Ruhmeshalle Blumentopf - Großes Kino
In der deutschen HipHop-Landschaft gibt es Ende der 90er zwei Städte: Stuttgart und natürlich Hamburg City. München - und vor allem Freising - stehen da nicht auf der Landkarte. Bis das zweite Blumentopf Album heraus kommt.
Die deutsche HipHop-Landschaft horcht 1997 auf, denn fünf WG-Kollegen aus der Kleinstadt Freising in Bayern bringen den Punk in den Deutsch-Hop. Nicht im Sinne der Sex Pistols, aber im Sinne der Beastie Boys. Über die rumpligen Grooves von DJ und Produzent Sepalot, rappen vier MCs in punkiger Lo-Fi-Manier, voller Humor, Selbstironie und absurder Ideen.
1999 ziehen Blumentopf nach München. Zu der Zeit gelten eigentlich Hamburg und Stuttgart als HipHop-Hauptstädte. Als Blumentopf auf dem Höhepunkt des Deutsch-Rap-Hypes ihr zweites Album veröffentlichen, schaut ganz HipHop-Deutschland verwundert nach München. Denn die Töpfe setzen mit "Großes Kino" dem Deutsch-Rap die Krone auf. Die Freisinger Underdogs machen ihre Meisterarbeit in der Kategorie "Cleverer 90er-HipHop".
Cleverer Ladida-Shit
Blumentopf - Großes Kino (Cover)
Anstatt Synthie-Hop oder Proll-Rap, der wenig später steil geht, besticht "Großes Kino" mit dem Konzentrat aus allem was HipHop kann. Sepalots Instrumentals sind in Sachen Funkyness und Vielseitigkeit so noch nicht dagewesen. Die vier MCs Holunder, KungShu, Roger und MasterP bestechen mit fantasievollem Storytelling, teilen aber auch fleißig in alle Richtungen aus. Und die Party-Tracks "Was der Handel" und "Safari" spielen eh in einer eigenen Liga.
Klar: Blumentopf gelten neben Freundeskreis als die Studentenrapper schlechthin. Für alle Street-Rap-Fans sind die Jungs aus dem Reihenhaus nicht gerade der coolste Scheiß: Ihre Wortspiele sind zu clever, ihr Humor zu variantenreich und Sepalots geschicktes Producing zwischen Pop und Underground provoziert den Sell-Out-Vorwurf. Außerdem spielen Blumentopf das berühmte "Ich bin realer als du"-Spiel einfach nicht mit. Dafür brechen sie lieber die Grenzen des vermeintlich "echten" HipHop auf.
Deutsch-Hop in Perfektion
"Großes Kino" ist nah an der Perfektion der damaligen Vorstellung von Deutsch-Hop. In den Folgejahren verändert sich diese natürlich. Acts wie Deichkind, Jan Delay oder Seeed reichern HipHop mit anderen Stilrichtungen und Sounds an. Wie Blumentopf bereits auf dem ersten Album rappten: "Wer sich selber nicht bewegt, der bewegt nichts". Die nächsten Alben werden dann tatsächlich anders. Aber die Wortgewandtheit bleibt ihr Markenzeichen. Und das Realness-Game spielen die Töpfe bis heute nicht mit.