dafür eine erstaunlich pragmatische Erklärung parat:

"Es gibt ja auch eine Interessenlage in der Klassik-Szene, dass endlich mal wieder jüngere Leute in die Konzerte kommen sollen. Da haben wir irgendwie auch Glück gehabt. Das haben wir gar nicht so kalkuliert, aber wir sind auch irgendwie ein gefundenes Fressen."

- Paul Frick und Jan Brauer

So schaut's aus, das Cover zu "Miami"

Vielleicht ist es also doch nicht so gemütlich zwischen den Stühlen. Schließlich sitzen Brandt Brauer Frick dort immer auch auf dem Präsentierteller. Eins darf man nämlich nicht vergessen: Sowohl im Techno-Club als auch im Orchestergraben gelten die drei als Exoten. "Brandt Brauer Frick? – Das sind doch die, die Techno mit Klassik vermischen." Und schon ist aus dem Exoten-Status ein Klischee geworden. Kein Wunder also, dass Brandt Brauer Frick mit ihrem neuen Album "Miami" so einiges anders machen wollen. Und Inspiration für Anderes findet man eben an anderen Orten.

"Die Platte ist zwischen unseren ständigen Reisen entstanden. Wir haben ein sehr anormales Leben, sind ständig unterwegs. Da erlebt man mehr, als man verarbeiten kann. Wir waren viel in Amerika und haben da viel Zeit an Flughäfen und anderen Unorten verbracht. Und gerade Florida hat viele Unorte, insbesondere Miami. Wegen dem vielen Warten hat das ganze ein bisschen was mit Miami zu tun."

- Paul Frick und Jan Brauer

Auf "Miami" kommen sechs von zehn Songs mit Feature daher. Gudrun Gut ist dabei. Om'Mas Keith zeigt den Herren, wie man Songs schreibt und Elektronik-Soul-Weirdo Jamie Lidell ist gleich zweimal am Start.

Brandt Brauer Frick geben sich also größte Mühe, sich selbst aus der Nische zu befreien. So ganz klappt das aber nicht. Auch wenn "Miami" nicht mehr so verkopft daherkommt, wie seine Vorgänger, ist es doch alles andere als zugänglich. Es gibt keine Melodien, die man mitsummen könnte, keinen Takt, zu dem die Füße über einen längeren Zeitraum mitwippen können. Brandt Brauer Frick machen immer noch sperrige, hochkomplexe Schlaumeiermusik - und nerven damit manchmal.

Aber genau da liegt die Stärke ihres neuen Albums: Es funktioniert tatsächlich nur als Ganzes. Ein einzelner Track wirkt hässlich und nackt. Im Verbund mit den übrigen Stücken entsteht aber ein ganz eigener kleiner Kosmos. In Zeiten von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeitsspanne unter fünf Sekunden ist das schon ein Kunststück und macht Bock auf das, was da noch kommen mag:

"Eigentlich ist alles offen. Da kann alles mögliche dabei rauskommen. Wahrscheinlich werden wir nie selber rappen, aber es ist einiges möglich."

- Paul Frick und Jan Brauer


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